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29.04.2021 | KPMG Law Insights

Das neue Entgelttransparenzgesetz ist in Kraft – Was für betroffene Unternehmen jetzt wichtig ist

Das neue Entgelttransparenzgesetz ist in Kraft – Was für betroffene Unternehmen jetzt wichtig ist

Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) ist am 6. Juli 2017 in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist die Durchsetzung eines gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit. Zentrales Instrument dafür ist ein Auskunftsanspruch für Beschäftigte. Das Gesetz bestimmt zudem Berichtspflichten und Prüfverfahren für bestimmte Unternehmen.

Anlass: Handlungsbedarf zur Überwindung bestehender Entgeltunterschiede zwischen Frauen und Männern

Das Gesetz soll – in Umsetzung der Empfehlung der EU-Kommission vom 7. März 2014 zur Stärkung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer – mehr Transparenz über betriebliche Entgeltstrukturen und die Maßstäbe der Arbeitsbewertung schaffen, um Entgeltdiskriminierung effektiv zu beseitigen und zu verhindern.

Wesentliche Inhalte: Auskunftsanspruch, Berichtspflicht und Einführung von betrieblichen Prüfverfahren

Vereinbarungen, die gegen das Verbot der Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts verstoßen, sind unwirksam. Das EntgTranspG bestimmt zur Durchsetzung des Verbots drei Instrumente: (1) einen individuellen Auskunftsanspruch; (2) betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit sowie (3) eine Berichtspflicht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit von Frauen und Männern.

(1) Der Auskunftsanspruch besteht (nur) in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber sowie für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Dienststellen mit mehr als 200 Beschäftigten. Er kann erstmals sechs Monate nach Inkrafttreten des EntgTranspG, also am 6. Januar 2018, geltend gemacht werden; danach generell alle zwei Jahre. Das Auskunftsbegehren ist in Textform zu fassen; es ist bei tarifanwendenden Arbeitgebern generell an den Betriebsrat und bei sonstigen Arbeitgebern an diesen selbst zu richten. Umfasst sind das Vergleichsentgelt sowie bis zu zwei einzelne Entgeltbestandteile. Die Auskunft ist binnen drei Monaten zu erteilen. Das Vergleichsentgelt ist anzugeben als „auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median“ des durchschnittlichen Monatsbruttoentgelts. Erfüllt der Arbeitgeber das Auskunftsverlangen nicht, trägt er bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorliegt. Die Beweislastumkehr gilt jedoch nicht für tarifanwendende Arbeitgeber, die auch bei der Angabe der Kriterien und Verfahren sowie der Ermittlung des Vergleichsentgelts Privilegien genießen. Arbeitgeber sind verpflichtet, nach Geschlecht und Entgeltbestandteilen aufgeschlüsselte Entgeltlisten zu pflegen, in die der Betriebsrat zur Erfüllung seiner Aufgaben Einblick verlangen darf und muss. Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass er die datenschutzrechtlichen Vorgaben einhält und dass nur die mit der Beantwortung betrauten Personen Kenntnis von den auskunftsrelevanten Daten erlangen. Das Vergleichsentgelt ist daher nicht anzugeben, wenn die Vergleichstätigkeit von weniger als sechs Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts ausgeübt wird. Ergibt die Auskunft eine (potentielle) Entgeltdiskriminierung, enthält das EntgTranspG selbst zwar keinen „Gehaltsanpassungsanspruch“. Ein solcher kann sich jedoch aus § 15 Abs. 2 AGG ergeben, wenn eine Benachteiligung vorliegt. In diesem Rahmen haben Unternehmen die Indizwirkung einer „nachteiligen“ Auskunft nach § 22 AGG mit der Folge der Beweislastumkehr zu beachten.

(2) Das betriebliche Prüferfahren betrifft private Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten. Zwar ist die Durchführung freiwillig, liegt jedoch mit Blick auf die eigene Reputation im Konkurrenzkampf um Fachkräfte regelmäßig im Interesse des Unternehmens. Zudem werden gerade größere Unternehmen ohne Prüfverfahren Schwierigkeiten bekommen, die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots darlegen zu können. In der Ausgestaltung der Prüfverfahren sind die Unternehmen im Wesentlichen frei, solange sie „valide statistische Methoden“ verwenden. Ergeben sich Entgeltdiskriminierungen, hat der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zur Beseitigung zu ergreifen.

