Deckungsmöglichkeiten bei Festbetragsfinanzierungen
In der Haushaltspraxis gewinnt die Festbetragsfinanzierung – insbesondere auf Länderebene – zunehmend an Bedeutung. Bei der Festbetragsfinanzierung beläuft sich die Zuwendung auf einen festen, nicht veränderbaren Anteil an den zuwendungsfähigen Ausgaben. Die maßgebliche Zuwendungshöhe kann auch dadurch bestimmt werden, dass ein bestimmter Betrag mit einer Anzahl der förderfähigen Einzelmaßnahmen bzw. Einzelgegenständen multipliziert wird (Beispiele: „x“ Euro je Seminarteilnehmer; „x“ Euro je gedruckter Broschüre; „x“ Euro je Windkraftanlage). Der Fördermittelempfänger erhält Fördermittel dann in Form von Pauschalen. Die festen Beträge sollen die Antragsstellung, die Prüfung des Antrags und die Prüfung des Verwendungsnachweises erleichtern und damit der Verwaltungsvereinfachung dienen sowie dem Fördermittelempfänger Flexibilität bei der Projektumsetzung geben. Pauschalen werden immer dann verwendet, wenn der Nachweis von Einzelkosten nicht möglich oder mit unverhältnismäßigen Einzelkosten verbunden ist.
Festbetragsfinanzierungen bzw. Pauschalen liegt aber naturgemäß inne, dass die tatsächlich gebuchten Ausgaben (z.B. für Lehrmaterialen, Lehrpersonal) die Summe der Pauschalen über- oder unterschreiten.
Zur Verdeutlichung ein Beispiel:
Eine Universität erhält von einem Verein D Mittel zur Doktorandenförderung. Die Mittel hierfür erhält der Verein vom einem Bundesministerium. Die Universität erhält je Teilnehmer des Doktorandenprogramms eine Pauschale in Höhe von X €. Die Universität stellt fest, dass
In Hinblick auf Problematik des Über- und Unterschreitens der Gesamtfördersumme sind die der jeweiligen Zuwendung zugrundeliegenden Regelungen (Zuwendungsvertrag, -Bescheid, Nebenbestimmungen, Projektbeschreibung etc.) im Einzelfall zu überprüfen. Wegen individueller Regelungsinhalten in den jeweiligen Bewilligungsbedingungen kann dieser Beitrag eine Einzelfallprüfung keinesfalls ersetzen. Er gibt aber eine Hilfestellung zur Hand, was bei der Festbetragsfinanzierung besonders zu berücksichtigen ist. Zudem beziehen sich die folgenden Ausführungen auf Erfahrungen zum deutschen Fördermittelrecht und können keine Geltung für das europäische Fördermittelrecht beanspruchen.
In vielen Fällen ergibt sich folgende Systematik:
Sind die Gesamtausgaben höher als die Fördersumme, bedeutet dies üblicherweise aufgrund der Wahl des Finanzierungsmittels einer Festbetragsfinanzierung, dass Projektausgaben, die über den Festbetrag hinausgehen zu Lasten des Zuwendungsnehmers, im Beispiel die Universität, gehen. Er bekommt bei Mehrausgaben (ohne eine Erhöhung der Teilnehmerzahl) keine höheren Pauschalen.
Sollten im Zuge der Projektrealisierung die tatsächlichen Kosten die Fördersumme unterschreiten, sind die Mittel meist nicht für andere Zwecke als dem festgelegten Förderzweck einsetzbar. Im Beispiel könnte die Universität nicht mit überschüssigen Mitteln ein Flüchtlingsprogramm unterstützen.
Im Regelfall erübrigen sich aber eine Neufestsetzung und eine Rückforderung der Zuwendung wegen der weit reichenden Deckungsmöglichkeiten des Fördermittelzwecks. Dies ergibt sich in solchen Fällen aus Folgendem:
Oft weit reichende Deckungsmöglichkeit durch Weite des Förderzwecks
Durch die Verwendung einer Festbetragsfinanzierung in Form von Pauschalen werden häufig weit reichende Deckungsmöglichkeiten zur Verwendung der Mittel eingeräumt.
