I. Gefahr verdeckter Gewinnausschüttungen
Werden Immobilien über Kapitalgesellschaften gehalten und von einem Gesellschafter oder von diesem nahestehenden Personen (z.B. Familienmitgliedern) genutzt, so ist der hieraus entstehende Vorteil fremdüblich im Sinne einer Miete zu vergüten. Erfolgt eine solche Vergütung nicht, so liegen in der Regel in Höhe einer fiktiven Miete verdeckte Gewinnausschüttungen auf Ebene der Gesellschaft und grundsätzlich steuerpflichtige Dividenden auf Ebene des Gesellschafters vor. Vor diesem Hintergrund sollten entsprechende Strukturen im In- und Ausland steuerlich aufgearbeitet und die notwendigen Schritte aus dem Ergebnis abgeleitet und umgesetzt werden.
Rechtsprechung des BFH
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 12. Juni 2013 (Az. I R 109-111/10) entschieden, dass bei einer spanischen Kapitalgesellschaft, die eine privat genutzte Ferienimmobilie in Spanien hält, verdeckte Gewinnausschüttungen in Form von ersparten Mietaufwendungen an die Gesellschafter vorliegen. Dieses Urteil hat der BFH durch drei weitere Urteile, jeweils vom 27. Juli 2016, bestätigt (Az. I R 8/15, I R 12/15 und I R 71/15) und sich ergebende Auswirkungen weiter konkretisiert.
Bisherige Handhabung
Bis zu dem genannten BFH-Urteil im Jahr 2013 war man weitgehend davon ausgegangen, dass die private Nutzung einer Ferienimmobilie, welche über eine speziell hierfür gegründete Kapitalgesellschaft im Ausland gehalten wird, einen steuerrechtlich „nicht relevanten“ sog. Liebhabereibetrieb darstelle, da eine ausländische Kapitalgesellschaft nicht unbedingt gewerbliche Einkünfte erzielen müsse (vgl. hierzu FG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2010, 3 K 1239/09 E, EFG 2011, 556).
Insbesondere Ferienimmobilien betroffen
Da es im europäischen und außereuropäischen Ausland vielerorts Erwerbsbeschränkungen für Ausländer gab und teilweise immer noch gibt, behalf man sich häufig mit der Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft, welche als juristische Person das gewünschte Feriendomizil erwarb. Wirtschaftlich wie auch steuerlich wurde die zwischengeschaltete Gesellschaft in solchen Fällen meistens, zumindest teilweise, ignoriert.
Steuerliche und strafrechtliche Konsequenzen
Wird ein Sachverhalt durch die Finanzbehörden aufgegriffen, in dem es wie zuvor beschrieben zu verdeckten Gewinnausschüttungen gekommen ist, so wird die „ortsübliche Miete“ als Mindestwert gewinnerhöhend beim steuerlichen Ergebnis der Gesellschaft hinzugerechnet und gleichzeitig als grundsätzlich zu versteuernde Dividende des Gesellschafters dessen Einkünften hinzugerechnet. Soweit die jährlichen Kosten der Immobilie zzgl. eines angemessenen Gewinnaufschlags höher sind, ist nach der Rechtsprechung des BFH dieser Betrag als fiktive Miete anzusetzen. Der jährlich zu versteuernde Nutzungsvorteil kann dadurch sogar über der tatsächlich ortsüblichen Miete liegen.
Soweit der Ort der Geschäftsleitung der im Ausland gegründeten Immobiliengesellschaft tatsächlich in Deutschland liegt, kann Deutschland zudem die fiktiven Einkünfte aus der Vermietung auf Ebene der Gesellschaft besteuern. Andernfalls ist zu prüfen, inwieweit eine fiktive Miete im Ausland bei der Gesellschaft zu versteuern ist.
Hat der Steuerpflichtige einen solchen Sachverhalt dem zuständigen Finanzamt nicht angezeigt, kann dies neben einer Steuernachzahlung steuerstrafrechtliche Konsequenzen oder ein Bußgeld nach sich ziehen.
