Suche
Contact
02.09.2016 | KPMG Law Insights

Corporate Law, Gesellschaftsrecht – Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

Am 29.Juli 2014 ist das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist die Verbesserung der Zahlungsmoral privater Unternehmen und öffentlicher Auftraggeber, um die Liquidität und Wettbewerbsfähigkeit der Marktbeteiligten zu stärken. Die neuen gesetzlichen Regelungen machen eine zeitnahe Überprüfung und Anpassung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und individualvertraglichen Vereinbarungen erforderlich.

Das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr beinhaltet wesentliche Neuregelungen, welche die Vertragsautonomie erheblich einschränken. Zahlungs-, Prüf- und Abnahmefristen können nicht mehr beliebig vereinbart werden. Zudem wurde der gesetzliche Verzugszinssatz erhöht und eine Verzugsschadenpauschale eingeführt.

Höchstgrenzen für Zahlungs-, Prüf- und Abnahmefristen

Individualvertragliche Vereinbarungen, die eine längere Zahlungsfrist als 60 Tage nach Empfang der Gegenleistung, bzw. dem späteren Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung vorsehen, sind unwirksam. Etwas Anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die Parteien die längere Zahlungsfrist ausdrücklich vereinbart haben und diese dem Gläubiger angemessen erscheint.

Ist eine Entgeltforderung erst nach Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen, so ist eine individualvertragliche Vereinbarung nur noch dann wirksam, wenn sie ausdrücklich getroffen wurde und im Hinblick auf die Belange des Gläubigers gerechtfertigt ist.

Zahlungsfristen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Für die Vereinbarung von Zahlungsfristen in den AGB gelten strengere Maßstäbe: Danach ist bereits eine Vereinbarung, durch die sich der Verwender eine „unangemessen lange Zeit“ für die Erfüllung einer Entgeltforderung vorbehält, unwirksam. Handelt es sich bei dem Verwender nicht um einen Verbraucher, ist im Zweifel davon auszugehen, dass schon eine Frist von mehr als 30 Tagen unangemessen lang ist.

Gleiches gilt, wenn sich der Verwender von AGB vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach „unangemessen langer Zeit“ zu erfüllen. Ist der Verwender kein Verbraucher, so ist bereits ein Zeitraum von mehr als 15 Tagen nach Empfang unangemessen lang.

Für öffentliche Auftraggeber gelten Sonderregelungen: Sie dürfen sich individualvertraglich grundsätzlich nur noch Zahlungsfristen von maximal 30 Tagen nach Empfang einräumen lassen. Längere Fristen sind nur wirksam, wenn die Vereinbarung ausdrücklich getroffen worden und sachlich gerechtfertigt ist. Die maximal zulässige Frist beläuft sich dabei auf 60 Tage – diese Höchstgrenze ist nicht ersetzbar.

Erhöhung des Verzugszinssatzes

Der Verzugszinssatz für Rechtsgeschäfte, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, ist von ursprünglich acht auf neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz erhöht worden.

Eine im unternehmerischen Geschäftsverkehr im Voraus getroffene Vereinbarung, wonach der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen vollständig ausgeschlossen wird, ist unwirksam. Eine Beschränkung des Anspruches auf Verzugszins ist nur dann unwirksam, wenn sie für den Gläubiger unangemessen ist.

Pauschalierter Schadensersatzanspruch

Befindet sich der Schuldner in Zahlungsverzug, hat der Gläubiger Anspruch auf Erstattung der sogenannten Beitreibungskosten. Neu ist, dass der Gläubiger nun Anspruch auf Zahlung eines Pauschalbetrages in Höhe von EUR 40,00 hat. Der Anspruch darauf entsteht unabhängig davon, ob und in welcher Höhe dem Gläubiger ein Schaden entstanden ist. Verbraucher können zwar nicht Schuldner, aber Gläubiger dieses Anspruchs sein.

Auch eine zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung, welche den Anspruch des Gläubigers auf die Pauschale ausschließt oder beschränkt, ist unwirksam, wenn sie für den Gläubiger unangemessen erscheint. Die Vereinbarung des vollständigen Ausschlusses der Pauschale oder des Ersatzes der Rechtsverfolgungskosten ist im Zweifel als nicht gerechtfertigt anzusehen. Diese Regelungen gelten nicht, wenn ein Verbraucher Schuldner des Anspruches ist.

Die neuen Regelungen gelten nur für Schuldverhältnisse, die nach dem 28. Juli 2014 abgeschlossen wurden. Eine Ausnahme gilt für Dauerschuldverhältnisse. Wird die Gegenleistung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses erst nach dem 30. Juni 2016 erbracht, gelten die neuen Regelungen auch dann, wenn das Dauerschuldverhältnis vor Inkrafttreten des Gesetzes bestand.