Die Pauschalen werden als feste Beträge bei der Bemessung zuwendungsfähiger Ausgaben zugrunde gelegt. Die festen Beträge sollen die Antragsstellung, die Prüfung des Antrags und die Prüfung des Verwendungsnachweises erleichtern und damit der Verwaltungsvereinfachung dienen. Daher muss im Verwendungsnachweis die Entstehung der Pauschale nur dem Grunde nach nachgewiesen werden. Denn anders als bei ausgabenbasierter Förderung, kommt es nicht auf die einzelnen für das geförderte Projekt erstandenen Kostenpositionen an, sondern nur ob der Grund für die Pauschale –im Beispiel mit jedem Teilnehmer am Kurs – entstanden ist. Können diese Pauschalen nicht voll ausgeschöpft werden, ist eine Abweichung, anders als bei ausgabenorientierter Förderung, von der Pauschale nicht zulässig. Der Zuwendungsempfänger muss die Pauschalen in voller Höhe geltend machen. Die tatsächlich angefallenen Ausgaben des geförderten Programms sind daher nicht relevant.
Dies bedeutet, dass eine Pauschale als zuwendungsfähig gilt, solange für diese Pauschale auch ein entsprechender z. B Teilnehmer nachgewiesen werden kann. Daher ist alles was an Mitteln in das geförderte Projekt fließt, zuwendungsfähig und dient dem Grunde nach dem Zuwendungszweck, solange die Summe der Pauschalen von der entsprechenden Teilnehmerzahl gedeckt ist. Noch nicht verbrauchte Mittel können aufgrund der Weite des Zuwendungszwecks für alles genutzt werden, was dazu dient, die Projektziele zu erreichen (z.B. Lehrmaterialen).
Auch Kosten für den „laufenden Betrieb“ (anteilig) zuwendungsfähig
Fehlt eine abschließende Regelung über die zuwendungsfähigen Ausgaben im Zuwendungsvertrag, -Bescheid oder in den Nebenbestimmungen (z. B. nur für Personal), muss im Einzelfall eine Abgrenzung vorgenommen werden.
Aufgrund der dargestellten Weite des Zuwendungszwecks sind alle dem Projekt zuzurechnenden Ausgaben zuwendungsfähig. Dies bedeutet, dass nicht nur diejenigen Ausgaben zuwendungsfähig sind, die durch das durch das geförderte Projekt zusätzlich entstehen. Daher sind auch Ausgaben für den „laufenden Betrieb“ anteilig zu berücksichtigen.
Häufig werden in der Praxis nur „Zusatzkosten“ auf das Projekt geschlüsselt. Somit werden die Gemeinkosten (wie sie für Raumnutzung, Bereithaltung von Infrastruktur, Gas, Strom, Wasser) oder auch „Sowieso-Kosten“ (wie z.B. die aus Haushaltsmitteln bezahlten Lehrenden, wie Professoren oder Lehrbeauftragte) nicht (anteilig) umgelegt.
Grenze: Bewilligungszeitraum wird überschritten
Eine Festbetragsfinanzierung befreit jedoch nicht von der Verpflichtung, dass nach Abschluss des Bewilligungszeitraums (sollte ein solcher geregelt sein) nicht verwendete Mittel zurückzuzahlen sind. Etwas anderes gilt selbstverständlich, wenn in den der Bewilligung zugrundeliegenden Regelungen etwas anderes geregelt ist.
Beispielsweise könnte der Zuwendungsvertrag (oder auch ein Zuwendungsbescheid) im eingangs genannten Beispiel folgende Regelung enthalten:
„Die bewilligte Zuwendung steht dem Zuwendungsempfänger in der Zeit vom 01.01.2017 bis 31.12.2018 zur Verfügung, damit er den Zuwendungszweck zeitgerecht erfüllen kann.
Die Mittel sind zweckgebunden und ausschließlich für Zahlungen in dem angegebenen Zeitraum bestimmt.
