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12.05.2023 | KPMG Law Insights

Bundestag und Bundesrat haben Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet

Das Hinweisgeberschutzgesetz ist beschlossen. Am 9. Mai 2023 hatte sich der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat geeinigt und eine Beschlussempfehlung zum Gesetzentwurf vorgelegt. Der Bundestag hat diesem am 11. Mai 2023, der Bundesrat  dann unmittelbar am 12. Mai 2023 zugestimmt. Das Gesetz tritt damit einen Monat nach Verkündung in Kraft, das heißt voraussichtlich Mitte Juni 2023.

Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz soll die sogenannte Whistleblower-Richtlinie der EU (2019/1937) umgesetzt werden. Die Frist hierfür war bereits am 17. Dezember 2021 abgelaufen. Der Bundestag hatte das Gesetz zwar bereits am 10. Februar 2023 beschlossen; der Bundesrat hatte damals jedoch seine Zustimmung verweigert, weshalb ein Vermittlungsausschuss eingesetzt wurde.

Sinn und Zweck der Regelung ist die Verbesserung der Durchsetzung europäischen und deutschen Rechts, indem der Schutz von Mitarbeitenden, die auf Missstände in ihrer Organisation oder in ihrer Behörde aufmerksam machen, gestärkt wird.

Hier die Eckpunkte des neuen Gesetzes:

Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes

Die neuen Regeln zum Hinweisgeberschutz gelten für private und öffentliche Beschäftigungsgeber mit 50 oder mehr Beschäftigten. Private Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten bekommen für die Umsetzung noch eine Schonfrist und müssen ihre internen Meldestellen nicht schon ab Mitte Juni 2023, sondern erst ab dem 17. Dezember 2023 eingerichtet haben. Als Hinweisgeber fallen unter den gesetzlichen Schutz Arbeitnehmende, Beamte, Selbstständige, Gesellschafter:innen, Praktikant:innen, Freiwillige, Mitarbeitende von Lieferanten sowie Personen, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet ist oder noch nicht begonnen hat oder sich in einem vorvertraglichen Stadium befindet.

Das Gesetz gilt nicht für die Meldung aller Missstände, sondern lediglich für Straftaten und bestimmte Ordnungswidrigkeiten sowie andere Rechtsverstöße, die im Katalog des § 1 Hinweisgeberschutzgesetz aufgeführt sind. Eine weitere Voraussetzung ist, dass gegen diese Rechtsvorschriften im Rahmen einer beruflichen, unternehmerischen oder dienstlichen Tätigkeit verstoßen wird.

Pflicht zur Einrichtung einer Meldestelle

Beschäftigungsgeber mit jeweils in der Regel mindestens 50 Beschäftigten sind verpflichtet, eine interne Meldestelle für Hinweise einzurichten. Interne Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher oder in Textform zulassen. Auch persönliche Zusammenkünfte mit einer Person der internen Meldestelle sind zu ermöglichen.

Meldestellen müssen keine anonymen Meldungen annehmen. Das hatte der ursprünglich Gesetzesbeschluss vorgesehen; im Vermittlungsausschuss wurde diese Passage jedoch wieder gestrichen.

Die Meldestellen prüfen die Stichhaltigkeit der Hinweise und leiten angemessene Folgemaßnahmen ein. Das sind in der Regel interne Untersuchungen, entweder durch den Beschäftigungsgeber selbst oder aber durch eine andere zuständige Stelle.

Hinweisgeber sind nicht an die interne Meldestelle gebunden; sie können sich auch direkt an eine externe Meldestelle im Sinne des Hinweisgeberschutzgesetzes wenden.

Hinweisgeber dürfen nicht benachteiligt werden

Wenn jemand einen Hinweis abgegeben hat und im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit benachteiligt wird, vermutet das Gesetz, dass dies eine Repressalie aufgrund des Hinweises ist. Der Beschäftigungsgeber trägt die Beweislast dafür, dass die nachteilhafte Maßnahme aus anderen Gründen gerechtfertigt ist. Die hinweisgebende Person muss allerdings substantiiert geltend machen, dass die Benachteiligung eine Repressalie ist. Kommt es tatsächlich zu Repressalien, kann der Whistleblower beispielsweise Schadensersatz geltend machen.

Bußgelder für Whistleblower und für Beschäftigungsgeber

Sowohl der Whistleblower als auch das Unternehmen kann sich bußgeldpflichtig machen. Wer wissentlich falsche Tatsachen verbreitet, handelt ebenso ordnungswidrig wie eine Person, die die Kommunikation behindert. Auch wenn die Meldestelle nicht eingerichtet wird, Repressalien gegen Hinweisgeber ergriffen werden oder die Vertraulichkeit nicht gewahrt wird, können Bußgelder fällig werden. Die Höhe des Bußgelds kann bis zu 50.000 Euro betragen und gegebenenfalls gegenüber Unternehmen bis zum Zehnfachen dieses Betrages erhöht werden.

Fazit

Deutschland hat als einer der letzten EU-Staaten nun endlich auch ein Hinweisgeberschutzgesetz – das KPMG Law Whitepaper gibt dazu einen Gesamtüberblick. Dass es kommen würde, war lange bekannt und viele Arbeitgeber haben bereits freiwillig eine Whistleblower-Hotline eingerichtet. Denn über Rechtsverstöße im Unternehmen sollte man als Arbeitgeber frühestmöglich informiert sein. Es ist zu begrüßen, dass nun Klarheit herrscht und die Verfahren ausgestaltet werden können. Natürlich steht es den Beschäftigungsgebern frei, über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus weitere Optionen für Meldungen zu schaffen. Zu klären ist beispielsweise das Verhältnis zu dem in Teilen sehr ähnlich auszugestaltenden „Beschwerdemechanismus“ nach dem Lieferkettengesetz.

Alle privaten und öffentlichen Beschäftigungsgeber sollten schnellstmöglich eine interne Meldestelle und geeignete Meldekanäle einrichten und bekanntmachen.

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