Verbeamtete Lehrpersonen müssen nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt a.M. vom 5. Mai 2020 (Az. 9 L 1127/20.F) ihrer Präsenzpflicht auch nach-kommen, wenn behördlicherseits noch keine umfassenden Hygiene- und Arbeits-schutzmaßnahmen zur Verfügung stehen. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels.
Geklagt hatte eine Grundschullehrerin in Hessen. Diese wollte mit ihrem Antrag im Eilverfahren erreichen, zunächst nicht ihrer Präsenzpflicht nachkommen zu müssen, bis der Hygieneplan und die Arbeitsschutzmaßnahmen auf einem höheren Niveau seien.
Dem Antragsbegehren ist das Verwaltungsgericht nicht nachgekommen. Dem Dienstherrn komme bezüglich der Ausgestaltung der streitgegenständlichen Verhütungsmaßnahmen ein Beurteilungsspielraum zu. Mit dem „Hygieneplan Corona“ vom 22. April 2020 für die Schulen in Hessen habe der Dienstherr seinen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Wiederaufnahme des Schulbetriebes genutzt. Dies sei angesichts der aktuellen Entwicklung der Pandemie nicht zu beanstanden. Ein „Nullrisiko“ könnten Lehrende nicht erwarten.
Dies gelte erst recht unter besonderer Berücksichtigung der allgemeinwohlgebundenen, beamtenrechtlichen Treuepflicht (vgl. § 33 BeamtStG), die diese treffe. Der Schulbetrieb sei insoweit Bestandteil der Daseinsvorsorge, sodass verbeamtete Lehrer die Verantwortung der Schulen gegenüber den Schülern und Familien mitzutragen hätten.
Im Übrigen entschied die 9. Kammer, dass auch gar keine besondere Eilbedürftigkeit vorliege. Denn es sei nicht davon auszugehen, dass bis zu den Sommerferien der Normalbetrieb mit entsprechenden Frühbetreuungspflichten wieder aufgenommen werde.
Mit der Eilentscheidung hat das Verwaltungsgericht zumindest die schulischen Präsenzpflichten von beamteten Lehrpersonen in Krisenzeiten weit angesetzt. Die Erwägungen lassen sich zumindest im Ansatz auch auf den universitären Lehrbereich übertragen. Denn zumindest beamtete Hochschullehrer treffen ebenfalls die bereits im schulischen Kontext angeführten Treuepflichten aus dem BeamtStG. Einschränkend ist im Forschungs- und Lehrsektor allerdings die Wissenschaftsfreiheit universitärer Lehrpersonen anzubringen, die eine starre Präsenzpflicht per se bereits ab-schwächt. Denn die akademische (Lehr-)Freiheit des Hochschullehrers nach Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG beinhaltet auch die freie Wahl des Inhalts und des (methodischen) Ablaufs seiner Lehrveranstaltung.
Absolute Grenze der schulischen und universitären Präsenzpflichten wird auch in Zeiten von Corona in der in Art. 33 Abs. 5 GG (i.V.m. § 45 BeamtStG für Landesbeamte) normierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn zu sehen sein. Insbesondere im Rahmen des Rechtsgüterschutzes hat der Dienstherr dafür Sorge zu tragen, dass dem Beamten aus der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben keine besonderen Gefahren für Leben und Gesundheit erwachsen. Sprich: Auch wenn ein Anspruch auf eine „Nullrisiko“-Tätigkeit abzulehnen ist, muss der Dienstherr zumindest die Grundvoraussetzungen schaffen, um Schäden von den Beamten abzuwenden. Diesen Grundpflichten hat das Land Hessen jedoch im vorstehend dargestellten Einzelfall nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Frankfurt a.M. hinreichend entsprochen.
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