Seit dem 24. März 2020 liegt ein Gesetzesentwurf der Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vor (BT-Drs. 19/18110), der am 25. März 2020 im Bundestag angenommen wurde. Nach der für den 27. März 2020 geplanten Befassung im Bundesrat soll das Gesetz kurzfristig in Kraft treten. In Bezug auf Miet- und Pachtverhältnisse regelt der Entwurf, dass Mieter, die infolge der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie aktuell im Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 nicht ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen können, seitens der Vermieter und Verpächter deswegen nicht gekündigt werden können. Die auf diese Weise nur gestundeten Miet- und Pachtrückstände müssen bis 30. Juni 2022 nachgezahlt werden, ansonsten entfällt der Kündigungsschutz.
Zeitweilige Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen
Nach dem jetzt veröffentlichten und bereits in den Vortagen in der Fassung einer Formulierungshilfe mit verschiedenen Interessenverbänden intensiv diskutierten Gesetzesentwurf soll es kein Mieten-Moratorium im Sinne eines allgemeinen, befristeten Leistungsverweigerungsrechts für Mieter und Pächter geben. Stattdessen ist vorgesehen, im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in einem neuen Artikel 240 § 2 besondere Regelungen einzuführen, um Mieter und Pächter, die wegen der COVID-19-Pandemie ihre Miet- bzw. Pachtzahlungspflichten nicht erfüllen können, vor nachteiligen rechtlichen Folgen zu schützen. Sowohl für Wohnraum- wie auch für Gewerberaummietverhältnisse werden die Kündigungsmöglichkeiten für den Zeitraum von etwa zwei Jahren beschränkt. Mietverhältnisse über Grundstücke oder über Räume sowie alle Pachtverhältnisse können nicht mit der Begründung gekündigt werden, dass der Mieter bzw. Pächter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete oder Pacht nicht geleistet habe, wenn die Nichtleistung auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht. In der Letztfassung des Entwurfs wurde ergänzt, dass der vorgenannte Dreimonatszeitraum durch Rechtsverordnung der Bundesregierung auf sechs Monate verlängert werden kann, äußerstenfalls sogar darüber hinaus.
Durch die Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit soll verhindert werden, dass die zu erwartenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie dazu führen, dass private Mieter ihren Wohnraum und Gewerbetreibende ihre Existenz verlieren. Dabei obliegt es dem jeweiligen Mieter oder Pächter, den Zusammenhang zwischen der Covid-19-Pandemie und der Nichtleistung im Streitfall glaubhaft zu machen. Der Mieter muss mithin Tatsachen darlegen und im Rahmen eines Gerichtsstreits beweisen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass die Nichtleistung auf der COVID-19-Pandemie beruht. Eine zunächst angedachte Vermutungsregelung zugunsten der Mieter und Pächter wurde an dieser Stelle also abgeändert. Sonstige Kündigungsrechte bleiben daneben unberührt, so dass bei Nichtleistung des Mieters aus anderen Gründen die Kündigung nicht ausgeschlossen ist. Ferner kann der Vermieter auch weiterhin die Kündigung wegen Vertragsverletzungen anderer Art erklären, die unabhängig von der COVID-19-Pandemie vorliegen.
Ausweislich Artikel 240 § 2 Abs. (2), Abs. (3) des Gesetzesentwurfes soll nicht zum Nachteil eines Mieters oder Pächters von den Regelungen abgewichen werden können. Wichtig ist, dass die Verpflichtung des Mieters oder Pächters zur Zahlung der Miete bzw. Pacht nach den allgemeinen Grundsätzen auch im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 (bzw. bei Verlängerung auch darüber hinaus) unverändert bestehen bleibt! Die Sonderregelung betreffend die Kündigungsbeschränkung stellt somit lediglich eine zeitlich begrenzte Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass eine Leistungsunfähigkeit aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten den Schuldner regelmäßig nicht von den Folgen des Ausbleibens der rechtzeitigen Leistung befreit. Gerät der Mieter oder Pächter in Verzug, schuldet er Verzugszins und Verzugsschadensersatz. Dabei ist bedeutsam, dass der gesetzliche Verzugszinssatz erheblich ist (gegenüber Verbrauchern 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, sonst 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz; derzeit beträgt der Basiszins –0,88 %). Offenbar sollen Mieter und Pächter durch diese Regelungsgestaltung dazu angehalten werden, sehr genau zu prüfen, ob und inwieweit nicht doch Miet- und Pachtzahlungen geleistet werden können, um nicht den Schuldenberg gegenüber ihren Vermietern und Verpächtern einschließlich Verzinsung zu sehr anschwellen zu lassen. Mit der Rückzahlungsfrist bis 30. Juni 2022 gemäß Art. 240 § 2 Abs. (4) des Gesetzentwurfs stehen von Gesetzes wegen nur 24 Monate zur Verfügung, um einen Zahlungsverzug wieder auszugleichen. Dies bedeutet in voraussichtlich für viele wirtschaftlich schwierigeren Zeiten eine Erhöhung der monatlichen Miete oder Pacht von grob 12,5 %. Der Vorschlag, hier auf fünf Jahre zu verlängern, wurde bisher nicht umgesetzt. Den Parteien eines Miet- oder Pachtverhältnisses steht es selbstverständlich frei, unter Berücksichtigung der neuen Gesetzeslage anderweitige Stundungs-, Aussetzungs-, Ratenzahlungs- oder Besserungsregelungen zu vereinbaren.
Ausblick
Derzeit ist nicht absehbar, wann der Höhepunkt der Pandemie erreicht sein wird und die Wirtschaft in Deutschland wiederaufleben wird. Es bleibt zu hoffen, dass die avisierten Erleichterungen die Existenz der Mieter und Pächter, aber auch der Vermieter und Verpächter in der COVID-19-Pandemie hinreichend schützen. Die Kündigungsschutzregelungen gelten zunächst bis zum 30. Juni 2022. Sollte sich allerdings herausstellen, dass – auch in Anbetracht der sonstigen staatlichen Unterstützungsleistungen für Wohnungsmieter, Gewerbetreibende und Unternehmen in der Krise – weitergehende Maßnahmen notwendig sind, um keinen Dominoeffekt auf Immobilienfinanzierer und die Finanzwirtschaft insgesamt zu erzeugen, erscheinen Verlängerungen und weitergehende Rechtseingriffe in Miet- und Pachtverhältnisse denkbar.
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