Folgen für Schuldner

Sind vertraglich vereinbarte Regelungen zur Zahlungs-, Prüfungs- oder Abnahmepflicht wegen Verstoßes gegen die neuen Vorschriften unwirksam, so kann dies nachteilige Folgen für den Schuldner haben: Ist beispielsweise eine vereinbarte Zahlungsfrist unwirksam, so gelten die gesetzlichen Vorschriften. Die geschuldete Leistung wird dann sofort fällig. Handelt es sich um ein Handelsgeschäft, entsteht damit ein Anspruch des Gläubigers auf Fälligkeitszins in Höhe von 5 %.

Darüber hinaus entsteht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung ein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 9 %. Mit Eintritt des Zahlungsverzuges steht dem Gläubiger dann auch ein Anspruch auf Zahlung der neu eingeführten Pauschale in Höhe von EUR 40,00 zu, und zwar wegen jeder Abschlagszahlung oder sonstigen Ratenzahlung, mit welcher der Schuldner in Verzug gerät.

Schließlich können im Falle eines Verstoßes gegen die neuen Regelungen generell Abmahnungen und Unterlassungsklagen drohen. Individualvertragliche Regelungen und AGB, insbesondere Allgemeine Einkaufsbedingungen, die dem Anwendungsbereich der neuen Regelungen unterfallen, sollten deshalb zeitnah überprüft und erforderlichenfalls angepasst werden.

Explore #more

23.04.2025 | KPMG Law Insights

Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Koalitionsvertrag 2025

Der Klimaschutz hat es im Koalitionsvertrag zu einer Bedeutung geschafft, mit der nicht zu rechnen war. Im Wahlkampf hatte er keine nennenswerte Rolle gespielt. Auch…

17.04.2025 | KPMG Law Insights

Das bedeutet der Koalitionsvertrag für den Finanzsektor

Der Koalitionsvertrag der CDU/CSU und SPD hat auch Auswirkungen auf den Finanzsektor. Hier ein Überblick. Die Erhöhung des Energieangebots Die Koalitionspartner möchten das Energieangebot vergrößern…

17.04.2025 | KPMG Law Insights

AWG-Novelle sieht härtere Strafen für Sanktionsverstöße vor

Aufgrund des anhaltenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine möchte die EU die Strafverfolgung von Verstößen gegen EU-Sanktionen erleichtern. Die entsprechende Richtlinie (EU) 2024/1226 war im…

16.04.2025 | KPMG Law Insights

Was die neuen Digitalisierungspläne im Koalitionsvertrag bedeuten

Der Koalitionsvertrag zeigt, wie die künftige Regierung Deutschlands digitale Zukunft gestalten will. Was bedeuten die Pläne konkret für Unternehmen? Hier die wichtigsten Auswirkungen: Digitale Souveränität:…

14.04.2025 | KPMG Law Insights

So will die neue Koalition Investitionen in die Infrastruktur beschleunigen

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD markiert einen grundlegenden Neubeginn in der deutschen Infrastrukturpolitik. Angesichts eines erheblichen Investitionsstaus setzen die Koalitionspartner auf ein umfassendes Maßnahmenpaket,…

14.04.2025 | KPMG Law Insights

Koalitionsvertrag 2025 und NKWS: Booster fürs Umwelt- und Planungsrecht?

Im aktuellen Koalitionsvertrag wird das Umwelt- und Planungsrecht übergreifend an verschiedenen Stellen im Koalitionsvertrag genannt und verdeutlicht dessen großen Stellenwert. In der Vereinbarung erfolgt aber…

14.04.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law berät Athagoras Holding GmbH beim Erwerb der MIGx AG

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) hat die Athagoras Holding GmbH, eine Plattform des Münchener PE Hauses Greenpeak Partners, beim Erwerb der schweizerischen Gesellschaft…

11.04.2025 | In den Medien

KPMG Law Interview im Legal Tech-Magazin: Legal Tech-Trends im Praxis Check

Die Legal Tech-Branche entwickelt sich in den letzten Jahren in rasantem Tempo weiter. Neue Trends bieten immer weitreichendere Möglichkeiten der Unterstützung in der Rechtsbranche. Doch…

11.04.2025 | KPMG Law Insights

Wie geht es mit der Außenwirtschaft weiter? Die Pläne im Koalitionsvertrag 2025

Die Außenwirtschaft und der Außenhandel haben angesichts der neuen US-Zölle eine besondere Brisanz bekommen. Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD auf folgende Maßnahmen geeinigt:…

11.04.2025 | In den Medien

Gastbeitrag im Online Magazin Das Investment: Spar- und Investitionsunion: Europas Anlegerwende

Geld anlegen schmackhafter machen und Europas Kapitalmärkte neu gestalten – KPMG Law Experte Philippe Lorenz analysiert die Ziele der neuen Spar- und Investitionsunion der EU.…

Kontakt

Dr. Konstantin von Busekist

Managing Partner
Leiter Global Compliance Practice
KPMG Law EMA Leader

Tersteegenstraße 19-23
40474 Düsseldorf

Tel.: +49 211 4155597123
kvonbusekist@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll