Am 01.08.2023 sind mit der Mantelverordnung zur Verwertung mineralischer Abfälle eine Reihe von Gesetzen in Kraft getreten beziehungsweise geändert worden: die Verordnungen zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponie- und Gewerbeabfallverordnung.
Mit der Ersatzbaustoffverordnung (ErsatzbaustoffV) werden zum ersten Mal bundeseinheitlich und rechtsverbindlich Anforderungen an die Herstellung und den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe festgelegt. Mineralische Ersatzbaustoffe nach der Verordnung sind unter anderem Recycling-Baustoffe aus Bau- und Abbruchabfällen, industrielle Nebenprodukte wie Schlacken aus der Metallerzeugung und Aschen aus thermischen Prozessen. Die Herstellung erfolgt durch Anlagen, in denen die mineralischen Stoffe behandelt, insbesondere sortiert, getrennt, zerkleinert, gesiebt, gereinigt oder abgekühlt werden.
Die Mantelverordnung löst bisher bestehende Regelwerke wie die LAGA M 20 ab. Sie gibt für die jeweiligen Ersatzbaustoffe und deren einzelne Klassen Grenzwerte in Bezug auf bestimmte Schadstoffe vor. Je nach Grenzwert schreibt die Verordnung bestimmte Einbauweisen vor, die sich auch an den örtlichen Gegebenheiten orientieren. Damit soll der Eintrag von Schadstoffen durch Sickerwasser in den Boden und das Grundwasser begrenzt und Verunreinigungen ausgeschlossen werden.
Mineralische Abfälle verursachen pro Jahr etwa 240 Millionen Tonnen Müll. Der Bundesregierung ist es daher wichtig, dass diese weiterverwertet werden. Eine Möglichkeit dazu ist Recycling. Eine anderer Verwertungsweg ist die Verfüllung von Tagebauten und Abgrabungen. Dabei ist allerdings wichtig, dass auch der Schutz des Bodens gewährleistet ist. Die neue Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) definiert die Anforderungen für diese Art der Verwertung.
Neu ist, dass neben dem Einbringen von Stoffen in den Boden auch physikalische Einwirkungen geregelt sind. Denn beispielsweise werden Böden bei Baumaßnahmen im Umfeld des eigentlichen Baukörpers in mechanischer Hinsicht beeinflusst und können schädliche Bodenveränderungen hervorrufen. Neben dem physikalischen Bodenschutz finden sich in der Verordnung neue Regelungen zur bodenkundlichen Baubegleitung und Gefahrenabwehr von schädlichen Bodenveränderungen auf Grund von Bodenerosion durch Wind. Die Methoden zur Bestimmung von Schadstoffgehalten wurden zudem aktualisiert.
Von der Ersatzbaustoffverordnung betroffen sind insbesondere Hersteller und Nutzer mineralischer Ersatzbaustoffe. Dazu zählen unter anderem stationäre und mobile Aufbereitungsanlagen für Recycling-Baustoffe, metallerzeugende Industriebetriebe und Abfallverbrennungsanlagen. Auch für den Straßen- und Schienenverkehrswegebau ist die Verordnung relevant.
Die Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung hingegen wirkt sich insbesondere auf Bauherren und Bauunternehmen aus, vor allem bei größeren Bauvorhaben. Auch für Unternehmen, die mit der Verfüllung von Abgrabungen oder Tagebauten befasst sind, ändern sich die Regeln.
Mit dem Vollzug der Mantelverordnung insgesamt werden insbesondere die Bau- und Umweltbehörden der Länder befasst sei.
Hersteller von Ersatzbaustoffen brauchen nach der Ersatzbaustoffverordnung einen Eignungsnachweis. Ansonsten dürfen Betreiber von Aufbereitungsanlagen keine mineralischen Ersatzbaustoffe zum Einbau in technische Bauwerke in Verkehr bringen. Der Eignungsnachweis besteht aus einer Erstprüfung, in der das Material bewertet und klassifiziert wird. Außerdem bedarf es einer Betriebsbeurteilung der Anlage und einer produktionseigenen Überwachung sowie eines externen Prüfzeugnisses über die Einhaltung dieser Vorgaben. Der Eignungsnachweis muss bis zum 01.12.2023 bei der zuständigen Behörde eingereicht werden. Betreiber von Aufbereitungsanlagen sollten schnell nach einer geeigneten Überwachungsstelle suchen. Denn es ist mit begrenzten Kapazitäten zu rechnen.
Auch wenn der Eignungsnachweis erst zum 01.12.2023 nötig ist, müssen mineralische Ersatzbaustoffe bereits seit dem 01.08.2023 den Qualitätsanforderungen der Ersatzbaustoffverordnung entsprechen und bewertet und klassifiziert sein. Für den Zeitraum bis zum 30.11.2023 ist deshalb folgendes zu beachten: Da schon ab Inkrafttreten der Verordnung Verwender nur noch mineralische Ersatzbaustoffe in technischen Bauwerken einbauen dürfen, die bewertet und klassifiziert wurden, ist bereits ab dem 01.08.2023 mindestens die Fremdüberwachung und werkseigene Produktionskontrolle durchzuführen.
Die Ersatzbaustoffverordnung gilt auch für Baumaßnahmen, die schon vor dem 01.08.2023 begonnen haben. Das heißt, ab dem 01.08.2023 ist bei laufenden Baumaßnahmen die Einhaltung der geforderten Materialqualität zu überprüfen. Die Verwendung von Stoffen oder Materialklassen sowie von Einbauweisen, die nicht in der Ersatzbaustoffverordnung geregelt sind, bedürfen seit dem 01.08.2023 der Zulassung durch die zuständige Behörde nach § 21 Abs. 2 bzw. 3 ErsatzbaustoffV. Dies gilt auch für Stoffe oder Materialklassen sowie Einbauweisen, die in landesrechtlichen Regelungen definiert waren bzw. definiert sind.
Eine nicht ordnungsgemäß durchgeführte Annahmekontrolle durch den Anlagenbetreiber kann mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro geahndet werden. Wird beispielsweise gegen das Verbot, Ersatzbaustoffe erst nach erteiltem Prüfzeugnis in Verkehr zu bringen, verstoßen oder werden die Baustoffe nicht klassifiziert oder wird keine werkseigene Produktionsüberwachung gewährleistet, droht wiederum ein Ordnungswidrigkeitenverfahren mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 100.000 Euro.
Da die Mantelverordnung für den größten Teil der mineralischen Abfälle gilt, sind die Regelungen für viele Unternehmen und Auftraggeber relevant. Ob das Ziel der Verordnung, die höhere Akzeptanz von Ersatzbaustoffen, erreicht wird, wird man sehen. Eine Abfallende-Verordnung ist bereits in Planung. Diese könnte weitergehende Anforderungen an das Ende der Abfalleigenschaft von mineralischen Bau- und Abbruchabfällen schaffen.
Betroffenen Unternehmen und Auftraggebern ist dringend zu raten, sich frühzeitig mit den neuen Regelungen zu befassen und auch die aktuellen weiteren Entwicklungen in diesem Bereich intensiv zu verfolgen.
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