Städte und Gemeinden stehen derzeit vor der großen Herausforderung, die Vorgaben der kommunalen Wärmeplanung innerhalb der ambitionierten Fristen umzusetzen. Das Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz – WPG) ist seit dem 1. Januar 2024 in Kraft und ein Teil der Kommunen hat mit der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben bereits begonnen.
Zur Wärmeplanung verpflichtet sind genaugenommen eigentlich die Länder. In den meisten Fällen werden sie die Pflicht zur Aufstellung von Wärmeplänen nach § 33 WPG allerdings an die Kommunen übertragen. Denn die Kommunen haben den besten Überblick über die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort und können unmittelbaren Einfluss auf die strategische Ausrichtung der zu definierenden Zielszenarien nehmen.
Übergeordnetes Ziel des WPG ist es, den Rahmen für eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2045 zu definieren.
Die Länder sind verpflichtet, sicherzustellen, dass bis Ende Juni 2026 für alle Gemeindegebiete mit mehr als 100.000 Einwohner:innen und bis Ende Juni 2028 für alle übrigen Gemeindegebiete Wärmepläne erstellt werden. Bei weniger als 10.000 Einwohner:innen kann ein vereinfachtes Verfahren zugelassen werden. Die Länder können zudem vorsehen, dass für mehrere Gemeindegebiete eine gemeinsame Wärmeplanung erfolgen kann. Diese kurzen Umsetzungsfristen zielen darauf ab, Gebäudeeigentümer:innen und Energieversorgern Investitionssicherheit zu bieten, auf welche Art zukünftig die Wärmeversorgung der Gebäude erfolgen kann. Der Wärmeplan soll idealerweise für jede Straße eines Gemeindegebietes ausweisen, ob die dort belegenen Gebäude an ein – ggf. noch zu errichtendes – Fern- oder Nahwärmenetz angeschlossen werden können oder ob die Gebäudeeigentümer:innen selbst in regenerative Wärmeerzeugungsmethoden wie etwa eine Wärmepumpe, Solarthermie oder Geothermie investieren müssen.
Die Wärmplanung betrifft das gesamte Gemeindegebiet und soll für sämtliche Hausanschlüsse Gewissheit über die zukünftigen Möglichkeiten der Wärmeversorgung bieten. Dabei werden alle Arten von Gebäuden in den Blick genommen: private Wohngebäude, kommunale Liegenschaften und gewerblich genutzte Gebäude. Ein wesentliches Ziel des WPG ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Städten und Gemeinden, Energieversorgern, Bürgerinnen und Bürgern. Die so gefundenen Lösungen sollen zu einer Wärmeversorgung beitragen, die kosteneffizient und sparsam sowie gleichzeitig nachhaltig und treibhausgasneutral ist.
Zunächst muss die planungsverantwortliche Stelle einen Beschluss über die Aufstellung eines Wärmeplans fassen. Im Rahmen der Eignungsprüfung nach § 14 WPG ist sodann zu prüfen, ob ein Gebiet für eine Versorgung durch ein Wärmenetz oder ein Wasserstoffnetz geeignet ist. Die Wärmeplanung erfolgt dann in mehreren Schritten:
Gemäß § 7 Abs. 1 WPG beteiligt die planungsverantwortliche Stelle im Rahmen der Wärmeplanung die Öffentlichkeit sowie alle Behörden und Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Wärmeplanung berührt werden. In Ergänzung sieht § 7 Abs. 2 WPG die zwingende Beteiligung bestehender oder potenzieller Betreiber von Energieversorgungs- und Wärmenetzen innerhalb des beplanten Gebiets vor. Ist die betroffene Kommune nicht selbst die planungsverantwortliche Stelle, muss sie natürlich ebenfalls beteiligt werden. Darüber hinaus kann sie gemäß § 7 Abs. 3 WPG eine Reihe weiterer Stakeholder, wie zum Beispiel Großverbraucher von Wärme und Gas oder die an das beplante Gebiet angrenzenden Gemeinden oder Gemeindeverbände, in den Planungsprozess mit einbeziehen.
Wichtig zu wissen ist: Die Wärmeplanung nach dem WPG ist eine strategische Fachplanung, deren Ergebnisse keine einklagbaren Rechte und Pflichten begründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 20, § 23 Abs. 4 WPG). Dennoch geht von ihr in Zukunft eine entscheidende Wirkung aus, da sie die fachliche Grundlage für spätere verbindliche Planungen der Kommunen darstellt. Dadurch wird sie die strategische Ausrichtung zukünftiger Wärmeversorgungsprojekte erheblich beeinflussen und maßgeblich zur Steigerung der Energieeffizienz beitragen.
