Suche
Contact
03.12.2021 | KPMG Law Insights

Die Auswirkungen des Koalitionsvertrags 2021 auf das Steuerstrafrecht

In dem am 24. November 2021 vorgestellten Koalitionsvertrag legen SPD, Grüne und FDP ein umfassendes Steuerprogramm für die kommende Legislaturperiode vor, das auch Einflüsse auf das Steuerstrafrecht hat. Die zukünftige Ampel-Regierung strebt eine faire nationale und internationale Besteuerung an. Gerechte Steuern seien die Basis für die staatliche Handlungsfähigkeit. Dazu gehöre insbesondere auch die konsequente Verfolgung und Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. Zur Erreichung dieser Ziele setzt die neue Bundesregierung vor allem auf organisatorische Maßnahmen und Digitalisierung.

Organisatorische und personelle Stärkung

Im Bundesfinanzministerium soll das strategische Vorgehen gegen Steuerhinterziehung organisatorisch und personell gestärkt werden. Aber auch beim Zoll (Stichwort „Schwarzarbeit“), bei dem Bundeszentralamt für Steuern, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen und der Financial Intelligence Unit ist eine Verstärkung des Personals geplant. Es ist zu erwarten, dass hierdurch der Trend der konsequenten Verfolgung von Steuerstraftaten und der Zunahme von Steuerstraf- und Bußgeldverfahren weiter verstärkt wird.

Digitalisierung

Die Steuerprüfung soll modernisiert und beschleunigt werden, insbesondere durch verbesserte Schnittstellen, Standardisierung und den sinnvollen Einsatz neuer Technologien. Eine neue zentrale Organisationseinheit auf Bundesebene, das Steuerforschungsinstitut, soll der Steuerevaluierung dienen und einen Überblick über entgangene Steuereinnahmen aufgrund von Steuerhinterziehung und Steuergestaltung schaffen. Damit soll die Grundlage für eine evidenzbasierte Gesetzgebung verbessert werden.

Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung

Beim Kampf gegen Steuerhinterziehung und aggressive Steuervermeidung soll Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen. Im Bereich der besonders betrugsanfälligen Umsatzsteuer soll schnellstmöglich ein einheitliches bundesweites Meldesystem eingeführt werden, das für die Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen verwendet wird. Außerdem will sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für ein endgültiges Mehrwertsteuersystem einsetzen. Dies könnte in Gestalt des Reverse-Charge-Verfahrens entstehen, welches insbesondere den Steuerbetrug durch Umsatzsteuerkarusselle verhindert.

Sobald es zu einem Verstoß gegen steuerliche Pflichten kommt, will der Staat erlittene Steuerschäden konsequenter zurückfordern und einziehen. Missbräuchliche Dividendenarbitragegeschäfte sollen durch neue technische Möglichkeiten und den Austausch von Daten zwischen der Finanzaufsicht und den Steuerbehörden bei Verdachtsfällen unterbunden werden.

Zuletzt sollen Steuerstraftaten nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene bekämpft werden. Die Regierung formuliert in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel einer globalen Steuergerechtigkeit. Neben der Einführung der globalen Mindestbesteuerung will sie sich dafür einsetzen, die EU-Liste für Steueroasen ständig auf aktuellem Stand zu halten. Die bereits bestehenden Systeme zum internationalen Austausch über Finanzkonteninformationen CRS und FATCA sollen ausgeweitet werden. Bisher mögliche Umgehungshandlungen in diesem Kontext sollen durch die Umsetzung der entsprechenden OECD-Regelungen in Zukunft vermieden werden.

Mitteilungspflicht für nationale Steuergestaltungen

Die Mitteilungspflicht nach §§ 138d ff. AO gilt bisher nur für Intermediäre bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen. In Zukunft sollen (potenziell) aggressive Steuerplanungen auch bei nationalen Steuergestaltungen frühzeitig erkannt werden. Dafür wird die Mitteilungspflicht für Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Millionen Euro auf nationale Steuergestaltungen ausgeweitet.

Unternehmenssanktionen, Compliance-Pflichten und interne Untersuchungen

Das Thema der Unternehmenssanktionierung steht auch nach dem Scheitern des Verbandssanktionengesetzes weiterhin auf der politischen Agenda. Die Vorschriften der Unternehmenssanktionen einschließlich der Sanktionshöhe sollen überarbeitet (sprich „verschärft“) werden, um die Rechtssicherheit von Unternehmen im Hinblick auf Compliance-Pflichten zu verbessern und für interne Untersuchungen einen präzisen Rechtsrahmen zu schaffen. Ob damit ein Verbandssanktionengesetz in neuem Gewand geplant ist oder die bestehenden Regelungen punktuell geändert werden sollen, ist noch offen. Fest steht jedenfalls, dass die Verschärfung der Regelungen zur Unternehmenssanktionierung erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen haben wird.

