Suche
Contact
29.04.2021 | KPMG Law Insights

Sound Compensation – November 2016

Der Vorschlag der EU-Kommission zur Ergänzung der Richtlinie 2013/36/EU (CRD IV) – Proportionalitätsgrundsatz reloaded … und InstitutsVergV 4.0?

Die EU-Kommission hat am 23. November 2016 einen Vorschlag zur Ergänzung der CRD IV veröffentlicht, der unter anderem eine Modifizierung des Proportionalitätsgrundsatzes für die Vergütungssysteme von Risk Takern in Instituten enthält. Sollte der Vorschlag Gesetz werden, haben in Deutschland bisher „nicht-bedeutende“ Institute mit einer Bilanzsumme von mindestens 5 Mrd. EUR einen weiteren Überarbeitungsbedarf für ihre Vergütungssysteme zu erwarten.

1. Der Ausgangspunkt: Der Proportionalitätsgrundsatz nach dem bisherigen Verständnis des EU-Gesetzgebers und seine Anwendung in der InstitutsVergV

Der Proportionalitätsgrundsatz bildet ein Leitprinzip der regulatorischen Vorgaben für die Vergütungssysteme in Instituten. Das einzelne Institut soll die Vorgaben zu seinen Vergütungssystemen – und hier vor allem zu der variablen Vergütung der Risk Taker – in einer Art und Weise anwenden, die seiner Größe, seiner internen Organisation und der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäfte angemessen ist. Große Institute mit einem hohen Risikoprofil haben nach dem Proportionalitätsgrundsatz die regulatorischen Anforderungen umfassender umzusetzen als kleine Institute mit einem konservativen Risikoprofil.

Die aktuelle Fassung der CRD IV inkludiert eine restriktive Anwendung des Proportionalitätsgrundsatzes („one size fits all“): Jedes Institut hat Risk Taker zu bestimmen und deren variable Vergütung u.a. zu versehen mit der Streckung eines Anteils von mindestens 40% auf einen mindestens dreijährigen Zeitraum, („Deferral“) und der teilweisen Gewährung in Instrumenten (mindestens 50% der variablen Vergütung, „pay out in instruments“). Der Proportionalitätsgrundsatz bewirkt nur, dass Institute mit einem konservativen Risikoprofil die Mindestanforderungen anwenden, während Institute mit einem komplexen Risikoprofil etwa 60% der variablen Vergütung als Deferral mit einem fünfjährigen Deferralzeitraum zu gewähren haben.

Der deutsche Gesetzgeber bestimmt demgegenüber in der InstitutsVergV einen typisierenden Ansatz für die Anwendung des Proportionalitätsgrundsatzes mit Auffanggrenzen („waiver“): Die Vorgaben der CRD IV für die variable Vergütung der Risk Taker gelten nur für „bedeutende Institute“, wobei die InstitutsVergV als Auffanggrenze für die quantitative Identifizierung als „bedeutendes Institut“ eine Bilanzsumme von 15 Mrd. EUR bestimmt. Selbst „bedeutende Institute“ können die variable Vergütung für Risk Taker mit einem Gesamtbetrag von weniger als 50.000,- EUR auszahlen, ohne die besonderen Auszahlungsanforderungen der InstitutsVergV zu berücksichtigen („Freigrenze“). „Nicht-bedeutende Institute“ können die variable Vergütung als Einmalbetrag auszahlen. Auch der Entwurf der überarbeiteten Fassung der InstitutsVergV (InstitutsVergV 3.0) vom 10. August 2016 enthält diese Auffanggrenzen.

Die EU-Kommission übernimmt in ihrem Vorschlag den typisierenden Ansatz für die CRD IV, wenn auch nicht so, wie der deutsche Gesetzgeber.

2. Der Hintergrund: Evaluierung der Umsetzung der Vorgaben der CRD IV zu den Vergütungssystemen

Der Vorschlag der EU-Kommission beruht auf den Ergebnissen, der von ihr in diesem Jahr vorgenommenen Evaluierung der Umsetzung der CRD IV in die Vergütungssysteme der einzelnen Institute. Der am 28. Juli 2016 veröffentlichte Ergebnisbericht stellt fest, dass viele EU-Staaten bei der Umsetzung der CRD IV in das nationale Recht den typisierenden Ansatz für den Proportionalitätsgrundsatz gewählt haben.

