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07.02.2017 | KPMG Law Insights

Alternative Investments Legal – Sind Immobilienfonds Schattenbanken? – wann die Schattenbankenregularien der EBA-Leitlinie greifen

Sind Immobilienfonds Schattenbanken? – wann die Schattenbankenregularien der EBA-Leitlinie greifen

Aufgrund des möglichen Störpotenziales von Schattenbanken auf die internationalen Finanzmärkte sind nach der EBA-Leitlinie bei Investitionen in als Schattenbanken qualifizierenden Vehikel besondere Anforderungen zu berücksichtigen. Verstärktes Augenmerk ist dabei auf Investmentfonds und Verbriefungsvehikel gerichtet.

EBA-Leitlinie

Die Finanzkrise wird nicht zuletzt aus einem Schattenbankensystem hergeleitet. Allein für Deutschland registrierte der wissenschaftliche Dienst des Bundestages Anfang 2016 in einem Bericht über das Schattenbankensystem in Deutschland eine Zunahme des Volumens zwischen Anfang 1999 und dem zweiten Quartal 2015 von nominal mehr als dem Dreifachen auf rund 2,6 Billionen Euro. Dies wird sowohl auf gestiegene Aktivitäten der Schattenbanken zurückgeführt als auch auf einen Rückgang der Vermögenswerte im Bankensektor (Deleveraging).

Im Dezember 2015 hat die European Banking Authority (EBA) ihre Leitlinie zur Begrenzung von Exposures an Schattenbanken veröffentlicht, die durch ein entsprechendes Rundschreiben des Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) seit dem 1. Januar 2017 gilt.

Schattenbanken sind danach Akteure und Aktivitäten auf den Finanzmärkten, die bankähnliche Funktionen insbesondere im Kreditvergabeprozess wahrnehmen, die aber keine Banken sind und nicht der Regulierung für Kreditinstitute unterliegen. Wesentlicher Fokus wird dabei auf Verbriefungsvehikel und Alternative Investmentfonds (AIF) gelegt.

Eine Herausforderung dürfte in der praktischen Umsetzung der Definition von Schattenbanken liegen. Die EBA stellt keinen abschließenden Katalog der relevanten Unternehmen oder Rechtsformen zur Verfügung, sondern sieht eine zweistufige Ermittlung von Schattenbanken vor.

Auf der ersten Stufe werden bestimmte Bankaktivitäten (u.a. Einlage- und Kreditgeschäft, Bürgschaften) genannt. Auf der zweiten Stufe werden bestimmte Ausnahmen aufgezählt, die nicht unter die Schattenbankdefinition fallen, so dass alle übrigen Unternehmen, die eine der in dem vorgegeben Handlungskatalog genannten Aktivitäten verfolgen, als Schattenbank qualifizieren. Dies gilt etwa für alle Zweckgesellschaften, die nicht in die bankaufsichtsrechtliche Überwachung auf konsolidierter Ebene einbezogen sind sowie für Alternative Investmentfonds (AIF) in der Form von Debt Funds sowie wenn sie in beträchtlichem Maße Leverage aufnehmen oder Darlehen erwerben oder ausreichen können. European Long Term Investment Funds (ELTIF) und European Venture Capital Funds (EuVeCa) etwa sind ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich ausgenommen, da diesen Vehikeln aufgrund der entsprechenden EU-Regulierungen nicht die schattenbankspezifischen Risiken innewohnen.

Diese Definition ist sehr weitreichend und schießt über das Ziel hinaus. In der Leitlinie ist bezüglich der Anwendbarkeit etwa auf Immobilien-, Infrastruktur- und Private Equity-AIF insoweit ein wichtiger Schritt getan, da diese typischerweise nicht im Sinne der Leitlinie „beträchtlichen“ Leverage aufnehmen und damit zunächst nicht als Schattenbank gelten.

Interne Finanzierungsstrukturen von AIF

Sofern ein AIF aber Gesellschafterdarlehen an nachgeordnete Zweckgesellschaften innerhalb seiner Investitionsstruktur ausreicht, wäre auch ein solcher AIF nach dem Wortlaut der EBA-Leitlinie eine Schattenbank, da er eben Darlehen ausreicht. Diese Betrachtungsweise würde indes dem Ziel der EBA-Leitlinie nicht folgen. Diese ist ausschließlich darauf ausgerichtet, systemische Finanzmarktrisiken zu kontrollieren. Daraus, dass eine fondsinterne Finanzierung nicht über Eigenkapital, sondern über (eigenkapitalähnliche) Gesellschafterdarlehen gestaltet wird, lassen sich dergestalte Finanzmarkt- oder sonstige Risiken indes nicht herleiten, so dass Gesellschafterdarlehensstrukturen außerhalb der Betrachtung bleiben sollten. Die BaFin hat sich zu diesem Punkt nicht geäußert.

