Weitere Autor:innen und Ansprechpartner: innen: Dr. Anne Schäfer, Marco Strootmann, Anastasia Podolak
Die Finanzverwaltung nimmt das Influencer-Marketing ins Visier. Aktuell ermitteln Behörden in mehreren Bundesländern gegen professionelle Influencer:innen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung, unter anderem das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität in Nordrhein-Westfalen (LBF NRW).
Die Behörden gehen davon aus, dass eine Vielzahl von Influencer:innen Einnahmen nicht ordnungsgemäß in Deutschland versteuert haben oder sich durch einen Wegzug ins Ausland der Besteuerung in Deutschland entziehen wollten. Der geschätzte Steuerschaden beträgt allein in Nordrhein-Westfalen 300 Millionen Euro. Influencer:innen drohen hohe Geldstrafen und sogar Freiheitsstrafen.
Alle Influencer:innen sollten umgehend prüfen lassen, ob Einnahmen der Steuerpflicht in Deutschland unterliegen und für nicht erklärte Einnahmen eine Selbstanzeige in Erwägung ziehen. Und wichtig: Nicht nur Geldeinnahmen sind zu versteuern, sondern auch in Anspruch genommene Vorteile und Sachzuwendungen können steuerpflichtig sein.
Vorbereiten sollten sich auch Unternehmen, die mit Influencer:innen zusammengearbeitet haben. Denn auch diese könnten von den Finanzbehörden kontaktiert werden.
Der Strauß an möglicherweise hinterzogenen Steuern ist bunt: Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Lohnsteuer und Quellensteuer könnten zu Unrecht nicht gezahlt worden sein.
Einkommensteuer und Gewerbesteuer
In der Regel fällt bei der Tätigkeit als Content Creator sowohl Einkommensteuer als auch Gewerbesteuer an. Selbst wenn Influencer:innen kein Geld erhalten, sondern zum Beispiel nur die getesteten Produkte behalten dürfen oder Reisen auf Kosten des Auftraggebers unternehmen, müssen solche Sachleistungen versteuert werden. Abweichungen hiervon können sich beispielsweise ergeben, wenn die Unternehmen die Versteuerung der Sachzuwendungen übernehmen. Hier ist eine enge Abstimmung zwischen den Influencer:innen und den Auftraggebern empfehlenswert.
Umsatzsteuer
Influencer:innen sind außerdem regelmäßig umsatzsteuerpflichtig, wenn sie den Umsatz eines Kleinunternehmers überschreiten. Das ist dann der Fall, wenn der in Deutschland erzielte Gesamtumsatz des Vorjahres 25.000 Euro und des laufenden Jahres 100.000 Euro überschreitet. Auch hier zählen Sachleistungen wie Reisen, Hotelübernachtungen und erhaltene Produkte zum Umsatz.
Die besondere Herausforderung liegt auf der Ermittlung der richtigen Bemessungsgrundlage: Diese umfasst in der Regel nicht nur die vereinnahmten Geldzahlungen, sondern auch den Wert von empfangenen Produkten wie Geschenken und Goodie Bags oder sonstigen Leistungen wie Reisen, Hotelübernachtungen und Einladungen zu Events.
Für eine zutreffende umsatzsteuerliche Einordnung ist eine detaillierte Kenntnis der Vertragsbeziehungen und der tatsächlichen Ausgestaltung entscheidend.
Quellensteuer
Sind Influencer:innen im Ausland steuerlich ansässig, kann auf bestimmte Vergütungen von einem in Deutschland ansässigen Auftraggeber deutsche Quellensteuer anfallen. Hierunter können beispielsweise Vergütungen für Auftritte oder Videodrehs in Deutschland fallen oder Zahlungen für die Nutzung von Namens- und Bildrechten von Influencer:innen.
Einige Influencer:innen haben ihren Wohnsitz ins Ausland verlagert. Eine Steuerpflicht kann in Deutschland allerdings weiterhin bestehen, wenn die Person nach wie vor einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, das heißt wenn sie sich beispielsweise mehr als 183 Tage in Deutschland aufhält. Und: Selbst wer eindeutig nur im Ausland steuerlich ansässig ist, kann etwa auf Grund der oben genannten Quellensteuer weiterhin mit bestimmten Einkünften in Deutschland steuerpflichtig sein.
