Aktuell treiben vor allem drei Themen die Transformation der Rechtsabteilung voran: KI, die rasant zunehmende Regulatorik und geopolitische Entwicklungen.
Schon immer gab es technologischen Fortschritt, der sich auch auf die Prozesse der Rechtsfunktion ausgewirkt hat. Doch mit KI ist es anders: KI setzt die Inhouse-Jurist:innen unter einen massiven Effizienzdruck. Die steigenden Compliance-Anforderungen bei gleichbleibendem oder sinkendem Headcount erzwingen zusätzlich eine effizientere Arbeitsweise.
KPMG Law befragt seit mehr als zehn Jahren Rechtsabteilungen deutscher und internationaler Unternehmen zu ihren Herausforderungen und Herangehensweisen. Der Rechtsabteilungsreport „Recht auf Fortschritt“ gilt heute als eine der fundiertesten Quellen für strukturelle und strategische Entwicklungen im Rechtsbereich. Wir unterstützen außerdem zahlreiche Rechtsabteilungen bei ihren Transformationsprozessen.
Das sind unsere Erkenntnisse aus der Studie und unserer praktischen Arbeit zum Stand der Rechtsfunktion:
Bei den Zielen der Rechtsabteilungen steht klar die Effizienz im Vordergrund. In unserer letzten Erhebung 2024 nannten 91 Prozent der Rechtsabteilungen Prozessoptimierung als zentrale Aufgabe, 88 Prozent berichteten von mehr Arbeit bei gleichbleibendem Personal. Bei 79 Prozent der Rechtsabteilungen stand Kostenoptimierung im Fokus und 73 Prozent mussten sogar mit Budgetrestriktionen umgehen.
Die zunehmenden Spannungen zwischen globalen Wirtschaftsräumen, insbesondere den USA, Russland und China wirken sich unmittelbar auf die juristische Arbeit aus. Unternehmen müssen dadurch nicht nur ihre nationale, sondern auch den internationalen Rechtsrahmen im Blick behalten. Sanktionen, Handelsabkommen, Zölle und politische Restriktionen erfordern laufende rechtliche Bewertung und Prozessanpassung.
Die Regulierungsdichte steigt deutlich. Bereits 2024 sahen 74 Prozent der Befragten darin eine der größten Herausforderungen. Mit dem Green Deal der EU und der europäischen Digitalstrategie kommen zahlreiche neue Gesetze auf die Unternehmen zu, die umgesetzt werden müssen. Dass die EU mit der Omnibus-Initiative in Teilen zurückrudert, verschafft der Wirtschaft zwar Zeit, bringt Unternehmen aber nicht unbedingt mehr Rechtssicherheit. Prozesse müssen fortlaufend an neue Regulatorik angepasst werden und die Zusammenarbeit mit Compliance, der IT und anderen Fachbereichen wird immer enger.
Rechtsabteilungen überlassen das Monitoring der komplexen Themen zunehmend spezialisierten Kanzleien, die durch Skaleneffekte mehrere Mandanten effizienter bedienen.
Die Inhouse-Jurist:innen bewerten die Monitoring-Analysen der Kanzleien und gleichen sie mit unternehmensweiten Daten und Risikoeinschätzungen ab. Durch den regelmäßigen Datenaustausch und automatisierte Schnittstellen werden Entscheidungen und Analysen deutlich datengetriebener.
Diese Entwicklungen verdeutlichen, dass sich die Rechtsfunktion von einer reaktiven Instanz zu einer proaktiv agierenden Einheit wandelt. Sie agiert heute als Frühwarnsystem, strategischer Berater und aktiver Mitgestalter unternehmerischer Entscheidungen.
Fast alle Rechtsabteilungen und Kanzleien haben bereits Erfahrung mit KI gemacht, teils auch ernüchternde. Dennoch bleibt künstliche Intelligenz ein zentrales Thema. Der Einsatz von KI ist inzwischen keine Frage mehr des Ob, sondern nur noch des Wie.
Rechtsabteilungen scheinen klassische Kanzleien beim KI-Einsatz inzwischen zu überholen. Während viele Kanzleien noch evaluieren, implementieren Rechtsabteilungen bereits konkrete KI-gestützte Lösungen, um Routineaufgaben zu automatisieren und Ressourcen für strategische Themen freizusetzen.
