Vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie am 13. Juni.2014 wurde diskutiert, ob dem Verbraucher auch im Falle eines Maklervertrages ein Widerrufsrecht zusteht, der unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen ist (Fernabsatzvertrag). Streit bestand darüber, ob es sich bei einem Maklervertrag um einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des § 312b BGB handelt. Nur dann stünde dem Verbraucher nach § 312d BGB a.F. ein Widerrufsrecht zu.
Das Bundesverfassungsgericht hielt die Frage der Anwendbarkeit der Vorschriften über Fernabsatzverträge auf Maklerverträge im Urteil vom 17. Juni 2013 (1 BvR 2246/11) noch für klärungsbedürftig.
Nun hat das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie Klärung herbeigeführt. Es erweitert den Anwendungsbereich für das Widerrufsrecht erheblich. Gemäß den §§ 312, 312b BGB n.F. besteht ein Widerrufsrecht des Verbrauchers nunmehr bei sämtlichen Verbraucherverträgen, die „eine entgeltliche Leistung“ eines Unternehmers zum Gegenstand haben und die außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers oder unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln unter Nutzung eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems geschlossen wurden.
Nur in der Gesetzesbegründung wird erneut darauf abgestellt, dass die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer Dienstleistung Gegenstand des Verbrauchervertrages sein müssen. Es spricht aber einiges dafür, dass der Begriff der „Dienstleistung“ nach der europarechtlichen Definition weit zu fassen ist und nahezu alle Verträge betrifft, die keine Lieferung von Waren zum Gegenstand haben.
Gemäß § 312 Abs. 2 BGB sind beispielsweise Verträge über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Grundstücken sowie über den Bau von neuen Gebäuden oder erhebliche Umbaumaßnahmen teilweise vom Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB ausgenommen. Danach ist nur § 312a Abs. 1, 3, 4 und 6 BGB, der diverse In-formationspflichten betrifft, anwendbar. Ein Widerrufsrecht besteht bei solchen Verträgen nicht.
Die Widerrufsfrist beträgt für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge 14 Tage ab Vertragsabschluss. Voraussetzung für den Beginn der Frist ist jedoch, dass der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie das Muster-Widerrufsformular informiert hat. Andernfalls verlängert sich die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts auf bis zu ein Jahr und 14 Tage seit dem Vertragsabschluss.
Der Unternehmer kann seine Belehrungsflicht dadurch erfüllen, dass er dem Verbraucher das in Anlage 1 zu Artikel 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGBEG vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß ausgefüllt in Textform übermittelt. Das Formular ist auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (www.bmjv.de) abrufbar.
Auch für die Widerrufserklärung wurde ein EU-weit einheitliches Musterformular entwickelt.
Das Widerrufsrecht erlischt außer nach Fristablauf bei einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen auch dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass er mit der Ausführung der Leistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert, § 356 Abs. 4 BGB. Bislang war eine vollständige Erfüllung der Pflichten beider Parteien erforderlich, § 312d Abs. 3 BGB a.F.
In Bezug auf einen Maklervertrag stellt sich die Frage, wann genau der Makler seine „Dienstleistung“ vollständig erfüllt hat. Hier wird es maßgeblich darauf ankommen, ob der Unternehmer nach den getroffenen Vereinbarungen lediglich als Nachweismakler oder auch als Vermittlungsmakler tätig werden sollte.
Bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrages durch den Unternehmer ist ein Widerruf des Vertrages innerhalb der Widerrufsfrist möglich. Widerruft der Verbraucher den geschlossenen Vertrag, steht dem Unternehmer kein Vergütungsanspruch zu.
Der Unternehmer hat jedoch Anspruch auf Wertersatz für bereits erbrachte Leistungen, wenn der Verbraucher von ihm ausdrücklich verlangt hat, mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist zu beginnen und der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 BGBEG informiert hat. Bei einem außerhalb der Geschäftsräume geschlossenen Vertrag muss der Verbraucher zudem sein Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt haben.
Bei der Berechnung der Höhe des Wertersatzes ist der vereinbarte Gesamtpreis zugrunde zu legen. Nur dann, wenn dieser unverhältnismäßig hoch ist, kommt es auf den Marktwert der erbrachten Leistung an. Der Schutz des Verbrauchers wird nunmehr durch die Belehrungspflicht des Unternehmens gewährleistet.
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