Aber auch im Hinblick auf Verbriefungsvehikel sollte eine einschränkende Auslegung erwogen werden. Der europäische Gesetzgeber hat insoweit in der CRR die EBA aufgefordert, eine etwaige Betroffenheit der Realwirtschaft zu berücksichtigen: „In developing those guidelines, EBA shall consider whether the introduction of additional limits would have a material detrimental impact on the risk profile of institutions established in the Union, on the provision of credit to the real economy or on the stability and orderly functioning of financial markets.“

Dies ist auch im Zusammenhang mit den jüngsten EU-Bemühungen einer Kapitalmarktunion zu sehen, die unter anderem das Ziel verfolgt, bei Anlegern angehäufte Liquidität wieder dem Markt zuzuführen.

Berücksichtigung bei Investitionen in Schattenbankvehikel

Die EBA-Leitlinie enthält keine direkten Vorgaben für Schattenbanken. Vielmehr soll der regulierte Finanzsektor durch die Schaffung von internen Management- und Überwachungsprozessen sowie die Einführung von spezifischen Obergrenzen gegenüber Schattenbanken in seinen Aktivitäten mit dem Schattenbanksektor eingeschränkt werden. Angesprochen ist insoweit also die Investorenseite.

Anforderungen an interne Prozesse und das Management

Die Leitlinie fordert eine intensive Befassung der Institute mit der Identifizierung, Steuerung und Überwachung von Engagements gegenüber Schattenbanken. Dazu werden insbesondere qualitative Anforderungen an die internen Prozesse und erforderlichen Kontrollmechanismen gestellt. Das Management muss aktiv eingebunden sein.

Bestimmung von Limiten

Nach dem Principal Approach sollen Institute neben einem Gesamtlimit gegenüber sämtlichen Schattenbanken auch individuelle Einzellimite festlegen. Ausgewählte Informationen zur einzelnen Schattenbank sollen die Höhe des jeweiligen Einzellimits bestimmen, darunter Beaufsichtigungsgrad der Schattenbank, Finanzinformationen, Finanzsituation, Portfolio, Anfälligkeit bzgl. Asset Price- und Kreditvolatilität. Das Festlegen der Einzellimite verlangt von den beteiligten Schattenbanken und Instituten einen entsprechend hohen Transparenzlevel.

Sollte der Principal Approach nicht auf alle Forderungen anwendbar sein, etwa weil die im Principal Approach geforderten Informationen nicht vorliegen, sieht die Leitlinie mit dem Fallback Approach eine Auffangmöglichkeit vor. Sofern die grundsätzlichen Anforderungen an die internen Prozesse erfüllt werden, sind alle intransparenten Schattenbank-Exposures einem fiktiven Sammel-Kreditnehmer mit einem bestimmten Gesamtlimit der anrechenbaren Eigenmittel zuzuordnen. Da sich der Fallback Approach gegenüber dem Principal Approach nachteilig auf die möglichen Gesamtinvestments in Schattenbankenexposures auswirken kann, wird Druck auf die Schattenbanken ausgeübt, transparenter zu werden.

Konsequenz

Bei Beteiligungen an Investments, die als Schattenbanken qualifizieren könnten, gilt es, die EBA-Leitlinien und ihre organisatorischen Anforderungen insbesondere in ihrer Auslegung des Anwendungsbereiches mit sorgfältiger Behutsamkeit und unter Berücksichtigung bereits bestehender Regularien zu leben und die entsprechenden Investitionen hierauf zu prüfen. Die EBA-Leitlinie sollte auf diejenigen Vehikel fokussiert werden, die die von ihr zu Recht angemerkten Risiken beinhalten. Qualifiziert eine Investition als Schattenbank, sind die entsprechenden organisatorischen Anforderungen an das Halten an einer solchen Beteiligung zu berücksichtigen. Das Schattenbankvehikel muss die daraus resultierenden Reportinganforderungen erfüllen.

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