Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) arbeitet an einem Vergabetransformationspaket und hat eine öffentliche Konsultation durchgeführt. Das sind die Eckpunkte und Highlights der Diskussion.
„Mehr Fortschritt wagen“ – Diese Losung hat der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Der Fortschrittsgedanke soll sich nach dem Ansinnen der Regierungsparteien auch in der öffentlichen Beschaffung wiederfinden. Das BMWK hat aus diesem Grund eine öffentliche Konsultation durchgeführt.
Das BMWK beschreibt das Ziel des Vergabetransformationspakets wie folgt: „Das Ziel soll sein, öffentliche Vergabeverfahren zu vereinfachen, zu professionalisieren, zu digitalisieren und zu beschleunigen. Die öffentliche Beschaffung und Vergabe soll wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ ausgerichtet und die Verbindlichkeit gestärkt werden, ohne dabei die Rechtssicherheit von Vergabeentscheidungen zu gefährden oder die Zugangshürden für den Mittelstand zu erhöhen.“
Im Rahmen der öffentlichen Konsultation waren Organisationen, Unternehmen und Verbände, sowohl auf Auftragnehmer- als auch Auftraggeberseite, sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern dazu aufgerufen, ihre Einschätzungen und Ideen zur Vergabetransformation in fünf Aktionsfeldern einzubringen:
Bis Juni 2023 gingen insgesamt 444 Stellungnahmen beim BMWK ein.
Den schriftlichen Stellungnahmen folgte ein Eröffnungsplenum mit Staatssekretär Sven Giegold und einer ersten Zusammenfassung. Im Anschluss fanden Gespräche mit verschiedenen Stakeholdern zu den fünf Aktionsfeldern statt. Neben den Präsentationen der Ergebnisse und der Auswertung der schriftlichen Stellungnahmen hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Anregungen preiszugeben und in den Austausch zu treten.
Auch KPMG Law hat die Möglichkeit genutzt, Stellung zu nehmen und sich an den Gesprächsrunden zu beteiligen.
Hier eine Zusammenfassung der Highlights der Gesprächsrunden.
Die Erkenntnisse und Ergebnisse aus der Auswertung der schriftlichen Stellungnahmen sind konsolidiert auf der Internetseite des BMWK einsehbar.
Nachfolgend die aus unserer Sicht prägnantesten Feststellungen als Leitsätze:
In den Gesprächsrunden diskutierte die Vertretung aus Politik und Wirtschaft kontrovers mit Behördenvertreterinnen und -vertretern sowie Interessenverbänden. Diese zehn Impulse aus den Gesprächsrunden stießen entweder auf große Zustimmung oder führten zu Zwiegesprächen:
Impuls #1: Wertgrenzen vereinheitlichen und erhöhen
Wertgrenzen für formelle Ausschreibungen sollten bundesweit vereinheitlicht werden, um Vergabestellen bundesweit gleiche Gestaltungsmöglichkeiten einzuräumen. Außerdem solle die Wertgrenze für den Direktkauf erhöht werden.
Impuls #2: Einheitliches Vergabegesetz
Ein Vergabegesetz für alle Leistungen.
Impuls #3: Einheitliche Begrifflichkeiten
Die Diskussion ergab, dass der gemeinsame Nenner beim Thema „Vereinheitlichung“ zumindest darin besteht, die Begrifflichkeiten zwischen Ober- und Unterschwelle und den sektorspezifischen Regelwerken anzugleichen.
Impuls #4: Vergabeplattformen vereinheitlichen
Funktion und Unterlagen der unterschiedlichen Vergabeplattformen sollten vereinheitlicht werden.
Impuls #5: Verbindliche Einführung der virtuellen Verhandlung in Nachprüfungsverfahren
Beschleunigung durch virtuelle oder hybride mündliche Verhandlung in Nachprüfungsverfahren.
Impuls #6: Verpflichtende Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien
Es sollten Nachhaltigkeitskriterien verpflichtend angewandt werden, entweder bei den Eignungsanforderungen, den Zuschlagskriterien oder in der Leistungsbeschreibung.
Impuls #7: Nachhaltigkeit führt zu Mehrkosten und Überforderung
Strenge Regulierung im Bereich der Nachhaltigkeit würde zu Mehrkosten führen und öffentliche Auftraggeber überfordern. Die Umsetzung der Nachhaltigkeitskriterien müsste von Auftraggeberseite aufwendig überprüft werden.
Impuls #8: Vereinfachte Anwendung von funktionalen Leistungsbeschreibungen
Kommunikative Ausschreibungsform wird von Marktteilnehmern insbesondere zur Beschaffung innovativer Leistungen gefordert.
Impuls #9: Formalismus abbauen
Zu viele und zu umfangreiche Formulare und Anforderungen zwischen den öffentlichen Auftraggebern.
Impuls #10: Flexible Losbildung
Losaufteilung zur Beteiligung von Start-ups wichtig, aber auch Losbündelung für komplexe Beschaffungen.
Nach den fruchtbaren Gesprächen bleibt nun abzuwarten, wie und ob die in der öffentlichen Konsultation entwickelten Erkenntnisse und Impulse in den Referentenentwurf einfließen. In jedem Fall wird die Transformation des Vergaberechts die öffentliche Beschaffung deutlich verändern.
Partner
Standortleiter Berlin
Fachanwalt für Vergaberecht
Fachanwalt für Informationstechnologierecht
Heidestraße 58
10557 Berlin
tel: +49 30 530199129
henrikbaumann@kpmg-law.com
© 2024 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.
KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.