Suche
Contact
21.09.2020 | KPMG Law Insights

Verbandssanktionengesetz – Erster Durchgang im Bundesrat

Am 18. September 2020 hat der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft (BR-Drs. 440/20) den ersten Durchgang im Bundesrat passiert. Der große Knall ist ausgeblieben: Der Bundesrat folgte nicht den Anträgen des federführenden Rechtsausschusses und des Wirtschaftsausschusses, den Regierungsentwurf generell abzulehnen. Stattdessen wurde einer Vielzahl von Hilfsanträgen der Ausschüsse zugestimmt, die punktuelle Änderungen empfehlen.

Keine Mehrheit im Bundesrat gab es für diese Änderungsvorschläge:

  • Einführung eines gesetzlich eingeschränkten Verfolgungsermessens statt des strikten Verfolgungszwangs und infolgedessen die Erweiterung des Anwendungsbereichs auch auf Verbände, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist.
  • Bei der Tat einer Leitungsperson soll das Bestehen von angemessenen Compliance-Strukturen tatbestandsausschließend wirken oder zumindest zur Verfahrenseinstellung führen.
  • Der umsatzbezogene Sanktionsrahmen für Verbände mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen EUR soll im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit überprüft und ggf. durch eine weniger einschneidende Regelung ersetzt werden.
  • Anwendbarkeit auf Verbände mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 Abgabenordnung. Damit wären wirtschaftlich tätige Idealvereine, z.B. im Bereich des Profisports und der sozialen Arbeit, erfasst.
  • Die Zahlung einer Geldauflage im Rahmen der Verfahrenseinstellung soll auch zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung möglich sein, nicht nur zugunsten der Staatskasse.
  • Streichung des Erfordernisses der „ununterbrochenen und uneingeschränkten Zusammenarbeit“ im Rahmen verbandsinterner Untersuchungen
  • Streichung der ausschließlichen Zuständigkeit des Schöffengerichts beim Amtsgericht für Verbandssanktionsverfahren

Folgende Änderungen werden empfohlen:

  • Erweiterung der Einstellungsmöglichkeiten, wenn die Verbandsverantwortlichkeit neben dem individuellen Verschulden nicht beträchtlich ins Gewicht fällt (z.B. bei Ein-Mann-GmbHs, substratlosen Verbänden etc.)
  • Kleinere und mittlere Unternehmen („KMU“): Im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens sollte geprüft werden, ob die Verantwortlichkeit und die Sanktionen für KMU verhältnismäßig ausgestaltet sind und inwieweit bestimmte Verbandstaten gänzlich ausgenommen werden sollten
  • Taten von Nichtleitungspersonen sollen dem Verband nur dann zugerechnet werden, wenn Leitungspersonen die erforderlichen Compliance-Maßnahmen vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen haben; das bloße Vorliegen eines objektiven Organisations-Defizits genügt nicht.
  • Die Möglichkeit einer öffentlichen Bekanntmachung der Sanktion soll gestrichen
  • Überarbeitung der Verfahrensvorschriften mit dem Ziel der Beschleunigung des Verfahrens und der Missbrauchsabwehr,B. durch Auslagerung von wesentlichen Verfahrenshandlungen aus der Hauptverhandlung;
  • Kein Aussageverweigerungsrecht der gesetzlichen Vertreter des Verbands
  • Zulässigkeit von Ermittlungsmaßnahmen, die in das Post- und Fernmeldegeheimnis eingreifen
  • Überprüfung, ob die Erweiterung des räumlichen Anwendungsbereichs auf Auslandstaten nicht zu weit geht. Ggf. soll die Sanktionierung von Auslandstaten inländischer Verbände an weitere Kriterien geknüpft werden,B. einen wesentlichen Geschäftsbetrieb oder einen erheblichen Schaden im Inland
  • Wegfall des besonders schweren Falles und Herabsetzung der Vollstreckungs- und der Tilgungsfrist auf einheitlich 10 Jahre
  • Die Haftung des Rechtsnachfolgers soll den Wert des übernommenen Vermögens nicht übersteigen dürfen (wie bei § 30 Abs. 2a S. 2 OWiG).
  • Ein Absehen der Verfolgung bei Insolvenz soll auch bei Insolvenzreife ohne gestellten Insolvenzantrag möglich sein
  • Die Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten des Gesetzes soll von zwei auf drei Jahre verlängert werden.

