Mit einer Grunddienstbarkeit kann ein Anspruch auf Übernahme einer Baulast gegen den Eigentümer oder die Eigentümerin des dienenden Grundstücks einhergehen. Denn mit der Bestellung einer Grunddienstbarkeit entsteht auch ein Begleitschuldverhältnis. Aus diesem kann sich ein Anspruch auf Übernahme einer (deckungsgleichen) Baulast ergeben. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 30. Juni 2023 (V ZR 165/22) entschieden.
Es ist eine klassische Konstellation, über die der BGH zu urteilen hatte: Ein großes Grundstück wird aufgeteilt in mehrere kleinere, und nicht alle Grundstücke haben danach noch direkten Straßenzugang. Vielfach wird dann ein Wegerecht durch eine Grunddienstbarkeit bestellt, die in das Grundbuch eingetragen wird. Die Eintragung einer solchen Grunddienstbarkeit sollte allerdings wohlüberlegt sein, denn sie kann Folgen haben, etwa dann, wenn das hintere Grundstück bebaut werden soll und dafür eine sogenannte Baulast erforderlich wird.
Die Grunddienstbarkeit regelt die privatrechtlichen Beziehungen zwischen (benachbarten) Grundstücken: Das belastete (auch: dienende) Grundstück soll dem Eigentümer oder der Eigentümerin des begünstigten (auch: herrschenden) Grundstücks etwa das Begehen oder das Befahren zum Erreichen des herrschenden Grundstücks ermöglichen. Die Grunddienstbarkeit bedarf einer Bewilligung, in der die Konditionen des Nutzungsrechts zwischen den Grundstückseigentümern und -eigentümerinnen für die Zukunft geregelt werden. Vereinbart werden im Wesentlichen Art und Umfang der Grunddienstbarkeit, der berechtigte Personenkreis und beispielsweise die Pflichten zur Errichtung, Unterhaltung und Instandsetzung eines dann nutzbaren Weges. Diese Regelungen können nach Eintragung dingliche Wirkung entfalten. Das heißt, dass sie auch für und gegen nachfolgende Grundstückseigentümer und -eigentümerinnen am dienenden und herrschenden Grundstück gelten, soweit auf sie bei der Eintragung Bezug genommen wird. Der Inhalt der Grunddienstbarkeit kann zwischen den Grundstückseigentümern und -eigentümerinnen gemeinsam erweitert, reduziert oder sogar aufgehoben werden. Nötig ist dann jedoch eine Grundbucheintragung.
Die Baulast ist öffentlich-rechtlicher Natur. Sie stellt eine Verpflichtung des Eigentümers bzw. der Eigentümerin des belasteten Grundstücks gegenüber dem Staat (konkret: der Baubehörde) dar. Sie dient der Erfüllung der (bauordnungsrechtlichen) Voraussetzungen einer begehrten Baugenehmigung auf einem anderen als dem zu bebauenden Grundstück. Dies betrifft in der Praxis häufig die Sicherung einer Zuwegung, die Erfüllung von Stellplatzanforderungen oder die Einhaltung vorgeschriebener Grenzabstände.
Anders als bei einer Grunddienstbarkeit kann die Baulast nicht ohne die Mitwirkung der Baubehörde aus der Welt geschafft werden. Sie bietet aus baurechtlicher Perspektive die Gewähr für die Erfüllung von baurechtlichen Anforderungen. Die Grunddienstbarkeit hingegen stellt auf zivilrechtlicher Ebene die tatsächliche Nutzungsberechtigung für den Eigentümer des herrschenden Grundstücks dar. Eine Stellplatzbaulast begründet mit anderen Worten noch kein Recht zur Stellplatznutzung. Diese Berechtigung wird erst durch die Vereinbarung einer Stellplatz-Grunddienstbarkeit oder – bloß schuldrechtlich – eines Mietvertrages geschaffen.
Der BGH hat nun entschieden, dass mit einer Grunddienstbarkeit ein Anspruch auf Übernahme einer Baulast gegen den Eigentümer bzw. die Eigentümerin des dienenden Grundstücks einhergehen kann. Ein solcher Anspruch folgt allerdings nicht per se aus einer jeden Grunddienstbarkeit. Voraussetzung ist, dass eine Interessenabwägung einen Vorrang der Interessen des oder der Grunddienstbarkeitsberechtigten ergibt. Diese Interessenabwägung schlägt etwa dann zum Vorteil des bzw. der Berechtigten aus, wenn die Grunddienstbarkeit nach ihrem Inhalt und Umfang die von einer Bebauung herrührenden Nutzungen umfasst. Hierbei ist keine zwingende Voraussetzung, wie der BGH klargestellt hat, dass die Grunddienstbarkeit zu dem Zweck bestellt wurde, die Bebauung des herrschenden Grundstücks zu ermöglichen. Der BGH nimmt an, dass die Grunddienstbarkeit die von einer Bebauung herrührenden Nutzungen regelmäßig umfasst, wenn die Grunddienstbarkeit beispielsweise ein uneingeschränktes Geh- und Fahrtrecht zum Gegenstand hat. Das Gericht hält also Inhalt und Umfang der ohnehin durch die Einräumung der Grunddienstbarkeit gewährten Berechtigung für ausschlaggebend, nicht, ob die Grunddienstbarkeit zu dem Zweck gewährt wurde, eine Bebauung zu ermöglichen. „Überwiegend“ werden die Interessen des Begünstigten zudem nur sein können, wenn erst durch die Baulast eine Bebauung ermöglicht wird. Dies dürfte bei einer Zuwegungsbaulast typischerweise eher zu bejahen sein als beispielsweise bei einer Stellplatz- oder Abstandsflächenbaulast.
Es zeigt sich einmal mehr, dass die Bestellung von Grunddienstbarkeiten wohl überlegt und keinesfalls übereilt werden sollte. Wie der BGH richtig feststellt, wirkt sich die zusätzliche Belastung durch eine (deckungsgleiche) Baulast in der Praxis zwar nur sehr selten nachteilig aus. Nachteile können zum Beispiel entstehen, wenn das dienende Grundstück zwangsversteigert wird, da die Baulast bestehen bliebe, auch wenn die Grunddienstbarkeit gelöscht würde. Häufig genug ist es jedoch bei näherem Hinsehen für die begünstigte Person ausreichend und für den Eigentümer bzw. die Eigentümerin des betroffenen Grundstücks weniger belastend, nur eine Baulast zu gestatten und die Nutzungsbefugnis ausschließlich per Mietvertrag zu regeln: Die bloß schuldrechtliche Nutzungsüberlassung kann weitaus flexibler gehandhabt werden, insbesondere in Bezug auf Laufzeit und Miethöhe.
Um den vom BGH erkannten Anspruch auf Übernahme einer Baulast neben einer Grunddienstbarkeit von vorneherein auszuschließen, bietet es sich an, den Inhalt der dinglichen Belastung sehr genau, vor allem als abschließend zu formulieren.
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