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Symbolbild zu KI in der Rechtsabteilung: Menschliche Hand trifft Roboterhand
13.11.2025 | KPMG Law Insights

KI in der Rechtsabteilung implementieren – das sind die Erfolgsfaktoren

Künstliche Intelligenz (KI) nutzt der Rechtsabteilung nur dann, wenn sie richtig implementiert wird.

Die Technologie verspricht, zeitintensive Routinearbeiten zu automatisieren und die Qualität juristischer Arbeit durch datengestützte Analysen fundamental zu verbessern. Dieses enorme Potenzial wird jedoch nur freigesetzt, wenn eine Strategie dahintersteht. Hierfür sollten Rechtsabteilung, IT und das Change Management von Anfang an eng zusammenarbeiten. Das Team sollte zunächst realisierbare Anwendungsfälle identifizieren und messbare KPIs definieren.

 

Wo KI heute schon messbaren Mehrwert schafft: Konkrete Anwendungsfälle

Mit diesen Anwendungsfällen erzielen Jurist:innen bereits heute messbare Entlastung:

Vertragsprüfung und Risikoanalyse

  • Beschleunigte Prüfung von Standardverträgen: Durch den Einsatz von KI kann die Rechtsabteilung den Zeitaufwand für die Prüfung von NDAs, Standard-AGBs oder Einkaufsbedingungen von 45 auf nur 15 Minuten reduzieren. Die KI übernimmt dabei das schnelle Lesen, Markieren und Kategorisieren von Klauseln, sodass sich die Jurist:innen auf die kritischen Passagen konzentrieren können, die vom Standard abweichen. Dies hebt nicht nur die Effizienz, sondern reduziert auch menschliche Fehler bei Routineaufgaben.
  • Automatisierte Risikoerkennung: KI-Modelle können Klauseln auch anhand interner Vorgaben bewerten. Sie identifizieren kritische Klauseln, Abweichungen von internen Playbooks oder regulatorische Risiken in Echtzeit. Hier ist die KI in der Regel zuverlässiger als die manuelle Prüfung.
  • Effizientere Compliance-Prüfungen: ESG-Vorschriften und auch DORA machen datengetriebene Analysen erforderlich. Mit KI können diese bis zu 50 Prozent schneller durchgeführt werden. Die Technologie übertrifft menschliche Kapazitäten, indem sie riesige Mengen von Richtlinien, IT-Verträgen und Geschäftsprozesse schnell und konsistent gegen die neue Regulatorik abgleicht.

Datenanalyse und Sachverhaltserfassung

  • Blitzschnelle Sachverhaltserfassung: Bei internen Ermittlungen oder Rechtsstreitigkeiten müssen oft hunderte von Seiten gesichtet werden. KI kann daraus die entscheidenden Fakten extrahieren und Chronologien in Minuten statt Stunden erstellen.
  • Tiefgehende Vertragsportfolio-Analyse: KI kann tausende Verträge automatisiert auswerten und systematische Risiken aufdecken. Sie führt einen präzisen Abgleich von Haftungshöhen, Gewährleistungsfristen und möglichen Rückgriffsrechten zwischen Verkaufs- und Einkaufsverträgen durch.

Wissensmanagement und tägliche Assistenz

  • Wissenszugriff in Echtzeit: Intelligente FAQ-Bots können die Rechtsteams bei Anfragen von internen Stakeholdern entlasten. Die FAQ-Bots basieren auf den Daten des Unternehmens und können wiederkehrende Anfragen zu internen Richtlinien oder Prozessen sofort beantworten.
  • Effiziente Dokumentenerstellung: Große Sprachmodelle können in Sekunden erste Entwürfe für E-Mails, Memos oder Projektpläne generieren.

 

Grenzen und Trugschlüsse: Was Rechtsabteilungen realistisch erwarten können

Trotz ihrer beeindruckenden Leistungsfähigkeit ist KI kein Allheilmittel. Sie hat Grenzen, insbesondere wenn sie sicher und verantwortungsvoll eingesetzt werden soll.

  • KI ersetzt nicht den Menschen: Künstliche Intelligenz ist nur ein hochleistungsfähiger Assistent. Die strategische Einordnung, die finale Entscheidung und die rechtliche Verantwortung bleiben unersetzlich menschliche Kompetenzen. Rechtsabteilungen sollten definieren, bei welchen Prozessen der Mensch als letzte Kontrollinstanz und Qualitätssicherung fungiert.
  • Nutzung ohne fundiertes Verständnis von KI: Wer KI als eine Blackbox betrachtet, kann ihr volles Potenzial nicht ausschöpfen. Ohne ein fundiertes Verständnis der Funktionsweise, der Algorithmen und der Grenzen der KI können die Ergebnisse nicht kritisch bewertet werden. Daher sollten Unternehmen die Mitarbeitenden in den KI-Grundlagen schulen.
  • Nutzung ohne Daten: Eine KI ist keine magische Wissensdatenbank. Die Qualität von wissengestützten Aufgaben hängt direkt von der Qualität und Relevanz der ihr zugeführten Informationen ab. Ohne die Verwendung der relevanten Daten (Verträge, Richtlinien, frühere Fälle) und ohne klare Anweisungen (schematisches „Prompting“ oder sogenannte Playbooks) liefert sie in solchen Fällen nur generische Ergebnisse.