Rechtsverbindlich werden die Ergebnisse der Wärmeplanung, wenn sie in die kommunale Bauleitplanung übertragen werden. In Flächennutzungsplänen lassen sich unter anderem Anlagen, Einrichtungen und sonstige Maßnahmen zur CO2-Reduktion darstellen. Die Darstellungen in Flächennutzungsplänen begründen zwar grundsätzlich selbst noch keine Rechte und Pflichten, dienen aber als Grundlage für rechtsverbindliche Festsetzungen im Rahmen von Bebauungsplänen (§ 8 Abs. 2 S. 1 BauGB). Diese bieten wiederum vielfältige Möglichkeiten zur städtebaulichen Umsetzung der Ergebnisse der Wärmeplanung. So können insbesondere nach § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB Versorgungsflächen festgesetzt werden. Darunter fallen Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 13 BauGB kann der konkrete Verlauf von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen festgelegt werden. Alternativ zur kommunalen Angebotsplanung kommt auch ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 BauGB in Betracht, wenn für eine Maßnahme bereits ein konkreter Vorhabenträger feststeht. Dieser Weg bietet den Vorteil, dass die Gemeinde gemäß § 12 Abs. 3 S. 2 BauGB nicht an den Festsetzungskatalog des § 9 BauGB gebunden ist.
Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Das kann zum Beispiel dann eine Rolle spielen, wenn die Erschließung großer industrieller Wärmequellen aus Prozessabwärme vorgesehen ist. Dafür erforderliche Fernwärmetrassen, die sich regelmäßig über das Gebiet mehrerer Kommunen erstrecken, sollten auch von der Regionalplanung berücksichtigt werden. Insoweit besteht ein Wechselspiel zwischen Kommunen und regionalen Planungsverbänden.
Wesentlich für ein Gelingen der Wärmewende vor Ort ist nicht nur die Umsetzung der Wärmeplanung im Wege des Städtebaurechts, sondern auch die Berücksichtigung der energiewirtschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen. Vor allem die Errichtung von neuen Wärmenetzen sowie die Erweiterung bestehender Wärmeinfrastruktur sind nicht nur kapitalintensiv, sondern verlangen auch ein erhebliches energiewirtschaftliches wie energierechtliches Knowhow. Aus diesem Grund sollten die planungsverantwortlichen Stellen bereits bei der Analyse der Potenziale berücksichtigen, wie die Umsetzung der Wärmepläne für die Kommune ein Gewinn werden kann. In Betracht kommt nicht nur eine Umsetzung durch die Kommune selbst, sondern auch eine Kooperation mit einem Energieversorgungsunternehmen. Darüber hinaus ist auch die Vergabe von Wegerechten für die Errichtung der Wärmeinfrastruktur denkbar.
Die kommunale Wärmeplanung ist ressourcenintensiv und kann für die Kommunen eine erhebliche Herausforderung darstellen. Glücklicherweise müssen sie diese Belastung nicht allein schultern, sondern können auf verschiedene Fördermittel und Beratungsangebote zurückgreifen. Das Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende (KWW) unterstützt Kommunen mit Informationen und Angeboten. Eine hilfreiche Orientierung können auch die online frei verfügbaren Planungen von Städten bieten, die bereits einen Wärmeplan erstellt haben.
Von großer Bedeutung ist die Förderung der Wärmeplanung im Rahmen der Kommunalrichtlinie (KRL) der Nationalen Klimaschutzinitiative der Bundesregierung. Förderberechtigte Kommunen können aktuell 60 Prozent der förderfähigen Gesamtausgaben ersetzt bekommen. Für finanzschwache Kommunen sind es sogar bis zu 80 Prozent. Der Bund unterstützt die Planungen bis 2028 mit einer Gesamtfördersumme von 500 Millionen Euro. Förderfähig sind Kosten für fachkundige externe Dienstleister zur Planerstellung und die Organisation und Durchführung von Akteursbeteiligungen und die begleitende Öffentlichkeitsarbeit.
Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern sollten schnellstmöglich mit der Wärmeplanung beginnen. Doch auch den übrigen Kommunen ist zu raten, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen. Denn es sind vielfältige energiewirtschafts- und planungsrechtliche Fragen zu klären. Außerdem kann die Wärmeplanung einen erheblichen Standortvorteil im Wettbewerb rund um die Ansiedelung und den Erhalt von Unternehmen sowie den Zuzug von Bürgerinnen und Bürgern bieten, indem sie Investitionssicherheit schafft und Kostenanreize setzt.
Die Wärmeplanung wirkt sich zunehmend auf Gebäudekomplexe im Bereich der Wärmeversorgung aus. Das WPG ergänzt insoweit das novellierte Gebäudeenergiegesetz (GEG). Das GEG fördert die flächendeckende Umstellung der dezentralen Wärmeversorgung in Gebäuden, während das WPG darauf abzielt, bis 2045 eine treibhausgasneutrale leitungsgebundene Wärmeversorgung sicherzustellen. Darüber hinaus ermöglicht das WPG den Kommunen eine umfassende Planung für den Neu- und Ausbau von Wärme- und Wasserstoffnetzen. Dieser Ansatz wird durch die landesrechtliche Bestimmung eines Anschluss- und Nutzungszwangs für Bürgerinnen und Bürger im Sinne des § 109 GEG unterstützt, um die Effizienz der Wärmeversorgungsnetze zu gewährleisten. Durch die enge Verzahnung der Wärmeplanung mit den Bestimmungen des GEG schafft der Gesetzgeber Investitionssicherheit für Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer.
Senior Manager
Tersteegenstraße 19-23
40474 Düsseldorf
Tel.: +49 211 4155597-217
fgonsior@kpmg-law.com
Senior Associate
Tersteegenstraße 19-23
40474 Düsseldorf
Tel.: +49 211 4155597 684
hburbach@kpmg-law.com
© 2024 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.
KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.