Wer Einnahmen bzw. Sachzuwendungen bislang nicht vollständig in der Steuererklärung angegeben hat, hat sich möglicherweise wegen Steuerhinterziehung strafbar gemacht. Hohe Geldstrafen bis hin zur Freiheitsstrafe können drohen. Dass die Finanzbehörden aus großen Datenmengen schnell Ermittlungserfolge erzielen können, hat der Ankauf der Steuer-CDs aus der Schweiz gezeigt.
Die Pressemitteilung des LBF NRW kann unseres Erachtens als letzte Aufforderung zum Handeln der Influencer:innen und damit als „goldene Brücke“ zurück in die Steuerehrlichkeit verstanden werden. Es besteht daher akuter Handlungsbedarf. Nicht erklärte Einkünfte und Umsätze aus der Influencer-Tätigkeit sollten unverzüglich nacherklärt werden.
Die Ausgestaltung einer solchen Nacherklärung als Selbstanzeige kann strafrechtliche Sanktionen verhindern oder zumindest minimieren. Werden die Fälle von den Steuerfahndern selbst aufgedeckt und Ermittlungsverfahren eingeleitet, ist es für eine Selbstanzeige zu spät. Zudem drohen Durchsuchungen, Überwachung der Aktivitäten auf Social Media und Befragungen von Auftraggebern.
Falls bereits ein Strafverfahren eingeleitet wurde, sollte in Zusammenarbeit mit Expert:innen für Steuerstrafrecht eine Verteidigungsstrategie entwickelt werden, um den Maßnahmen der Ermittlungsbehörden effektiv zu begegnen.
Im Rahmen ihrer Ermittlungen können die Behörden sich auch bei den Auftraggebern der Influencer:innen, also bei den Agenturen oder Unternehmen, melden und diese um Auskunft ersuchen. In einem solchen Fall sollten die Unternehmen unbedingt die Rechtmäßigkeit solcher Anfragen überprüfen.
Unternehmen haften im Zusammenhang mit Influencer-Marketing für die korrekte Einbehaltung und Abführung der Quellensteuern. Wurden diese von den deutschen Auftraggebern nicht vollständig abgeführt, kann auch hier der Vorwurf der Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung im Raum stehen.
Außerdem sollten Auftraggeber prüfen, für welche Fälle eine Pauschalversteuerung von Sachzuwendungen an Influencer:innen erforderlich ist. Die Pauschalversteuerung ist nur zulässig bzw. gefordert, wenn es sich um Geschenke handelt, für die keine vertraglich vereinbarte Gegenleistung durch die Influencer:innen erbracht wird. Sobald die Sachzuwendung im Zusammenhang mit einer konkreten Werbeleistung oder einem Posting steht, ist diese regelmäßig durch die Influencer:innen selbst zu versteuern. Auftraggeber sollten daher im Einzelfall sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen für die Pauschalversteuerung tatsächlich vorliegen.
Die aktuelle Fahndung und die gezielte Auswertung von Social-Media-Daten erhöht das Entdeckungsrisiko erheblich. Wir empfehlen daher dringend,
KPMG Law verfügt über ein bundesweit tätiges Team von spezialisierten Steuerstrafrechtler:innen mit einer langjährigen Erfahrung. Gemeinsam mit Steuerexpert:innen der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterstützen wir Sie gerne bei der Umsetzung einer Strategie, auch kurzfristig.
Weitere Autor:innen und Ansprechpartner: innen:
Dr. Anne Schäfer, Partnerin, Tax, Corporate Tax Services, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Marco Strootmann, Partner, Tax, Lohnsteuer Services, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Anastasia Podolak, Senior Managerin, Indirect Tax Services, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Ausführliche Infos zur Steuerpflicht im Rahmen des Influencer-Marketings finden Sie auf der KPMG-Themenseite zu steuerlichen Fragen bei Zusammenarbeit mit Influencern.
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