Wenn ein Mieter den Überweisungsauftrag für die Miete bis zum dritten Werktag eines Monats erteilt, reicht dies für eine rechtzeitige Zahlung aus. Dies gilt jedoch nicht im Bereich des gewerblichen Mietrechts.
Urteil des BGH vom 5. Oktober 2016
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden, dass es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung genügt, wenn der Mieter seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag bis zum dritten Werktag eines Monats erteilt (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2016, VIII ZR 222/15). Dieses Urteil bezog sich auf ein Wohnraummietverhältnis. Dagegen ist es im Bereich des gewerblichen Mietrechts vor dem Hintergrund der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug (nachfolgend „Zahlungsverzugsrichtlinie“) entscheidend, dass die Miete dem Konto des Vermieters am fraglichen Tag gutgeschrieben wird.
Ausgangsfall
Eine Mieterin zahlte in mehreren aufeinanderfolgenden Monaten ihre Miete spätestens am dritten Werktag des Monats bar bei ihrem Zahlungsdienstleister, der Deutsche Post AG, ein und erteilte zugleich einen Überweisungsauftrag. Die Miete ging bei der Vermieterin erst nach dem dritten Werktag ein, woraufhin die Vermieterin das Mietverhältnis wegen verspäteter Mietzahlungen fristlos, hilfsweise fristgerecht kündigte. Die Kündigung erfolgte unter Verweis auf § 4 des Mietvertrages, welcher unter anderem ausführte, dass die Miete „monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats an den Vermieter… zu zahlen“ sei und es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung „nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes“ ankäme.
Urteilsgründe
Der BGH sah die Kündigungen als unwirksam an, weil die Mieterin die Miete jeweils pünktlich spätestens am dritten Werktag des Monats gezahlt habe. Gemäß § 556b Abs. 1 BGB sei entscheidend, dass die Mieterin die Leistungshandlung (Überweisungsauftrag) jeweils bis zu diesem Zeitpunkt vorgenommen habe. Auf einen späteren Eingang der Miete bei der Vermieterin komme es hingegen nicht an.
Auch aus der vorgenannten mietvertraglichen Regelung ergibt sich nach Auffassung des BGH keine andere Bewertung. Die Formularklausel sei gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der Mieterin unwirksam, weil sie abweichend von § 556b Abs. 1 BGB dem Mieter das Risiko von Zahlungsverzögerungen im Überweisungsverkehr auferlege, die durch den Zahlungsdienstleister verursacht worden sind.
Hintergründe
§ 556b BGB
Der BGH führt in seiner Urteilsbegründung weiter aus, dass die Miete gemäß § 556b Abs. 1 BGB zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag des Zeitabschnitts zu entrichten ist, nach dem sie bemessen ist. Dies entspricht dem ersten Teil der Klausel in § 4 des Mietvertrages, wonach die Miete spätestens am dritten Werktag an den Vermieter zu zahlen ist. Der Begriff des Entrichtens ist als Synonym für das Bezahlen zu verstehen und auch die Gesetzesmaterialien zu § 556b Abs. 1 BGB enthalten keinen Hinweis darauf, dass der Eingang der Miete auf dem Konto des Vermieters für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung maßgeblich sein soll.
Zahlungsverzugsrichtlinie
Entgegen der Ansicht einzelner Instanzgerichte ändert nach Auffassung des BGH die Zahlungsverzugsrichtlinie an dieser Bewertung nichts.
So hatte z.B. das Landgericht Lüneburg mit Urteil vom 28. April 2015, 9 S 109/14, aus der Zahlungsrichtlinie und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hergeleitet, dass die Mietschuld als (modifizierte) Bringschuld anzusehen sei und die Wohnraummiete bis zum dritten Werktag des Monats dem Konto des Vermieters gutgeschrieben sein müsse. Diese Herleitung betrachtet der BGH unter anderem deswegen als verfehlt, weil Mietverträge mit Verbrauchern nicht dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterfallen. Diese soll der Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr dienen und ist daher in Ihrer Anwendung auf den Zahlungsverkehr zwischen Unternehmen beschränkt.
Auswirkungen des Urteils auf Gewerberaummietverträge
Im Bereich des gewerblichen Mietrechts ist hingegen der Anwendungsbereich der Zahlungsrichtlinie eröffnet, weil der Zahlungsverkehr zwischen Unternehmen betroffen ist. Für diesen Bereich hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der Zeitpunkt, welcher für die Beurteilung maßgeblich ist, ob eine Zahlung durch Banküberweisung als rechtzeitig bewirkt anzusehen ist, der Zeitpunkt ist, zu dem der geschuldete Betrag auf dem Konto des Gläubigers gutgeschrieben wird (EuGH, Urteil vom 3. April 2008, C-306/06, Slg. 2008, I-1923, Rn. 28). Demnach muss vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung bei gewerblichen Mietverträgen die Miete bis zum dritten Werktag des Monats bei der Bank des Vermieters eingegangen bzw. seinem Konto gutgeschrieben worden sein.
Allerdings treffen den Schuldner im Falle eines Verzuges die Verzugsfolgen gemäß der Zahlungsverzugsrichtlinie dann nicht, wenn er für den Zahlungsverzug nicht verantwortlich ist, vgl. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b Halbsatz 2 der Zahlungsverzugsrichtlinie. Demnach darf auch nach der Zahlungsverzugsrichtlinie der Schuldner nicht für Verzögerungen im Überweisungsverkehr verantwortlich gemacht werden, welche im Bereich der beteiligten Banken liegen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Zahlungsverzug nicht Folge des Verhaltens des Mieters ist und er den üblicherweise für die Durchführung der Banküberweisung erforderlichen Fristen sorgfältig Rechnung getragen hat (EuGH, Urteil vom 3. April 2008, C-306/06, aaO, Rn. 30)
Formularvertragliche Regelungen betreffend den Zeitpunkt der Mietzahlung in Gewerberaummietverträgen
Viele Muster von gewerblichen Mietverträgen beinhalten Klauseln, welche für die Rechtzeitigkeit der Zahlung der Miete auf den Eingang des Geldes auf dem Konto des Vermieters abstellen. Auch vor dem Hintergrund des zuvor zitierten Urteils des BGH bestehen gegen solche Klauseln keine Wirksamkeitsbedenken, weil im Bereich des gewerblichen Mietrechts der Anwendungsbereich der Zahlungsrichtlinie eröffnet ist.
Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Gewerberaummieter gemäß der Zahlungsverzugsrichtlinie dann nicht für Verzögerungen des Überweisungsverkehrs verantwortlich ist, wenn der Grund für die Verzögerung im Bereich der beteiligten Banken liegt, sollte die vorgenannte Klausel wonach es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung der Miete auf den Eingang des Geldes auf dem Konto des Vermieters ankommt dahingehend eingeschränkt werden, dass dies dann nicht gelten kann, wenn der Mieter die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Die hierin liegende Beweislastregelung zum Nachteil des Mieters dürfte nicht unangemessen benachteiligend sein.
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