Fazit

Die Stoßrichtung der neuen Ampel-Regierung ist eindeutig und folgt dem Trend der letzten Jahre: Die konsequente Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerstraftaten. Auch wenn es sich bislang nur um politische Absichtserklärungen handelt, so ist zu erwarten, dass diese auch kurzfristig umgesetzt werden. Für Privatpersonen und Unternehmen gilt daher zukünftig noch mehr als bisher, dass steuerliche Verfehlungen schnell in Steuerstraf- oder Bußgeldverfahren münden können. Vor diesem Hintergrund ist eine effektive Tax-Compliance unerlässlich. Sollte es dennoch zu einem Verstoß gegen steuerliche Pflichten kommen, bleiben die interne Aufklärung steuerrechtlicher Sachverhalte und eine Ausgestaltung von steuerlichen Berichtigungen im Unternehmenskontext als Selbstanzeige weiterhin das Mittel der Wahl.

Sprechen Sie gerne unsere Experten im Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht an:

Dr. Heiko Hoffmann, Arndt Rodatz, Philipp Schiml, Jochen Maier, Günter Graeber, Sebastian Bothe, Christian Judis, Barnim von Gemmingen, Cristian Barbieri, Volodymyr Izrailevych, Katharina Beckmann.

Explore #more

29.11.2023 | KPMG Law Insights

Energiewende eröffnet auch Geschäftschancen

Der aufwendige, kapitalintensive Transformationsprozess der Energiewirtschaft bietet Investoren und Kreditinstituten viel Potential Von Lars Christian Mahler und Marc Goldberg für Börsen-Zeitung, 29.11.2023 Der Beitrag von…

29.11.2023 | KPMG Law Insights

Gastbeitrag in der ZURe – KI und die Rechtsabteilung von morgen

In der aktuellen Ausgabe der ZURe (S.48 ff.) findet sich ein Gastbeitrag von und KPMG Partnerin Sina Steidel-Küster (Regionalvorständin Südwest, Standortleiterin Stuttgart) und KPMG Law…

29.11.2023 | KPMG Law Insights

Der Data Act kommt – finale Verabschiedung durch den Rat

Am 27. November 2023 hat nach dem Europäischen Parlament nun auch der Europäische Rat den Data Act angenommen. Damit ist dieser final verabschiedet. Die EU-Kommission…

28.11.2023 | KPMG Law Insights

Podcast-Serie „KPMG Law on air“: Earn-outs in M&A-Transaktionen

In Zeiten einer niedrigen oder unsicheren Konjunkturentwicklung halten sich Unternehmen mit Investitionen eher zurück und stehen nicht unbedingt Schlange, wenn andere Unternehmen zum Verkauf stehen.…

28.11.2023 | KPMG Law Insights

Podcast-Serie „KPMG Law on air“: So kann die öffentliche Hand klimaverträglich bauen

Was in Norwegen und in den Niederlanden schon gängige Praxis ist, ist in Deutschland noch Neuland: die Berücksichtigung der CO2e-Emissionen bei der Entscheidung über die…

27.11.2023 |

JUVE Rechtsmarkt 12/2023 – KPMG Reallabor

In der aktuellen Ausgabe des JUVE Rechtsmarkts findet sich im Artikel „Training macht den Meister“ (S. 23 ff.) ein Überblick über die Nutzung von generativer…

24.11.2023 | KPMG Law Insights

GEG 2024: Viele neue Pflichten, nicht nur für Heizungen

Am 1. Januar 2024 treten zahlreiche Neuregelungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in Kraft. Das Gesetz soll einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele (Klimaneutralität bis…

21.11.2023 |

Gastbeitrag in der ZURe zur Umsetzung der CSRD-Berichterstattung in KMU

In der aktuellen Ausgabe der ZURe (S.34 ff.) findet sich ein Gastbeitrag von Lena Plato (Director Legal & Compliance, FLABEG Automotive Group GmbH), KPMG Law…

20.11.2023 | Pressemitteilungen

Statement von KPMG Law Experten im Handelsblatt zum Thema Nachhaltigkeitskooperationen im Kartellrecht

Im Handelsblatt wird KPMG Law Experte Jonas Brueckner ausführlich zum Thema Kooperationen im Sinne der Nachhaltigkeit zitiert. Bis zu diesem Sommer herrschte in den Rechtsabteilungen…

15.11.2023 |

Legal 500 – Country Comparative Guide Germany

Gerrit Rixen und Jonas Brueckner geben auf Legal 500 in einem praxisnahen Leitfaden einen Überblick über die relevanten rechtlichen Regelungen im Bereich Competition & Litigation.…

Kontakt

Dr. Heiko Hoffmann

Partner
Standortleiter München
Leiter Steuerstrafrecht

Friedenstraße 10
81671 München

tel: +49 89 59976061652
HHoffmann@kpmg-law.com

Dr. Jochen Maier

Senior Manager

Heinrich-von-Stephan-Straße 23
79100 Freiburg im Breisgau

tel: +49 761 76999910
jmaier@kpmg-law.com

Arndt Rodatz

Partner
Leiter Steuerstrafrecht

Fuhlentwiete 5
20355 Hamburg

tel: +49 40 360994 5081
arodatz@kpmg-law.com

Philipp Schiml

Partner

Tersteegenstraße 19-23
40474 Düsseldorf

tel: +49 211 4155597150
pschiml@kpmg-law.com

© 2023 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll