
Im September wollte die EU-Kommission die Entwaldungsverordnung EUDR noch verschieben. Am 21. Oktober 2025 hat sie einen umfassenden Vorschlag für eine Vereinfachung der EUDR veröffentlicht. Es soll keine generelle Verschiebung des Anwendungsbeginns um ein Jahr geben, sondern vielfältige und abgestufte Maßnahmen. Hier die Kernvorschläge:
Die EU-Kommission möchte nachgelagerte Marktteilnehmer („downstream operator“) und Händler
entlasten. Zu diesem Zweck soll die neue Kategorie der nachgelagerten Marktteilnehmer eingeführt werden. Die nachgelagerten Marktteilnehmer sollen denselben Verpflichtungen wie Händler unterliegen. Wesentliche Entlastung für nachgelagerte Marktteilnehmer und Händler soll sein, dass diese generell keine eigene Sorgfaltserklärung mehr abgeben müssen.
Allerdings sollen sie weiterhin verpflichtet sein, Referenznummern und Kennnummern von Sorgfaltserklärungen entlang der Lieferkette weiterzugeben, um die Rückverfolgbarkeit sicherzustellen.
Dieser auf den ersten Blick entlastende Vorschlag wirft für viele Unternehmen jedoch neue Probleme auf. Weil eine chargengenaue Nachverfolgung der relevanten Waren für viele Unternehmen noch nicht möglich ist, sieht eine verbreitete und im Grundsatz auch im Einklang mit den FAQs der Europäischen Kommission stehende Lösung vor, dass mit einer Aggregation von Sorgfaltserklärungen gearbeitet wird. Wenn nun nachgelagerte Marktteilnehmer und Händler selbst keine Sorgfaltserklärungen mehr abgeben müssen, könnte auch dieser praktische Ansatz in Frage gestellt sein und damit gegebenenfalls sogar einen erhöhten Aufwand bedeuten. Hier sollte der Entwurf praxisgerecht nachgeschärft werden.
Erleichterungen soll es geben für natürliche Personen und Kleinst- bzw. Kleinunternehmen, die eigene Erzeugnisse auf den Markt bringen oder ausführen. Für diese soll eine neue Kategorie „Kleinst- und kleine Primärmarktteilnehmer“ (micro and small primary operators) geschaffen werden. Diese sollen von der Pflicht zur Abgabe einer Sorgfaltserklärung befreit sein, wenn sie in einem Land mit geringem Risiko tätig sind und die betreffenden Erzeugnisse selbst produzieren. Stattdessen sollen sie eine einmalige „vereinfachte Erklärung“ im Informationssystem abgeben können. Diese enthält insbesondere:
Nach der Abgabe soll eine Erklärungskennnummer vergeben werden, die mit den Produkten weitergegeben wird.
Auch für Nicht-KMU-nachgelagerte Marktteilnehmer und für Nicht-KMU-Händler soll es Vereinfachungen geben. Diese sollen sich zwar weiterhin im EU-Informationssystem registrieren müssen, sollen aber ebenfalls von der Pflicht zur Abgabe einer Sorgfaltserklärung befreit werden.
Sie sollen bei begründeten Zweifeln an der Konformität der Produkte mit der EUDR jedoch verifizieren, dass die Sorgfaltspflichten durchgeführt wurden. Die Produkte sollen sie so lange nicht weitergeben, bis sie verifiziert haben, dass kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko besteht. Der Entwurf lässt indes offen, was diese Verifizierung konkret bedeutet und auf welcher Grundlage von Informationen diese stattfinden soll, zumal der Entwurf auch die Weitergabe von Informationen entlang der Lieferkette reduziert und nur noch die Weitergabe der Referenznummer oder der Erklärungskennnummern verlangt. An dieser Stelle sollte der Entwurf nachgeschärft und praktikabel ausgestaltet werden.
Für die meisten Unternehmen soll die Entwaldungsverordnung nach wie vor am 30. Dezember 2025 starten. Der Vorschlag sieht lediglich für Kleinst- und Kleinunternehmen eine Verschiebung vor. Für diese sollen die Pflichten erst ein Jahr später, ab dem 30. Dezember 2026, gelten.
Wichtig ist aber, dass eine Sorgfaltserklärungsnummer in der Einfuhr- oder Ausfuhranmeldung unverändert erforderlich bleibt. Insbesondere für Importeure, die keine Kleinst- oder Kleinunternehmen sind, ändert sich mit dem Entwurf daher zum 30. Dezember 2025 nichts Wesentliches.
Die restlichen Unternehmen müssen die EUDR zwar grundsätzlich ab dem 30. Dezember 2025 beachten, aber die Kontroll- und Durchsetzungspflichten der Behörden sollen nach dem Vorschlag erst ab dem 30. Juni 2026 greifen. Kleinst- und Kleinunternehmen, für die die Pflichten ohnehin erst Ende 2026 gelten sollen, sollen auch erst ab dem Zeitpunkt sanktioniert werden können.
Die Mitgliedsstaaten müssen sicherstellen, dass die zuständigen Behörden dann risikobasierte Kontrollen durchführen. Dabei müssen sich die Kontrollen erstrecken auf
Der Vorschlag sieht vor, dass Behörden bei festgestellten Verstößen zunächst Warnungen mit Empfehlungen aussprechen können, bevor Sanktionen verhängt werden.
Die Vorschläge der Kommission müssen noch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens verabschiedet werden, das heißt das Europäische Parlament und der Rat werden die Vorschläge erörtern. Dabei kann es noch zu Änderungen kommen. Kommt bis Ende Dezember keine Einigung zustande, kommt die EUDR in der bisher geltenden Fassung am 30. Dezember 2025 zur Anwendung. Erleichterungen und Verschiebungen greifen dann nicht.
Die Änderungsinitiative in letzter Minute – auch wenn sie für die Wirtschaft gut gemeint ist – bedeutet für die betroffenen Unternehmen erhebliche Rechtsunsicherheit und in der derzeitigen Form für einige Unternehmen sogar Mehraufwand. Viele Unternehmen sind allerdings auch schon vorbereitet auf einen Start Ende des Jahres. Die übrigen Unternehmen, auch Kleinst- und Kleinunternehmen, sollten ihre Bemühungen zumindest so lange vorantreiben, bis Parlament und Rat den Vorschlägen der Kommission zugestimmt haben oder -in Anbetracht der knappen Zeit- doch noch eine weitere Verschiebung beschlossen wird. Denn dass die Vorschläge angenommen werden, ist keinesfalls sicher, wie die überraschende Ablehnung des ersten Omnibus-Pakets durch das EU-Parlament am 22. Oktober 2025 gezeigt hat. Und ohne die notwenigen Mehrheiten zur Änderung der EUDR wird die Regelung unverändert zum 30. Dezember 2025 anwendbar werden.
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