Die 2021 beschlossene Stiftungsrechtsreform mit dem Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts (Regierungsentwurf: BT-Drs. 19/28173; Beschluss-Drucksache: BR-Drs. 569/21) tritt am 1. Juli 2023 in Kraft. Bis dahin sollten bestehende Stiftungen ihre Satzung an das neue Stiftungsrecht angepasst haben. Auch wer heute eine Stiftung errichten möchte, sollte bereits das neue Recht berücksichtigen.
Welche Aspekte sollten stets überprüft und beachtet werden?
Nachfolgend skizzieren wir diejenigen Satzungsthemen, die bestehende Stiftungen unbedingt vor dem Hintergrund der Stiftungsrechtsreform auf einen erforderlichen Anpassungsbedarf prüfen sollten. Diese Aspekte sind typischerweise auch bei der Gründung einer Stiftung vor Inkrafttreten der Reform bereits zu beachten.
Regelungen zu Satzungsänderungen
Als eines der wichtigsten Themen sollten die Regelungen über Satzungsänderungen untersucht werden. Denn das neue Stiftungsrecht sieht künftig erleichterte Voraussetzungen für Änderungen von Satzungen vor, wohingegen bestehende Satzungen diese Erleichterungen aufgrund des aktuell geltenden Stiftungsrechts meist nicht in ihren Satzungen enthalten haben. Während bisher in vielen Landesstiftungsgesetzen die grundlegende Voraussetzung zu Änderung der Stiftungssatzung eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse ist, wird zukünftig grds. nur noch die Änderung der prägenden Bestimmungen der Stiftungssatzung unter dieser erschwerten Voraussetzung stehen. Die prägenden Bestimmungen sollen neben dem Stiftungszweck auch die Art und Weise der Zweckerfüllung, Regelungen zur Verwaltung des Stiftungsvermögens sowie der Name und der Sitz der Stiftung sein. Der Stifter kann hiervon aber auch abweichende Festlegungen treffen. Andere Satzungsregelungen können zukünftig geändert werden, wenn die Änderung der Erfüllung des Stiftungszwecks dient. Stiftungen sollten daher ihre Satzung mit dem neuem Stiftungsrecht abgleichen und alte Begrifflichkeiten (wie etwa die „Unmöglichkeit“) sowie zu enge Voraussetzungen für Satzungsänderungen streichen und an das neue Stiftungsrecht anpassen.
Regelungen zur Zulegung und Zusammenlegung mit anderen Stiftungen („Stiftungsfusionen“)
Erstmalig wird auch das Stiftungsfusionsrecht („Verschmelzungen“ mehrerer Stiftungen auf eine bestehende oder auf eine neue Stiftung) bundeseinheitlich geregelt. Schon deshalb sollten die bestehenden Satzungsregelungen an das neue Stiftungsrecht angepasst werden, soweit dies mit dem Stifterwillen in Einklang zu bringen ist.
Regelungen zum Stiftungsvermögen
Das neue Stiftungsrecht sieht einen einheitlichen Vermögensbegriff und eine einheitliche Definition des Stiftungsvermögens vor: Dieses besteht aus dem sogenannten Grundstockvermögen (= „unantastbares Kernvermögen“) und sonstigem Vermögen, welches zur Erfüllung des Stiftungszwecks zur Verfügung steht. Satzungen sollten daraufhin überprüft werden, ob sie die neuen Begrifflichkeiten und die durch die Stiftungsrechtsreform geänderte Struktur des Stiftungsvermögen bereits abbilden. Erfahrungsgemäß sprechen viele Stiftungssatzungen lediglich vom „Stiftungsvermögen“, welches dauerhaft zu erhalten sei und unterscheiden nicht zwischen den verschiedenen Vermögensarten. Weiterhin sollten Vorschriften zu sogenannten Umschichtungsgewinnen, also Zuwächse aus der Umschichtung des Grundstockvermögens, unter die Lupe genommen werden. Denn diese Umschichtungsgewinne dürfen nach dem neuen Recht immer zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden, sofern dies nicht in der Stiftungssatzung ausdrücklich ausgeschlossen wird oder die Erhaltung des Grundstockvermögens nicht gesichert ist. Auch die veränderten Regeln für Verbrauchsstiftungen und die neue Möglichkeit einer so genannten Teilverbrauchsstiftung sollten näher überprüft werden. Die Vermögensstruktur des neuen Stiftungsrechts bietet insgesamt mehr Freiheiten und Flexibilität.
Was bedeutet das für Stiftungen und Stifter?
Bestehende Stiftungen dürfen laut Gesetzgeber bis zum 1. Juli 2023 ihre Satzungen unter erleichterten Voraussetzungen an das neue Recht anpassen. Stiftungen und Stifter sollten diese Möglichkeit nutzen, um ihre Satzungen zu modernisieren. In jedem Fall sollten die oben genannten Aspekte überprüft werden. Im Rahmen der Anpassung der Stiftungsatzung empfiehlt es sich, dann auch die Regelungen zur Organisation der Stiftungsorgane in den Blick zu nehmen und ggf. mit zu modernisieren (z.B. im Hinblick auf digitale Möglichkeiten zur Beschlussfassung und Haftungs(begrenzungs)regelungen). Das gilt sowohl für gemeinnützige (steuerbegünstigte) Stiftungen als auch für Familienstiftungen, die für mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer, für Unternehmerfamilien sowie für vermögende Privatpersonen im Rahmen der Vermögens- und Unternehmensnachfolge eine wichtige Bedeutung haben können. Auch bei der Errichtung einer Stiftung sollten die neuen Regelungen bereits heute berücksichtigt werden, um die Stiftungssatzung zukunftsfähiger zu gestalten.
Partner
Leiter Nachfolge- und Stiftungsrecht
THE SQUAIRE Am Flughafen
60549 Frankfurt am Main
Tel.: +49 69 951195012
mpawlytta@kpmg-law.com
© 2024 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.
KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.