Darauf sollten Rechtsabteilungen bei der Implementierung von KI achten 

Daten-Silos und fehlende Konsistenz der Wissensbasis

Herausforderung: Verträge, Gutachten und interne Korrespondenz liegen oft in voneinander isolierten Systemen und in unstrukturierter Form vor. Dies erschwert die Nutzung dieser Informationen für KI-Anwendungen und die datenschutzkonforme Anbindung an eine konsistente Wissensbasis.

Lösung: Einführung einer strategischen Daten-Governance mit einer umfassenden Dateninventur. Ziel ist eine einheitliche Struktur und klare Regeln für die Speicherung, Verarbeitung und den Zugriff auf sensible Informationen.

 

Datensicherheit, rechtliche Vorgaben und Cloud-Nutzung

Herausforderung: Bei frei verfügbaren KI- oder Cloud-Lösungen besteht das Risiko, gegen rechtliche Vorgaben wie DSGVO, Anwaltsgeheimnis, Geschäftsgeheimnisgesetz sowie interne Richtlinien zum Umgang mit proprietärem Know-how zu verstoßen.

Lösung: Auswahl technischer Lösungen, die DSGVO-konforme, sichere Datenhaltung und -verarbeitung garantieren. Vertragliche und technische Sicherstellungen müssen gewährleisten, dass juristische Daten das definierte IT-System nicht verlassen, nicht für Modelltraining genutzt werden und die Rechtsabteilung jederzeit volle Kontrolle über den Datenzugriff behält.

 

Change Management und Akzeptanz

Herausforderung KI stellt die traditionelle Arbeitsweise in Frage. Nicht jeder Mensch ist gleich offen für Neues und nicht alle sind technikaffin.

Lösung: Der Wandel, den KI erfordert, ist ein langfristiges strategisches Projekt und sollte als solches kommuniziert werden. Statt einer allgemeinen Schulung sollten anwenderspezifische Trainings erfolgen, die konkrete Anwendungsfälle aus dem Arbeitsalltag unter Zuhilfenahme von KI effizienter bearbeiten und so nachweislich entlasten, zum Beispiel bei der Prüfung von NDAs. So erzielt man unmittelbare Quick-Wins, bei der die Jurist:innen einen direkten Mehrwert in ihrer täglichen Arbeit spüren. Dies erhöht die Akzeptanz. Wichtig ist, dass die Mitarbeitenden die Kontrollmechanismen verstehen und die KI souverän als Werkzeug steuern.

Integration in bestehende IT-Architektur – Allgemeine KI-Bots vs. Speziallösungen

Herausforderung: Unternehmen stehen vor der Aufgabe, KI-Lösungen so zu integrieren, dass sie bestehende Prozesse nahtlos unterstützen. Allgemeine KI-Bots bieten eine beeindruckende Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten – von der Textumformulierung über die Prüfung von NDAs bis hin zur Analyse von Verhaltenskodizes. Sie sind in vielen Organisationen bereits etabliert. Ihre Vielseitigkeit macht sie zu einem wertvollen Werkzeug im Arbeitsalltag, auch wenn die technische Anbindung an bestehende Systeme nicht immer vollständig ist. Speziallösungen hingegen sind hochgradig auf einzelne Aufgaben zugeschnitten, arbeiten diese besonders effizient ab und verfügen oft über passgenaue Schnittstellen zu relevanten Systemen wie Dokumenten-Management, ERP oder E-Mail-Clients.

Lösung: Die Auswahl zwischen allgemeinem KI-Bot und Speziallösung sollte sich an den konkreten Anwendungsfällen orientieren. Allgemeine KI-Bots entfalten ihren Wert durch die breite Unterstützung verschiedenster Aufgaben und die spürbare Entlastung im Tagesgeschäft. Speziallösungen punkten durch ihre präzise Ausrichtung und die tiefe Integration in bestehende Systeme, wodurch sie in ihrem Einsatzbereich besonders leistungsfähig sind. Beide Ansätze können erheblichen Mehrwert schaffen, sei es durch Zeitgewinn, Qualitätssteigerung oder die Optimierung von Abläufen. Ein klar definiertes Zielbild der Legal-Tech-Architektur stellt sicher, dass die gewählte Lösung optimal in die IT-Landschaft eingebettet wird und die zentralen Prozesse nachhaltig unterstützt.

Die entscheidenden Erfolgsfaktoren

Der Wandel hin zur KI-gestützten Rechtsabteilung erfordert die Integration von Technologie, Strategie und Mensch.

  • Strategie und Daten: Der Erfolg beginnt mit einer Strategie. Es sollte klar definiert werden, welche konkreten Probleme die KI lösen soll und welchen messbaren Mehrwert sie liefern sollte. Die bloße Anschaffung eines Tools führt selten zum Ziel. Eine erfolgreiche Strategie berücksichtigt die vorhandenen Wissensquellen von Anfang an als kritischen Erfolgsfaktor und sorgt für eine nachhaltige Datenarchitektur.
  • Menschliche Expertise: Technologie ist nur so gut wie die Menschen, die sie anwenden. Der Erfolg hängt entscheidend davon ab, dass die Mitarbeitenden die Funktionsweise, die Grenzen und die notwendigen Kontrollmechanismen verstehen. Investitionen in die Technologie sollten mit Investitionen in die gezielte Schulung und Weiterentwicklung der juristischen Mitarbeitenden einhergehen, damit diese die KI souverän als Werkzeug steuern können.

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