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04.07.2017 | KPMG Law Insights

Steuerstrafrecht – Vermögensübertragungen unter Ehegatten können Schenkungsteuer auslösen

Verstärkte Aufgriffe von Vermögensübertragungen unter Ehegatten durch die Finanz- und Strafverfolgungsbehörden

Vermögensübertragungen unter Ehegatten können Schenkungsteuer auslösen

Vermögensübertragungen unter Ehegatten sind zunehmend Gegenstand steuerverfahrensrechtlicher und steuerstrafrechtlicher Auseinandersetzungen.

Grundsätzlich ist ein der Schenkungsteuer unterliegender Erwerb sowohl vom Schenker als auch vom Beschenkten innerhalb einer Frist von drei Monaten gegenüber dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Wird diese Pflicht nicht erfüllt und wäre Schenkungsteuer festzusetzen gewesen, werden die Betroffenen zunehmend mit strafrechtlichen Vorwürfen konfrontiert.

Hinzu kommt, dass der Bundesfinanzhof (BFH) zwar bereits Gelegenheit hatte, auf die Frage der Schenkungsteuer bei Vermögensübertragungen unter Ehegatten einzugehen. Allerdings ist die Rechtsprechung, abhängig vom zugrundeliegenden Falltypus, uneinheitlich.

Im Folgenden wird eine kurze Übersicht zur Rechtsprechung und bestimmten, in der Praxis typischerweise vorkommenden, Fallkonstellationen gegeben.

1. Einzelkonto/-depot

Mit Urteil vom 29.06.2016 (II R 41/14) entschied der BFH, dass eine Zuwendung unter Ehegatten schenkungsteuerpflichtig ist, wenn ein Ehegatte den Vermögensstand
seines Einzelkontos oder -depots auf ein Einzelkonto oder -depot des anderen Ehegatten überträgt. Beruft sich der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte darauf,
dass ihm schon vor der Übertragung der Vermögensstand zuzurechnen war und er deshalb insofern nicht bereichert sei, trägt er hierfür die Beweislast. Das heißt, dass bei Übertragung von Vermögen von bzw. auf Einzelkonten und -depots grundsätzlich die Ehegatten die Umstände nachweisen müssen, die gegen eine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung sprechen. Gelingt dieser Nachweis nicht, kommt es zur Festsetzung von Schenkungsteuer.

2. Gemeinschaftskonto/-depot

Ein Urteil des BFH vom 23.11.2011 (II R 33/10) betraf dagegen Gemeinschaftskonten oder Gemeinschaftsdepots von Ehegatten (sog. Oder-Konten). Der BFH hat hierzu entschieden, dass nicht schon deshalb von einer schenkungsteuerpflichtigen Zuwendung ausgegangen werden kann, weil nur ein Ehegatte auf ein gemeinschaftliches Konto beider
Ehegatten Vermögen einbezahlt. Die steuerbegründenden Tatsachen, d.h. dass beide Ehegatten zu gleichen Teilen am Kontoguthaben partizipieren, mussten vom Finanzamt nachgewiesen werden.

Hieraus folgt, dass bei Gemeinschaftskonten und -depots von Ehegatten die Beweislast grundsätzlich beim Finanzamt liegt.

Gleichwohl sind auch hier Fallkonstellationen denkbar, bei denen das Finanzamt diesen Nachweis führen kann bzw. die Indizien für eine Vermögensübertragung sprechen und damit Schenkungsteuer ausgelöst werden kann. Dies gilt insbesondere in folgenden Fällen:

– Ein Ehegatte zahlt Vermögen ein, welches der andere Ehegatte verbraucht.
– Beide Ehegatten zahlen Vermögen ein, welches nur einer der Ehegatten verbraucht.
– Ein Ehegatte zahlt Vermögen ein, welches beide Ehegattenverbrauchen.

3. Kontovollmacht

Oft hat ein Ehegatte eine Kontovollmacht für das Konto des anderen Ehegatten. Eine solche Vollmacht ändert ohne Hinzutreten weiterer Umstände an der Zuordnung
des Bankvermögens nichts. Die Bankvollmacht ermöglicht es dem Bevollmächtigten zwar im Außenverhältnis gegenüber der Bank aufzutreten, lässt aber keine Schlüsse auf das Innenverhältnis zu und hat damit i.d.R. keine Auswirkung auf die schenkungsteuerliche Zuordnung des Vermögens.

4. Treuhandverhältnis

Es gibt Fälle, in welchen der alleinige Kontoinhaber Treuhänder für einen Treugeber ist. Dem Treugeber ist das Vermögen in diesen Fällen nicht nur steuerlich zuzurechnen, zivilrechtlich gehört es ihm auch. Kehrt der Treuhänder das Vermögen (Treugut) an den Treugeber aus, liegt keine Schenkung vor. Allerdings liegt in Treuhandverhältnissen
die Beweislast regelmäßig bei demjenigen, der sich auf das Treuhandverhältnis beruft (§ 159 AO). Gelingt dieser Beweis nicht, kann die Finanzverwaltung eine Schenkung unterstellen. Diese Fälle entsprechen weitgehend den unter Ziff. 1 dargestellten (Einzelkonto/-depot).