Die Mittel sind nicht in das nächste Haushaltsjahr übertragbar.“
Stellt man erst nach Ende des in der Regelung genannten Zeitraums fest, dass Mittel übrig geblieben sind, sind diese zurückzuzahlen. Die Restbeträge können nicht nachträglich in das Projekt fließen, sondern unterliegen einem Rückforderungsanspruch entweder aus einer der Zuwendung zugrundeliegenden Regelung oder jedenfalls aus § 812 BGB, weil es keinen Rechtsgrund zum Behaltendürfen außerhalb des Bewilligungszeitraums gibt.
Nicht mehr für den Zuwendungszweck verwendete Mittel sind am Tag nach dem Ende des Bewilligungszeitraums fällig. Der Rückforderungsanspruch berechnet sich dann aus der Differenz zwischen Höhe der Zuwendung und nach Ende der Bewilligungszeitraum übrig gebliebenen Mittel, solange nicht auch folgende Grenze erreicht ist.
Grenze: Ausgaben innerhalb des Bewilligungszeitraums wären nicht mehr wirtschaftlich und sparsam
Weiter ist darauf hinzuweisen, dass eine Festbetragsfinanzierung nicht generell von der Verpflichtung befreit, im Bewilligungszeitraum tatsächlich nicht benötigte Mittel zurückzuzahlen. Etwas anderes gilt selbstverständlich, wenn die der Zuwendung zugrundliegenden Regelungen (z. B. im Zuwendungsvertrag) bestimmen, dass nicht benötigte Mittel anderweitig eingesetzt werden können.
Fördermittel sind schon nach allgenmeinen Grundsätzen wirtschaftlich und sparsam zu verwenden.
Wird zur Erreichung des Zuwendungszwecks nicht die Gesamtsumme an Fördermitteln benötigt, ist die Differenz im Regelfall zurückzuzahlen. Nur das was für den Förderzweck gebraucht wird, bildet dann die Fördersumme. Alles darüber hinaus kann nicht einbehalten und anderweitig für einen anderen Zweck genutzt werden.
Wegen der oben dargestellten weiten Deckungsmöglichkeit des Förderzwecks sind aber alle Kosten abgedeckt, die im Zusammenhang mit dem geförderten Projekt stehen. Zwar besteht hierbei die Grenze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Wird diese überschritten, wird nicht mehr der Zuwendungszweck gefördert mit dem Risiko einer Rückforderung. Unter dem Gesichtspunkt der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ist zu prüfen, ob das Vorhaben geeignet und erforderlich ist, um zur Erfüllung des Fördermittelzwecks beizutragen. Da dieser hier aber sehr weit gefasst ist, sind in der Regel Kosten im Rahmen des Förderprogramms – im Beispiel des Kursangebots – immer geeignet und erforderlich zur Durchführung der Kurse, sodass scheinbar noch nicht genutzte Mittel im Rahmen des Bewilligungszeitraums für die Durchführung der Kurse verwendet werden können. Auch der Bundesrechnungshof schreibt zu einer Rückzahlungsverpflichtung, wenn die zuwendungsfähigen Ausgaben bei der Umsetzung des Projektes insgesamt hinter den bewilligten Zuwendung zurückbleiben: „Dies dürfte in der Praxis allerdings nur selten vorkommen.“
Lässt sich hier kein Weg finden, die Mitteln im Rahmen des Kursangebots zu nutzen, berechnet sich in diesem Fall der Rückforderungsanspruch des Zuwendungsgebers aus der Differenz zwischen der Höhe der Zuwendung und der Summe der zuwendungsfähigen Ausgaben.
Empfehlungen für die Praxis
Sind nach einer Überprüfung der der jeweiligen Förderung zugrundeliegenden Regelungen nicht für den Förderzweck benötigte Mittel zurückzuzahlen, empfiehlt sich ein dreistufiges Vorgehen:
Sollten trotz Vornahme der vorgenannten beiden Schritte noch Mittel aus der Programmpauschale verbleiben, sind diese zurückzuerstatten.
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