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Symbolbild zum Nachweisgesetz: Hand unterschreibt Vertrag
01.07.2024 | KPMG Law Insights

Nachweisgesetz: Der Arbeitsvertrag soll digitaler werden

Es sorgte für viel Zusatzaufwand bei Arbeitgebern im Zeitalter der Digitalisierung: Obwohl Arbeitsverträge zunehmend elektronisch abgeschlossen werden, hatte der Gesetzgeber zum 1. August 2022 die rechtlichen Anforderungen an schriftlich niederzulegende Vertragsbedingungen noch einmal erweitert und damit der papierlosen Praxis einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Das vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) soll die Nachweispflichten nun vereinfachen und den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen in Textform genügen lassen. Wie die künftige Regelung ausgestaltet werden soll, wurde in der am 19. Juni 2024 von der Bundesregierung beschlossenen Formulierungshilfe zur Ergänzung des Regierungsentwurfs nun im Einzelnen konkretisiert.

Darum geht es im Nachweisgesetz

Für Arbeitsverträge ist grundsätzlich keine Form vorgeschrieben; sie können auch mündlich oder sogar konkludent wirksam geschlossen werden. Allerdings verpflichtet das Nachweisgesetz den Arbeitgeber, den Arbeitnehmer:innen die wesentlichen Vertragsbedingungen in Schriftform auszuhändigen. In der Praxis bedeutet das aktuell, dass Arbeitsverträge entweder direkt auf Papier mit eigenhändiger Unterschrift geschlossen werden müssen oder der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen in einem gesonderten, von ihm eigenhändig unterzeichneten Papier-Dokument festhalten muss.

Die EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen, aufgrund derer der Katalog der Nachweispflichten im Jahr 2022 erweitert wurde, sieht ein solches Schriftformerfordernis nicht vor, sondern erlaubt auch die Übermittlung des Nachweises in elektronischer Form.

Unterschiedliche Positionen von Bundesregierung und Bundesrat

 Noch besteht keine Einigkeit, wie weit die Vereinfachung gehen soll. Während die Bundesregierung im Regierungsentwurf vorgesehen hatte, dass nur die elektronische Form gem. § 126a BGB, die eine sog. qualifizierte elektronische Signatur erfordert, für den Nachweis ausreichend sein soll, forderte der Bundesrat in seiner Stellungnahme eine Reduzierung der Anforderungen auf Textform (womit zum Beispiel eine Übersendung des Nachweises per E-Mail ausreichend wäre). Diesen Vorschlag griff die Bundesregierung auf und verständigte sich noch im März darauf, die Textform als Mindestanforderung für den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen genügen zu lassen.

Nachdem der Gesetzesentwurf im Bundestag bereits beraten wird, hat die Bundesregierung hierzu am 19. Juni 2024 nun eine durch den Bundesjustizminister vorgelegte Formulierungshilfe zur Ergänzung des Regierungsentwurfs für das BEG IV beschlossen. Zentraler Punkt der Formulierungshilfe ist der „digitale Arbeitsvertrag“. Hiernach kann der Arbeitgeber die Niederschrift der wesentlichen Arbeitsbedingungen künftig auch in Textform abfassen und elektronisch, also zum Beispiel per E-Mail, an die Arbeitnehmer:innen übermitteln.

Voraussetzung hierfür ist, dass die Übermittlung individuell an die Arbeitnehmer:innen erfolgt und dass das elektronisch übermitteltes Dokument für die Arbeitnehmer:innen nicht nur uneingeschränkt zugänglich ist, sondern auch gespeichert und ausgedruckt werden kann. Zusätzlich muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer:innen bei der elektronischen Übermittlung auffordern, einen auf das übermittelte Dokument bezogenen Empfangsnachweis zu erteilen.

Für den Fall, dass Arbeitnehmer:innen ausdrücklich einen schriftlichen Nachweis ihrer Arbeitsbedingungen verlangen, ist der Arbeitgeber allerdings auch künftig dazu verpflichtet, die Informationen schriftlich, also in originalunterzeichneter Form, zur Verfügung zu stellen.

Ferner sind bestimmte Arbeitnehmergruppen von den gesetzlichen Erleichterungen von vornherein ausgenommen. So soll die Möglichkeit eines Nachweises in Textform nicht für Arbeitnehmer:innen gelten, die in einem Wirtschaftsbereich oder Wirtschaftszweig nach § 2a Abs. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz tätig sind. Dies betrifft unter anderem das Baugewerbe, das Hotel- und Gaststättengewerbe oder die Logistikbranche. In diesen Bereichen wird die Beibehaltung der Schriftform (§ 126 BGB) hier zum Schutz der Arbeitnehmer:innen auch weiterhin als erforderlich angesehen.

So wirkt sich die Änderung des Nachweisgesetzes auf die Praxis aus

Schon nach der bisherigen Rechtslage können Arbeitsverhältnisse auch formfrei begründet werden. Lediglich der Nachweis über die wesentlichen Bedingungen des Vertragsverhältnisses muss momentan noch in schriftlicher Form erbracht werden. Sofern die geplanten Änderungen in Kraft treten, dürften diese die unternehmensinternen HR-Prozesse deutlich vereinfachen. Dies gilt umso mehr, da in der am 19. Juni 2024 beschlossenen Formulierungshilfe auch eine Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes vorgesehen ist, wonach die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Regelaltersgrenze künftig ebenfalls nur noch eine Vereinbarung in Textform voraussetzen soll. Da die Befristung von Arbeitsverträgen auf das Rentenalter inzwischen weitestgehend zum Standard gehört, hätte das für diesen Fall bislang noch geltende Schriftformerfordernis den praktischen Nutzen der im Nachweisgesetz vorgesehenen Änderungen ansonsten doch erheblich in Frage gestellt.

Wichtig ist allerdings: Sonstige Befristungsabreden erfahren keine Erleichterungen. Dasselbe gilt für andere außerhalb des Nachweisgesetzes bestehende Formerfordernisse, wie zum Beispiel die Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote. Zumindest insoweit wird beim Abschluss von Arbeitsverträgen also weiterhin besonderes Augenmerk gefordert sein, um die Gefahr formunwirksamer Vereinbarungen zu vermeiden.

 

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