Mit dem gestern vom Bundestag beschlossenen JStG 2020 wird die strafrechtliche Verjährungsfrist bei der besonders schweren Steuerhinterziehung von 10 Jahren auf 15 Jahre erhöht.
Hintergrund
Wie bereits bei der Verlängerung der Verfolgungsverjährung der besonders schweren Steuerhinterziehung von 5 auf 10 Jahre im Jahr 2008 im Zusammenhang mit dem Ankauf von Datenträgern aus Liechtenstein hat der Gesetzgeber auch diesmal anlässlich der Aufarbeitung konkreter Fälle der Steuerinterziehung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Fällen eine generelle Ausweitung der Verjährungsvorschriften beschlossen. Die Verlängerung der Verjährungsfrist begründet der Gesetzgeber mit den Schwierigkeiten, hochkomplexe und oftmals internationale Fälle der besonders schweren Hinterziehung aufzuklären. Dabei weicht schon die bisherige zehnjährige Verjährungsfrist von dem allgemeinen Strafrecht ab, das ausgehend von dem Strafmaß der Steuerhinterziehung eine Verjährungsfrist von 5 Jahren vorsehen würde.
Es handelt sich bereits um die zweite Verschärfung der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung in diesem Jahr. Im Sommer 2020 wurde durch das zweite Corona-Steuerhilfe-Gesetz bereits die absolute – d.h. von Unterbrechungen unabhängige – Verjährung der besonders schweren Steuerhinterziehung verlängert.
Welche Taten sind betroffen?
Die fünfzehnjährige Verjährungsfrist findet auf alle benannten Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Nr. 1-6 AO) Anwendung. Praktisch häufigster Fall ist die Verkürzung von Steuern „in großem Ausmaß“. Ein großes Ausmaß liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 EUR vor. Gerade im unternehmerischen Bereich sind solche Beträge, z.B. bei der (bedingt) vorsätzlichen Hinterziehung von Ertragsteuer, Umsatzsteuer oder Lohnsteuer, schnell erreicht.
Die Regelung ist rückwirkend auf alle zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch nicht verjährten Taten anzuwenden. Nach der Verhandlung im Bundesrat soll das Gesetz noch im Dezember verkündet werden.
Auswirkungen auf die Strafverfolgung
Die Verlängerung der Verjährungsfrist führt zunächst dazu, dass Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung erst nach Ablauf von 15 Jahren nach Beendigung der Tat verjähren. Die absolute Verjährungsfrist, also die Frist, wann eine Tat unabhängig von eventuellen Unterbrechungen, z.B. durch Ermittlungsmaßnamen, spätestens verjährt, beträgt sogar 37,5 Jahre.
Auswirkungen auf Selbstanzeige
Die neue Verjährungsfrist ist auch bei der Aufarbeitung von steuerlichen Verfehlungen aus der Vergangenheit durch eine strafbefreiende Selbstanzeige in den Blick zu nehmen. Eine wirksame Selbstanzeige setzt Angaben zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre voraus. Damit müssen Fälle einer besonders schweren Hinterziehung ausgehend von einer fünfzehnjährigen, statt bisher einer zehnjährigen Verjährung offengelegt werden. Die Wirksamkeit bereits abgegebener Selbstanzeigen dürfte von der Gesetzesänderung nicht tangiert sein. Insofern dürfen Steuerpflichtige zulässigerweise darauf vertrauen, dass durch eine im Einklang mit der Gesetzeslage abgegebene Selbstanzeige Rechtsfrieden hergestellt ist.
Auswirkungen auf die steuerliche Festsetzungsverjährung
Die Verlängerung der Verfolgungsverjährung kann auch auf die steuerliche Festsetzungsverjährung durchschlagen. Im Fall einer Steuerhinterziehung läuft die steuerliche Festsetzungsfrist nicht ab, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat nicht verjährt ist (sog. Ablaufhemmung, § 171 Abs. 7 AO). Bei einer besonders schweren Steuerhinterziehung läuft die Festsetzungsverjährung damit grundsätzlich nicht vor Ablauf von 15 Jahren nach der Beendigung der Tat ab.
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