II. Ermittlungen der Finanzbehörden
Bisher sind insbesondere Feriendomizile in Spanien und Italien in das Visier der deutschen Finanzbehörden geraten. Aufgrund der Entwicklungen im Bereich des automatischen Informationsaustausches zwischen den Finanzbehörden verschiedener Länder und den erweiterten Offenlegungspflichten für Steuerpflichtige besteht für die Finanzbehörden ein immer größer werdender Informationsfluss. Damit einhergehend nimmt auch der Umfang der durch die Finanzämter aufgegriffenen Sachverhalte zu und weitet sich auf andere Länder, die an dem Informationsaustausch teilnehmen, aus.
Automatischer Informationsaustausch (AIA) betreffend Steuerdaten
Der mittlerweile globale OECD-Standard des automatischen Austauschs von Steuerinformationen über Finanzkonten wird weltweit in den meisten Ländern in 2018 umgesetzt. Einige Länder, wie beispielsweise Spanien, Italien, Frankreich, Griechenland, aber auch die britischen Jungferninseln bzw. British Virgin Islands, haben sich als sog. „Early Adopters“ verpflichtet, den automatischen Informationsaustausch bereits 2017 durchzuführen (Meldung erstmalig am 30. September 2017 betreffend Daten aus dem Jahr 2016).
Der AIA-Standard verlangt beispielsweise von Finanzinstituten (z.B. Banken) in teilnehmenden Ländern alle Kunden zu identifizieren, welche in einem anderen teilnehmenden Land ansässig sind. Dies gilt in bestimmten Konstellationen auch für die beherrschenden Personen von Rechtsträgern (Gesellschaften/Trusts/ Stiftungen). Sobald eine meldepflichtige Person identifiziert wird erhalten die Steuerbehörden im Ansässigkeitsland der meldepflichtigen Person gesammelt die entsprechenden Daten.
Meldepflichten nach Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG)
Infolge der Veröffentlichung der sog. „Panama Papers“ im April 2016 ist die Offenlegung der hinter Domizilgesellschaften (sog. Briefkastenfirmen) stehenden Begünstigten verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit und der Politik gerückt. Im Zuge dessen will der Gesetzgeber mit einem neuen Gesetz (Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung – StUmgBG) die Möglichkeiten der Finanzbehörden zur Feststellung entsprechender Sachverhalte verbessern. Dies soll das StUmgBG mit der Schaffung von Transparenz über „beherrschende“ Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger schaffen. In diesem Zusammenhang soll auch das steuerliche Bankgeheimnis aufgehoben werden. Insgesamt soll durch die Erweiterung von bußgeldbewehrten Mitteilungs-, Anzeige- und Auskunftspflichten der Datenaustausch für die Finanzbehörden in Deutschland weiter gestärkt werden.
Darüber hinaus soll eine Steuerhinterziehung durch verdeckte Geschäftsbeziehungen zu vom Steuerpflichtigen beherrschten Drittstaat-Gesellschaften in den Katalog der besonders schweren Steuerhinterziehung aufgenommen werden.
Ein besonders schwerer Fall läge dann grundsätzlich auch vor, wenn Immobilien über eine Gesellschaft im Ausland gehalten werden und hierdurch Steuern hinterzogen wurden.
Weitere Informationen zu diesem Thema können der Mandanteninfo Juni 2017 „Verstärkte Offenlegungspflichten – verstärkte Sanktionen“ entnommen werden.
III. Hinweise
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen kann es unter steuerlichen Gesichtspunkten sinnvoll sein, eine Auflösung von sog. Immobiliengesellschaften zu erwägen und eine solche Struktur abzuwickeln. In jedem Fall ist eine hinreichend detaillierte Mitteilung des Sachverhalts gegenüber dem zuständigen Finanzamt erforderlich. Dies gilt auch für den Fall der Auflösung von sog. Immobiliengesellschaften.
In vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und auch in einigen Drittstaaten wird die private Nutzung von über Kapitalgesellschaften gehaltenen Immobilien durch Gesellschafter ebenfalls als verdeckte Gewinnausschüttung gesehen. In diesen Fällen besteht auch im Ausland dringender Handlungsbedarf.
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