Die Gründe liegen auf der Hand: Kosten- und Effizienzdruck, viele standardisierte Arbeitsabläufe auf der einen Seite und ein geringerer Innovationswiderstand auf der anderen Seite. Enge Schnittstellen zur IT-Abteilung und Legal Operations erleichtern die Einführung datengetriebener Prozesse zusätzlich. Größere Unternehmen verfügen mit ihren IT-Budgets und -IT-Teams über andere Möglichkeiten als manche Kanzleien.
Mit der Digitalisierung einher geht eine weitere Entwicklung: Der Anteil an Jurist:innen in Rechtsabteilungen sinkt. Bei unserer letzten Umfrage 2024 bestanden noch rund 85 Prozent der Teams aus Volljurist:innen. Der Anteil dürfte seitdem weiter gesunken sein, denn die Rechtsabteilungen haben inzwischen einen Teil ihrer Aufgaben automatisiert. Analysen zeigen, dass 20 bis 40 Prozent von Arbeiten in der Rechtsabteilungen zukünftig automatisiert werden. Gleichzeitig entstehen neue Rollen, wie zum Beispiel IT- und Prozessexperten.
Nicht nur KI entlastet die internen Rechtsteams. Einige Aufgaben werden weiterhin an externe Kanzleien vergeben. Das sind meist strategisch komplexe Themen wie Transaktionen oder Streitfälle, insbesondere wenn ein spezielles Know-how erforderlich ist. Inhouse-Teams fokussieren sich auf die geschäftsnahe Beratung, Risikosteuerung und koordinieren externe Partner.
Bei der Auswahl externer Kanzleien achten Rechtsabteilung nicht mehr nur auf die rechtliche Expertise, sondern immer mehr auch auf Faktoren wie Technologieeinsatz, Preisstruktur, Flexibilität, Branchenverständnis sowie Diversity-, Equity- und Inclusion-Standards (DEI).
Bei der Zusammenarbeit mit externen Kanzleien gibt es einen weiteren Trend. Das traditionelle Abrechnungsmodell nach Stunden ist nicht mehr zeitgemäß, wenn die Arbeit dank Automatisierung effizienter wird. Anreize für mehr Effizienz haben Kanzleien nur, wenn das Ergebnis honoriert wird. So kommen immer öfter alternative Vergütungsmodelle zum Einsatz, zum Beispiel Preis-pro-Einheit-Ansätze, bei denen eine fixe Gebühr pro geprüften Vertrag vereinbart wird. Sie bieten Transparenz, Skalierbarkeit und höhere Planungssicherheit. Ergänzend setzen viele Rechtsabteilungen auf Service Level Agreements (SLAs), um Leistungsumfang, Qualität und Reaktionszeiten verbindlich zu definieren, insbesondere bei standardisierbaren oder ausgelagerten Leistungen.
Die Rolle der Rechtsabteilung wird immer mehr eine strategische. Es ist wichtig, Jurist:innen frühzeitig in Geschäftsprozesse einzubinden, idealerweise bereits in den ersten Entwicklungsphasen von Geschäftsmodellen und digitalen Transformationsprojekten. Mit dem Konzept „Embedded Law“ wird Recht direkt in Prozesse und Systeme integriert. So werden Compliance und Risikomanagement systematisch in den operativen Prozess eingebettet.
Nur durch diese enge Verzahnung von Recht, Technologie und Business kann die Rechtsabteilung Komplexität gezielt reduzieren, proaktiv Risiken steuern und sich als Treiber der Unternehmensstrategie etablieren.
Aus den Ergebnissen unseres Rechtsabteilungsreports und unserer praktischen Erfahrung mit zahlreichen Transformationsprojekten haben sich fünf zentrale Handlungsfelder herauskristallisiert, die entscheidend für den künftigen Erfolg von Rechtsabteilungen sind.
Unsere Prognose: Künstliche Intelligenz, Geopolitik und eine sich stark wandelnde Regulatorik werden die Rechtsabteilungen auch weiterhin beschäftigten. Fest steht für uns: Eine Rechtsfunktion, die Veränderung aktiv gestaltet statt reagiert, macht ihre Abteilung zu einem Motor für Effizienz, Innovation und strategischem Erfolg.
Hören Sie zum Thema Trends und Innovationen für Rechtsabteilungen auch unseren Podcast KPMG Law Operator.
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