(3) Von der Berichtspflicht betroffen sind lageberichtspflichtige Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Sie haben in dem Bericht Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern und deren Wirkungen sowie Maßnahmen zur Herstellung von Entgeltgleichheit für Frauen und Männer darzustellen. Der Bericht muss zudem nach Geschlecht aufgeschlüsselte Angaben zu der durchschnittlichen Gesamtzahl der Beschäftigten sowie zu der durchschnittlichen Zahl der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten enthalten. Tarifanwendende Unternehmen haben den Bericht alle fünf Jahre, alle anderen Arbeitgeber alle drei Jahre zu erstellen, erstmals im Jahr 2018. Der Bericht ist dem Lagebericht als Anlage beizufügen und im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Fehlerhafte Berichte können negative Auswirkungen auf den Bestätigungsvermerk der Abschlussprüfer haben.

Rechtliche Fallstricke und Anpassungsbedarf

Das EntgTranspG birgt Unklarheiten – und somit Risiken für Unternehmen.

a) Was ist „gleichwertige Arbeit“?

Das Gesetz verbietet Entgeltdiskriminierung bei „gleicher oder gleichwertiger Arbeit“. Die Definition in § 4 EntgTranspG lässt einen weiten Beurteilungsspielraum zu. Demnach ist eine Gesamtheit von Faktoren, wie Art der Arbeit, deren Ausbildungsanforderungen oder die Arbeitsbedingungen, zu Grunde zu legen. Die Bestimmung wird gerade Unternehmen, deren Mitarbeiter vorrangig geistige, nicht ausschließlich nach objektiven Kriterien zu beurteilende Arbeit leisten, Probleme bereiten und verkompliziert sich nochmals bei Führungskräften. Aus diesem Grund – und da sich der Auskunftsanspruch auch auf die Angabe zu den Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung erstreckt – sollten Unternehmen klar definierte Vergütungsstrukturen schaffen, die geschlechtsunabhängig und transparent die zu berücksichtigenden Faktoren für die jeweiligen Tätigkeiten benennen und gewichten.

b) Bestimmung des Vergleichsentgelts

Auch die Bestimmung der Vergleichsgruppe und mitunter komplexe Berechnung des Vergleichsentgelts wird häufig Probleme bereiten. Anhand der vorgenannten Kriterien muss der Arbeitgeber die Vergleichstätigkeit und die entsprechende Beschäftigtengruppe ermitteln, den jeweiligen durchschnittlichen Bruttomonatslohn der zur Vergleichsgruppe gehörenden Beschäftigten unter Berücksichtigung sämtlicher Lohnbestandteile berechnen und den statistischen Median ermitteln. Dies ist das Vergleichsentgelt, das in einer nach Höhe sortierten Reihenfolge den mittleren Platz einnimmt – was dessen Aussagekraft schmälert. Die Entscheidung, welche Beschäftigte zur Vergleichsgruppe zählen, entscheidet über den Median. Auch die Berechnung des Bruttomonatsentgelts kann sich mitunter kompliziert gestalten. Die Berechnungsgrundlagen und -verfahren sowie die Vergütungsbestandteile sollten daher vorher festgelegt und definiert werden. Nicht zuletzt, um aus Gründen der Gleichbehandlung jedem Auskunftsersuchen eine gleichartige Berechnung zu Grunde zu legen.

c) Datenschutz

Schließlich hat ein Arbeitgeber datenschutzrechtliche Vorgaben zu beachten, wodurch insbesondere die Auskunftspflicht, aber auch die Prüfverfahren und Berichtspflicht, zu einem „Drahtseilakt“ werden können. So ist der Arbeitgeber einerseits zur Auskunft mit allen oben ausgeführten Elementen verpflichtet, hat auf der anderen Seite aber den Schutz personenbezogener Daten aller Betroffenen zu wahren und sicherzustellen, dass nur die mit der Beantwortung betrauten Personen Kenntnis von den hierfür notwendigen Daten erlangen. Auch aus diesem Grund ist wichtig die frühzeitige Entwicklung und Schaffung von (1) geschlechtsneutralen Vergütungsstrukturen, (2) Konzepten zur Regelung des Verfahrens der Auskunftserteilung sowie der zugrunde-liegenden Datenermittlungen und -auswertungen unter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen, (3) stringenten, transparenten und datenschutzkonformen Zuständigkeitsstrukturen sowie (4) klaren internen Kommunikationsstrategien, die den Beschäftigten das Auskunftsverfahren und die Zuständigkeiten verständlich vermitteln.

Fazit

Betroffene Unternehmen sollten spätestens jetzt damit beginnen, entsprechende Konzepte zu entwickeln und zeitnah umzusetzen sowie gegebenenfalls entsprechende Vergütungsstrukturen schaffen. Bei Fragen zur adäquaten Konzeptionierung und Implementierung der Prozesse und Vergütungsstrukturen nach Maßgabe der Anforderungen des EntgTranspG unterstützen wir Sie gerne – sprechen Sie uns an!

Prozessberatungsleistungen zum Entgelttransparenzgesetz erbringt die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Bitte klicken Sie hier.

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