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26.06.2014 | KPMG Law Insights

Appell zur Zukunft des Wissenschaftssystems – Weiterhin Unklarheit bei horizontalen Inhouse-Geschäften

Liebe Leserinnen und Leser,

leider etwas zu knapp vor Redaktionsschluss ist die deutsche Fassung des Unionsrahmens veröffentlicht worden, deren Inhalte und Änderungen, insbesondere im Zusammenhang mit der sogenannten 20%-Klausel, aus zeitlichen Gründen nicht mehr in dieser Ausgabe diskutiert werden konnten. In der nächsten Ausgabe – voraussichtlich als Sonderausgabe gestaltet – werden wir uns aber detailliert mit der Fassung auseinander setzten, versprochen!

Um Ihnen aber nicht die Freuden am EU-Beihilfenrecht zu nehmen, berichten wir von der EU-Kommissions-Mitteilung aus Mai 2013 zu wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse, in der es unter anderem auch um große FuE-Fördermaßnahmen geht. Diese müssen künftig, um als EU-beihilfenkonform eingestuft werden zu können, entweder von bedeutender innovativer Natur sein oder aber einen wichtigen Mehrwert für die FuE unter Berücksichtigung des Stands der Technik in dem betreffenden Sektor darstellen.

Zudem wollen wir Ihnen nicht die hochschulrechtlich äußerst brisante Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vorenthalten: Es geht um das Schicksal der Hochschulzulassungsgesetze zu Medizinstudiengängen sämtlicher Bundesländer!

Vergaberechtlich begeisterten Lesern hatten wir in der Ausgabe Mai 2014 versprochen, von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Fall „HIS“ versus „Datenlotsen“ zu berichten. Diese Entscheidung ist zwischenzeitlich veröffentlicht worden und gibt Spannendes zur horizontalen Inhouse-Vergabepreis.

Herzlichst Ihr

Public Sector-Team der KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Mathias Oberndörfer Dr. Anke Empting

Die Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) sowie der Vorsitzende des Wissenschaftsrats (WR) weisen in einer gemeinsamen Erklärung auf dringenden Handlungsbedarf in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik hin.

Anlass der gemeinsamen Erklärung im Rahmen einer Bundespressekonferenz vom 19.Mai 2014 sei das Ziel die gegenseitige Blockade der politisch Verantwortlichen in Bund, Ländern und in den Parteien mit Blick auf drängende Zukunftsfragen der Bildungs- und Wissenschaftspolitik zu lösen.

Die Spitzenvertreter fordern die politischen Entscheidungsträger auf, die im Koalitionsvertrag der Großen Koalition formulierten Leitlinien für eine weitere Prioritätensetzung des Bundes bei Bildung, Wissenschaft und Forschung und für die zukünftige Zusammenarbeit mit den Ländern dringend umzusetzen. Dies beinhaltet eine nachhaltige Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Hochschulen sowie substanzielle Beteiligung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen an den im Koalitionsvertrag vorgesehenen Bundesmitteln für Bildung und Betreuung. Ohne dabei diese Mittel den Ländern ohne jede Zweckbindung zu überlassen. Das gegenseitige Ausspielen von Bildung und Forschung bei der Verteilung der Mittel müsse ausbleiben.

Die 2015 auslaufenden Pakte „Exzellenzinitiative“, „Pakt für Forschung und Innovation“ und des Hochschulpakts sollen fortgeführt und weiterentwickelt werden. Eine geregelte Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich von Bildung, Wissenschaft und Forschung unter Abschaffung des im Grundgesetz festgelegten Kooperationsverbots soll erzielt werden.

Würde nicht kurzfristig im oben aufgeführten Sinne gehandelt, werde das gesamte Hochschul- und Wissenschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland langfristig und weit zurückgeworfen und es drohe den 2.5 Millionen Studierenden in Deutschland weiterer und größerer Schaden.

Zahl der Deutschlandstipendien wächst

Die Zahl der vergebenen Deutschlandstipendien ist von 2012 zu 2013 um 42 % angestiegen: Wie der Mitteilung des BMBF vom 20. Mai 2014 zu entnehmen ist, haben deutsche Hochschulen im Jahr 2013 insgesamt rund 19.740 Studierende mit den Stipendien unterstützt.

Hinter diesen Stipendien liegen rund 21,1 Millionen Euro, die allein in 2013 von privaten Förderern gestemmt wurden. Beim Deutschlandstipendium teilen sich die privaten Förderer den monatlichen Höchstbetrag in Höhe von 300 Euro pro Stipendium mit dem Bund.

Drei Jahre nach Einführung des Deutschlandstipendiums beteiligen sich laut Mitteilung des BMBF knapp drei Viertel aller Hochschulen an der Stipendienvergabe. Die Spitzenreiter bei den Gefördertenzahlen sind Nordrhein-Westfalen mit 5.428 Deutschlandstipendien, Bayern mit 3.116 Stipendien und Baden-Württemberg mit 2.837 Stipendien. Bezogen auf den Anteil der geförderten Studierenden im jeweiligen Bundesland liegt das Saarland vorn, gefolgt von Bremen und Sachsen sowie Niedersachsen. Mittlerweile ist jedes dritte vom Bund geförderte Stipendium für Studierende ein Deutschlandstipendium.

Vergaberecht: Zulässigkeit horizontaler Inhouse-Geschäfte weiterhin unklar

Hochschulen dürfen nicht im Wege einer Inhouse-Vergabe von Bundesländern beauftragt werden, wenn ihnen auf dem Gebiet der Forschung und Lehre eine weitgehende Autonomie zustehe. Dem Urteil des EuGH vom 8. Mai 2014 lag der Rechtsstreit der Technischen Universität Hamburg-Harburg und der Hochschul-Informations-System GmbH HIS gegen die Datenlotsen Informationssysteme GmbH DIS über die Rechtmäßigkeit der Vergabe eines Auftrags zugrunde, den die Universität ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens unmittelbar an die HIS vergeben hatte.

 Die Universität beabsichtigte die Beschaffung eines IT-Hochschul-Management-Systems. Die HIS ist eine privatrechtliche GmbH, deren Kapital zu einem Drittel von der Bundesrepublik Deutschland und zu zwei Dritteln von den Bundesländern gehalten wird, wobei der Anteil der Stadt Hamburg 4,16 % beträgt. Der Gesellschaftszweck der HIS besteht laut Satzung in der Unterstützung der Hochschulen.

Autonomie auf dem Gebiet von Forschung und Lehre schließt eine umfassende Kontrolle der Universität aus

Der EuGH lässt die Frage offen, ob die Ausnahme für „Inhouse-Vergaben“ auch auf sogenannte horizontale Inhouse-Geschäfte angewendet werden darf. Hierauf komme es nach seiner Ansicht nicht an, da bereits kein umfassendes Kontrollverhältnis zwischen der Universität und der Stadt Hamburg – mithin eine wesentliche Voraussetzung für ein horizontales Inhouse-Geschäft – bestehe. Die von der Stadt Hamburg über die Universität ausgeübte Kontrolle beziehe sich nämlich allein auf den Beschaffungsbereich, nicht aber auf die Bereiche „Forschung und Lehre“. Damit besitze die Stadt Hamburg lediglich eine teilweise Kontrolle über die Universität.

Ob die Inhouse-Grundsätze auch auf Auftragsvergaben zwischen öffentlichen Beteiligungsgesellschaften (sog. Schwester-Gesellschaften) anwendbar sind, ist weiterhin ungeklärt. Allerdings wäre es wünschenswert gewesen, hätte der EuGH in dieser Sache für Rechtssicherheit gesorgt. Denn nicht wenige öffentliche Auftraggeber verfügen über mehrstufige konzernähnliche Gesellschaftsstrukturen und werden weiterhin im Unklaren gelassen, ob ihre Schwester-Gesellschaften untereinander vergaberechtsfrei beschaffen dürfen.

Für eine Ausschreibungsfreiheit solcher horizontalen Inhouse-Geschäfte spricht, dass es für die Anwendbarkeit des Vergaberechts nicht darauf ankommen darf, wie der öffentliche Auftraggeber strukturiert ist bzw. wie er seine Aufgaben im Innenverhältnis organisiert.

Bedenken hiergegen bestehen insoweit, als dass der EuGH das Inhouse-Geschäft als eng auszulegenden Ausnahmefall bisher nur auf die unmittelbar am Auftrag beteiligte Rechtsträger angewendet hat. Mithin bleibt abzuwarten, wie sich die Spruchpraxis des EuGH – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Vergaberechtsreform – in Zukunft entwickeln wird.

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