Einleitung
Der Gesetzgeber hat sich mit drei Anläufen an das finale Zielbild der IVV 3.0 herangetastet. Während die erste Entwurfsfassung – unter anderem mit der Verpflichtung für alle Institute zur Identifizierung von Risk Takern – eine umfassende(re) Modifizierung der regulatorischen Vorgaben erwarten ließ, hat der Gesetzgeber in der finalen Fassung der IVV 3.0 die regulatorischen Vorgaben überwiegend nur behutsam fortentwickelt. Bei der Anwendung der IVV 3.0 sind die Leitlinien der EBA für eine solide Vergütungspolitik vom 21. Dezember 2015 zu beachten, die seit dem 1. Januar 2017 auf die Vergütungssysteme anwendbar sind.
Zurück auf los: Risk Taker (nur) in bedeutenden Instituten
Weiterhin haben nur bedeutende Institute Risk Taker zu identifizieren. Die Bilanzsumme von 15 Mrd. EUR und die Parameter für die qualitative Identifizierung (§ 17 Abs. 2 IVV) gelten unverändert fort. Die Risk Taker-Analyse ist nach den Kriterien der VO 604/2014 vorzunehmen. Die Praxis hat eine umfassende Dokumentation und Nachvollziehbarkeit der Analyse sicherzustellen, vor allem bei der De-Identifizierung von Mitarbeitern, die angesichts ihrer Vergütung als Risk Taker in Betracht kommen (Art. 4 Abs. 2 VO 604/2014).
Welche Anforderungen enthalten die Clawback-Regelungen für Risk Taker?
Mit dem Clawback sollen Institute von Risk Takern bei negativen Erfolgsbeiträgen auch bereits ausgezahlte variable Vergütungen, auf Basis periodengerechter Zuordnung, zurückfordern. In zwei in der IVV 3.0 (§ 18 Abs. 5 S. 3) bestimmten Fallgruppen soll der Clawback die gesamte variable Vergütung der relevanten Periode umfassen – wobei die gesetzliche Regelung mit unbestimmten Rechtsbegriffen aufwartet (Verhalten des Risk Takers führt zu „erheblichen“ Verlusten bzw. „wesentlichen“ regulatorischen Sanktionen, Verletzung von Regelungen in „schwerwiegendem Maß“). Institute haben diese Unbestimmtheit in ihrer Malussystematik zu konkretisieren. Die Implementierung des Clawbacks ist auch im Übrigen aus arbeitsrechtlicher Sicht herausfordernd – individuelle Vereinbarungen mit einzelnen Risk Takern unterliegen der gesetzlichen AGB-Kontrolle und hier vor allem dem Transparenzgebot, das das Bundesarbeitsgericht in seiner Rechtsprechung zur Reduzierung von Bonuszahlungen restriktiv anwendet. Wird der Clawback in einer Kollektivvereinbarung umgesetzt, sind die gesetzlichen Billigkeitsanforderungen zu beachten. In welchem Umfang die Praxis vom alternativ zum Clawback möglichen Cliff-Vesting Gebrauch machen wird, ist abzuwarten.
Fixe oder variable Vergütung? – Der Perspektivwechsel und seine Folgen u.a. für Abfindungszahlungen
Ab sofort gilt: „Alles was nicht fix ist, ist variabel“. Institute haben nachzuweisen und – anhand der Kriterien des § 2 Abs. 6 IVV – zu dokumentieren, warum der einzelne Vergütungsbestandteil Fixvergütung ist. Gelingt der Nachweis nicht, ist der Vergütungsbestandteil variable Vergütung und unterliegt ihren strengeren Vorgaben, etwa für ihre Obergrenze, die unverändert maximal 200% der Fixvergütung beträgt.
In diesem Zusammenhang sollen Abfindungsleistungen nunmehr generell variable Vergütung sein. Regulatorisch privilegiert werden bestimmte Abfindungsleistungen (u.a. aus einem gerichtlichen Vergleich sowie sonstige Abfindungen bis zu einer Höhe von 200.000,- EUR bzw. max. 200% der letzten Jahresfixvergütung). Unklar ist nach der gesetzlichen Regelung, ob für diese privilegierten Abfindungsleistungen gleichwohl eine Prüfung der Kürzung auf negative Erfolgsbeiträge vorzunehmen ist. Institute haben zukünftig generell ein Rahmenkonzept für Abfindungsleistungen zu dokumentieren.
Vergütungssysteme: Mehr Arbeit und Bedeutung für das Aufsichtsorgan und für die Kontrolleinheiten
Die jährliche Überprüfung der Vergütungssysteme nimmt eine gewichtigere Rolle ein: Bei Feststellungen haben Institute verpflichtend einen Maßnahmenplan zu erstellen und die Behebung der Feststellungen zu dokumentieren. In diesem Zusammenhang wird auch die Arbeit und Rolle des Aufsichtsorgans, sowie in bedeutenden Instituten des Vergütungsbeauftragten, weiter an Bedeutung zunehmen.
Welches finale Zielbild enthält die IVV 3.0 zur Offenlegung?
Die IVV 3.0 sieht eine vierteilige Regelung vor: (1) Bedeutende Institute haben die Anforderungen der Art. 450 VO 575/2013 und § 16 Abs. 1 IVV 3.0 zu beachten; (2) nicht bedeutende Institute mit einer Bilanzsumme von mehr als 3 Mrd. EUR haben eine Offenlegung nach Maßgabe des Art. 450 VO 575/2013 für die einzelnen Mitarbeitergruppen vorzunehmen, (3) nicht bedeutende Institute mit einer Bilanzsumme von maximal 3 Mrd. EUR haben allgemeine Angaben zum Verhältnis zwischen fixer Vergütung und variabler Vergütung sowie zu den einzelnen quantitativen Daten gem. Art. 450 Abs. 1 lit. h) VO 575/2013 zu veröffentlichen, und (4) nicht bedeutende Institute, die kein CRR-Institut sind, unterliegen keiner Offenlegungspflicht.
Welche Anforderungen bestehen für gruppenweite Vergütungssysteme?
Bedeutende Institute als übergeordnete Unternehmen haben die Anforderungen an die Vergütungssysteme von Risk Takern für alle Gruppen-Risk Taker anzuwenden; zugleich können sie die Funktion des Vergütungsbeauftragten gruppenweit zentralisieren. Unverändert ist eine gruppenweite Vergütungsstrategie zu implementieren, von der nachgeordnete Kapitalverwaltungsgesellschaften allerdings ausgenommen werden können. Übergeordneten Unternehmen haben im Übrigen, soweit geboten, auf die Einrichtung eines Vergütungskontrollausschusses in nachgeordneten Unternehmen hinzuwirken.
Welche sonstigen wesentlichen Änderungen enthält der überarbeitete Entwurf gegenüber dem Erstentwurf?
Erwähnenswert sind:
Ausblick:
Die IVV 3.0 ist am 4. August 2017 in Kraft getreten. Die Auslegungshilfe der BaFin soll noch im Jahr 2017 veröffentlicht werden. Wir werden die weiteren regulatorischen Entwicklungen umfassend begleiten und halten Sie über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden. Sprechen Sie uns hierzu gerne an!
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