5. Darlehen/Versicherungen

Die obigen Grundsätze lassen sich auch auf andere Vermögensbereiche, wie beispielsweise auf Darlehen und Versicherungen, übertragen.

Zahlt beispielsweise ein Ehegatte die Darlehensrate für ein Darlehen des anderen Ehegatten, so wird ohne das Hinzutreten weiterer Umstände von einer freigebigen Zuwendung, das heißt einer Schenkung der Darlehensraten (Zins- und Tilgungsanteil), auszugehen sein. Handelt es sich um ein Darlehen für das Familienheim, lässt sich allerdings argumentieren,
dass eine steuerbefreite mittelbare Schenkung des Familienheims vorliegt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG).

Eine Schenkung kann auch vorliegen, wenn ein Ehegatte die Beiträge einer Versicherung bezahlt, für die der andere Ehegatte Versicherungsnehmer ist. Häufig wird
hier allerdings zu prüfen sein, ob es sich um bereits nicht steuerbare Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltspflicht (§ 1353 BGB) oder steuerbefreite Unterhaltszuwendungen gem. § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG handelt.

Daneben stellt sich bei Versicherungen auch die Frage, wann ein Vermögensvorteil aus einer Versicherung erlangt wird und zu welchem Zeitpunkt damit die freigiebige
Zuwendung, das heißt eine Schenkung, ausgeführt ist. Bei Lebensversicherungen beispielsweise wird der Vorteil erst im Zeitpunkt des Ablebens der versicherten Person von dem Begünstigten erlangt und gilt erst dann als Erwerb von Todes wegen.

6. Gehaltszahlungen, Boni und Tantiemezahlungen

Werden Gehaltszahlungen, Boni und Tantiemezahlungen für einen Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto der Ehegatten bezahlt, bietet sich in der Praxis folgende
Differenzierung an:

Gehaltszahlungen auf ein Gemeinschaftskonto sind i.d.R. ohne schenkungsteuerliche Relevanz. Sofern der nicht das Gehalt beziehende Ehegatte über diese Geld verfügt, handelt es sich in aller Regel um Bereicherungen, die als nicht steuerbare Unterhaltszuwendungen qualifizieren. Es liegen bereits dem Grunde nach keine Schenkungen vor, sondern Zuwendungen, die im Rahmen der ehelichen Unterhaltspflicht geschuldet werden (§ 1353 BGB).

Boni und Tantiemezahlungen können bei Einzahlung auf ein Gemeinschaftskonto/- depot der Ehegatten nach den unter der Ziff. 2 genannten Grundsätzen behandelt werden. Sollte die Finanzverwaltung insofern eine unentgeltliche Bereicherung des nicht den Bonus bzw. die Tantieme beziehenden Ehegatten vortragen, trägt die Finanzverwaltung insofern grundsätzlich die Beweislast für das Vorliegen einer Schenkung.

7. Steuererstattungen

Auch Einkommensteuererstattungen und -zahlungen werden zum Gegenstand steuerverfahrensrechtlicher Auseinandersetzungen gemacht.

Dieser Fall kann insbesondere dann Relevanz erlangen, wenn beide Ehegatten eigene Einkünfte erzielen und einzelveranlagt werden und die Steuerschuld beider Ehegatten (nur) durch einen Ehegatten beglichen wird.

Entsprechendes kann gelten, wenn eine Steuererstattung betreffend beide Ehegatten (nur) auf ein (Einzel-)Konto eines Ehegatten überwiesen wird.

8. Empfehlungen für die Praxis

Eine schriftliche Dokumentation des Gewollten („Klarstellungsvereinbarung“) vor Durchführung der entsprechenden Transaktionen ist grundsätzlich zu empfehlen. I.d.R.
genügt diese, um einer geforderten Beweislast Genüge zu tun. In Einzelfällen können ungewollte Schenkungen durch bestimmte Maßnahmen wie die sog. „Güterstandsschaukel“
(Beendigung der Zugewinngemeinschaft unter Anrechnung unentgeltlicher Zuwendungen auf den auszugleichenden Zugewinn) rückwirkend beseitigt werden.

Sollte nachträglich bekannt werden, dass unentgeltliche Zuwendungen steuerpflichtige Schenkungen darstellen oder hierüber Zweifel bestehen, können sie nach den allgemeinen Grundsätzen gegenüber den Finanzbehörden offengelegt werden.

Eine schenkungsteuerliche Relevanz hängt von der Höhe der Zuwendung und den noch verfügbaren schenkungsteuerlichen Freibeträgen ab.

Die Experten unserer Praxisgruppe beraten Sie gerne.

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