Statt eines großen Knalls gab es viele inhaltliche Vorschläge, die mit den weiteren Vorschlägen der Verbände im Gesetzgebungsverfahren diskutiert werden müssen. Die Stellungnahme des Bundesrates nebst einer etwaigen Gegenäußerung der Bundesregierung werden zusammen mit dem Regierungsentwurf dem Bundestag zugeleitet. Sie ist weder für den Bundestag noch für den Bundesrat im weiteren Gesetzgebungsverfahren bindend. Sie zeigt allerdings an, wie der Bundesrat im zweiten Durchgang über das Zustimmungsgesetz entscheiden könnte.

 

Explore #more

11.09.2024 | In den Medien

Gastbeitrag zum Thema „Kommunale Wärmeplanung von Recht bis Praxis“

In  der aktuellen Ausgabe 9 der Zeitschrift Innovative Verwaltung diskutieren Florian Gonsior und Jasmin Runge von KPMG Law die rechtlichen Rahmenbedingungen und die praktische Umsetzung…

10.09.2024 | In den Medien

Podcast zum Thema „Scheinselbständige beschäftigen? Der Staat schaut nun viel genauer hin“ mit Stefan Middendorf

Wer sogenanntes Fremdpersonal beschäftigt geht viel mehr Risiken ein, als den meisten bewusst ist. KPMG Law Experte Stefan Middendorf erklärt im Podcast von Mittelstand Reloaded

10.09.2024 | In den Medien

Gastbeitrag in der stores+shops: EU-Verpackungsverordnung auf der Zielgeraden

In der neuen Ausgabe des  Handelsfachmagazins stores+shops  stellen die KPMG Law Experten Simon Meyer und Sandro Köpper die neue EU-Verpackungsverordnung vor. „Die neue EU-Verpackungsverordnung reiht…

09.09.2024 | In den Medien

Statement von Ulrich Keunecke im In-house-Counsel zum Thema Kapitalmarkt-Compliance

Für Private-Equity-Investoren ist der Börsengang die häufige Exitstrategie bei einer Unternehmensbeteiligung. Doch auch Familienbetriebe und Mittelständler können über den Aktienmarkt neues Kapital und Investoren gewinnen.…

06.09.2024 | KPMG Law Insights

Auch kleine integrierte Elektrizitätsversorgungsunternehmen müssen ab dem 1. Januar 2025 ihre Elektromobilitätssparten neu aufstellen

Der Geschäftsbereich der Ladesäuleninfrastruktur befindet sich derzeit regulatorisch im Wandel. Insbesondere für Verteilnetzbetreiber gelten nach § 7c EnWG strenge Entflechtungsvorgaben, von denen jedoch für Verteilnetzbetreiber,…

30.08.2024 | In den Medien

JUVE-Rechtsmarkt: Titelgeschichte zum Thema Legal-Tech mit KPMG Law

Wege und Werkzeuge von Kanzleien bei der Umsetzung ihrer Legal-Tech-Strategie unterscheiden sich teils massiv. Wer sich im Markt besonders hervortut, untersucht die aktuelle Ausgabe des…

27.08.2024 | KPMG Law Insights

Das bedeuten die FAQ der BaFin zur Institutsvergütungsverordnung

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat Fragen und Antworten (FAQ) zur Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) veröffentlicht. Sie ersetzen die bisherige Auslegungshilfe. Die FAQ finden nun unmittelbare Anwendung.…

26.08.2024 | In den Medien

Interview mit Moritz Püstow zum Thema Nachhaltigkeit und Effizienzsteigerung in der Bauindustrie

Wie rüstet sich die Bauindustrie für die Zukunft, die vor großen Herausforderungen steht? Den Schlüssel darin, schneller mehr Automatisierung beim Bauen zu erreichen und nachhaltiges…

22.08.2024 | Pressemitteilungen

Strategische Allianz zwischen KPMG Law und MHP – A Porsche Company

KPMG Law und MHP – A Porsche Company haben eine strategische Allianz vereinbart. MHP ist ein führendes Beratungshaus im Bereich Engineering & Digital Plattform Solutions…

21.08.2024 | In den Medien

Gastbeitrag in der dpn: Erste praktische Erfahrungen mit der Umsetzung von DORA

In Krisenlagen und Zeiten zunehmender Cyberkriminalität ist die digitale Betriebsstabilität für Unternehmen enorm wichtig. Künftig müssen Finanzunternehmen und Drittdienstleister von Informations- und Kommunikationstechnologien in ihren…

Kontakt

Dr. Konstantin von Busekist

Managing Partner
Leiter Global Compliance Practice
KPMG Law EMA Leader

Tersteegenstraße 19-23
40474 Düsseldorf

tel: +49 211 4155597123
kvonbusekist@kpmg-law.com

Philipp Schiml

Partner

Tersteegenstraße 19-23
40474 Düsseldorf

tel: +49 211 4155597150
pschiml@kpmg-law.com

© 2024 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll