Die EU-Kommission hat am 21. Mai 2025 das vierte Omnibus-Paket vorgeschlagen. Omnibus IV enthält Vereinfachungen in Bezug auf zahlreiche produktrechtliche Anforderungen und für KMU sowie Unternehmen mit bis zu 750 Beschäftigten. EU-Unternehmen sollen durch Omnibus IV insgesamt weitere 400 Millionen Euro einsparen können.
Mit der Omnibus-Initiative möchte die EU-Kommission Bürokratie für Unternehmen abbauen und hierfür zahlreiche EU-Vorschriften abspecken. Das erste Omnibus-Paket hatte die Kommission am 26. Februar vorgelegt. Dieses sieht vor allem Änderungen an der CSRD, der CSDDD und der EU-Taxonomie vor.
Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten gelten als kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten gelten aktuell bereits als Großunternehmen. Diese haben in vielen Bereichen deutlich strengere Compliance-Verpflichtungen als KMU. Die EU-Kommission möchte nun weitere Unternehmen von diesen strengen Regeln ausnehmen. Dafür definiert sie eine neue Kategorie, die Small Midcaps (SMC). Darunter fallen laut der Kommission fast 38.000 Unternehmen in der EU, nämlich Unternehmen, die zwischen 250 und 750 Beschäftigten haben und entweder einen Umsatz von maximal 150 Millionen Euro oder bis zu 129 Millionen Euro Bilanzsumme aufweisen. Zu den Erleichterungen für die SMC gehören unter anderem produktrechtliche Erleichterungen, spezifische Ausnahmen von der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und vereinfachte Vorgaben für die Notierung an der Börse.
Im Einzelnen sieht der Vorschlag der Kommission unter anderem die folgenden Maßnahmen vor:
Speziell für die Batterieindustrie gibt die Europäische Kommission allen betroffenen Unternehmen mehr Zeit, sich auf die neuen Vorschriften zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach der EU-Batterieverordnung einzustellen. Der Anwendungsbeginn dieser Sorgfaltspflichten soll von 18. August 2025 auf den 18. August 2027 verschoben werden.
Zugleich sollen die Leitlinien der Kommission zu den Sorgfaltspflichten, die eigentlich schon seit dem 18. Februar 2025 hätten vorliegen sollen, nunmehr bis zum 26. Juli 2026 veröffentlicht werden. Die Verzögerung dieses für die praktische Implementierung wichtigen Dokuments war ein wesentlicher Grund für die nun vorgeschlagene Verschiebung der Sorgfaltspflichten.
Nach dem Vorschlag sollen außerdem Unternehmen oder Unternehmensgruppen mit einem Umsatz von weniger als 150 Millionen Euro von den Vorschriften über die Sorgfaltspflicht und die Rückverfolgung von Lieferketten für Batterierohstoffe ganz ausgenommen werden. Bisher lag diese Grenze bei 40 Millionen Euro.
Für alle betroffenen Unternehmen soll außerdem gelten: Die öffentliche Berichterstattung in Bezug auf die Sorgfaltspflichten soll nur erstmalig innerhalb eines Jahres ab dem Anwendungsbeginn und dann nur noch alle drei Jahre und nicht mehr jährlich erfolgen.
Ein- und Ausführer von Produkten und Einrichtungen, die fluorierte Gase (F-Gase) enthalten, müssen sich aktuell im EU-F-Gas-Portal registrieren lassen. Dies betrifft monatlich rund 2.000 Unternehmen, darunter viele kleine Gebrauchtwagenhändler. Nach dem Omnibus-IV-Vorschlag müssten sich nur noch registrieren:
Aktuell müssen Unternehmen in vielen Bereichen des Produktrechts unter anderem Konformitätserklärungen und Gebrauchsanweisungen in Papierform zur Verfügung stellen. Hierfür soll künftig in vielen Bereichen die digitale Form ausreichen. Auch die Angabe digitaler Kontakte soll möglich sein. Damit soll unter anderem dem Umstand Rechnung getragen werden, dass 2024 bereits 94 Prozent der Haushalte in Europa Internetzugang hatten und sich die Gewohnheiten der Verbraucher:innen erheblich verändert haben.
Beispielsweise soll für die EU-Batterieverordnung die Dokumentation des Konformitätsbewertungsverfahrens, die entsprechende Korrespondenz und die Konformitätserklärung nunmehr in elektronischer Form erfolgen. Auch die Anleitungen und Sicherheitsinformationen für stationäre Batterieenergiespeichersysteme können in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden. Ausnahmen sollen nur in Bezug auf die Sicherheitsinformationen und nur dann gelten, wenn die Batterieenergiespeichersysteme für Verbraucher:innen bestimmt sind oder in vorhersehbarer Weise von Verbraucher:innen genutzt werden. Auch bei den Kennzeichnungsanforderungen soll künftig ein digitaler Kontakt angegeben werden. Dreizehn Richtlinien und acht Verordnungen der Produktregulatorik sollen in ähnlicher Weise modernisiert werden.
Die Aufzeichnungspflicht der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) soll für SMC verringert werden. Diese sollen nach dem Vorschlag der Kommission nur dann Aufzeichnungen führen, wenn die Verarbeitung von personenbezogenen Daten ein „hohes Risiko“ birgt.
Vereinfachte Verfahren beim Schutz gegen gedumpte und subventionierte Einfuhren
Vereinfacht werden sollen auch die Verordnung über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren und die Verordnung über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren. Diese sollen den Handel in der EU schützen. Sie sollen Dumping und die Gewährung von Subventionen durch Nicht-EU-Länder bekämpfen und für gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt sorgen.
Das Omnibus IV-Paket sieht im Bereich des Produktrechts vielfältige Änderungen vor. Für viele Unternehmen von besonderer Relevanz werden die Ausnahmen von der F-Gas Verordnung und die Verschiebungen und Erleichterungen in Bezug auf die EU-Batterieverordnung sein. Aber auch Unternehmen der neuen Unternehmenskategorie der Small Midcaps werden in vielfältiger Weise Entlastungen spüren. Es ist zu erwarten, dass es in Zukunft noch weitere Ausnahmen für diese Unternehmen geben wird.
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