Lange Zeit kritisiert, jetzt für verfassungswidrig erklärt: Mit am 18. August 2021 veröffentlichtem Beschluss erklärt das Bundesverfassungsgericht die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % ab dem Jahr 2014 für verfassungswidrig.
Dem Steuerzahler war die Höhe der Zinsen, die das Finanzamt für Steuernachforderungen ansetzt, bereits seit längerer Zeit nicht mehr vermittelbar.
Mit am 18. August 2021 veröffentlichtem Beschluss bestätigt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) grundsätzlich dieses Rechtsempfinden und erklärt die Verzinsung von Steuernachforderungen mit 6 % pro Jahr für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 für verfassungswidrig.
Um das Ziel der Vollverzinsung zu erreichen, nämlich einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden, sei eine Verzinsung mit einem Zinssatz von 0,5 % pro Monat nach Ansicht des BVerfG seit dem Jahr 2014 nicht mehr gerechtfertigt. Sehr deutlich stellt das BVerfG diesbezüglich klar, dass der Zinssatz von 6 % pro Jahr spätestens seit dem Jahr 2014 evident realitätsfern sei. Für Verzinsungszeiträume vor 2014 entsprach dieser Zinssatz nach dem Beschluss allerdings in etwa den insoweit maßstabsrelevanten Verhältnissen am Geld- und Kapitalmarkt und sei damit für diese Zeiträume nicht verfassungswidrig.
Die Unvereinbarkeit der Verzinsung nach § 233a AO mit dem Grundgesetz umfasst neben den Steuernachforderungen auch die Erstattungszinsen zugunsten der Steuerpflichtigen.
Für die von dieser Entscheidung betroffenen Steuerpflichtigen ist allerdings zu beachten, dass das BVerfG daneben auch erklärt hat, dass das bisherige Recht für Verzinsungszeiträume vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2018 weiter anwendbar bleibt. Erst für in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume sind die Vorschriften unanwendbar.
Der Gesetzgeber ist nunmehr verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine Neuregelung zu treffen, die sich rückwirkend auf alle Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019 erstreckt und alle noch nicht bestandskräftigen Hoheitsakte erfasst.
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