Die Typisierungen beziehen sich auf die Institutsgröße (Bilanzsumme mit einer Auffanggrenze zwischen 918,27 Mio. EUR (Kroatien) und 52 Mrd. EUR (Schweden)) und auf die individuelle variable Vergütung des Risk Takers (mit einer Freigrenze zwischen 10.000,- EUR (Niederlande) und 711.339,- EUR (Großbritannien, hier Höhe der Gesamtvergütung). Die Typisierungen erfolgten aufgrund der Erkenntnis, dass ein Vergütungssystem mit Deferrals und pay out in instruments vor allem für kleine(re) Institute mit einem unverhältnismäßigen administrativen Aufwand verbunden ist; dies vor allem, wenn die variable Vergütung für den einzelnen Risk Taker einen verhältnismäßig geringen Anteil an der Gesamtvergütung ausmacht.

3. Die wesentlichen Neuregelungen: Waiver bei Unterschreitung der Auffanggrenze von 5 Mrd. EUR und Freigrenze von 50.000,- EUR

Nach dem Vorschlag der Kommission sollen künftig generell alle Institute mit einer Bilanzsumme von weniger als 5 Mrd. EUR (über einen vierjährigen Betrachtungszeitraum) von den Anforderungen des Deferrals und des pay out in instruments bei der Ausgestaltung der variablen Vergütung ihrer Risk Taker befreit sein.

Die zuständige Aufsichtsbehörde soll ausnahmsweise die Befreiung für solche Institute versagen, bei denen die Anwendung des Deferrals und des pay out in instruments aufgrund der Art und der Komplexität ihrer Geschäftsaktivitäten, ihrer internen Organisation oder der Aktivitäten der Gruppe, denen das Institut angehört, geboten ist. Diese Ausnahmeregelung ist vergleichbar mit der Regelung des § 17 Abs. 2 InstitutsVergV, nach dem die BaFin Institute mit einer Bilanzsumme von weniger als 15 Mrd. EUR als bedeutendes Institut einstufen kann, wenn dies hinsichtlich der Vergütungsstruktur sowie hinsichtlich Art, Umfang, Komplexität, Risikogehalt und Internationalität der betriebenen Geschäftsaktivitäten geboten ist.

Zudem soll auch bei diesen Instituten die variable Vergütung von Risk Takern, die den Betrag von 50.000,- EUR in einer Referenzperiode nicht überschreitet und maximal 25% der Gesamtvergütung beträgt, von den Anforderungen des Deferrals und des pay out in instruments befreit sein.

4. Welche sonstige materielle Neuerung enthält der Vorschlag?

Der Vorschlag der EU-Kommission stellt außerdem klar, dass auch kapitalmarktorientierte Institute nicht gezwungen sind, den pay out in instruments-Teil der variablen Vergütung in Aktien oder diesen vergleichbaren Instrumenten zu gewähren. Vielmehr sollen auch diese Institute zukünftig alternative Parameter verwenden können, die in vergleichbarer Weise den Zweck des pay out in instruments zu erfüllen, z.B. sog. phantom shares.

5. Ausblick und Fazit

Die Kommission hat ihren Vorschlag den weiteren Verfahrensbeteiligten (Europäischer Rat und Europäisches Parlament) zugeleitet. Mit einer etwaigen Verabschiedung der Ergänzungsvorschriften zur CRD IV ist in der zweiten Jahreshälfte 2017 zu rechnen. Es bleibt dabei abzuwarten, ob die BaFin den Vorschlag der EU-Kommission bereits in der finalen Fassung der InstitutsVergV 3.0 berücksichtigen wird. Andernfalls kann aus Sicht der Praxis nicht ausgeschlossen werden, dass die InstitutsVergV hinsichtlich der Auffanggrenze und der Freigrenze an die dann um den Vorschlag der EU-Kommission ergänzte Fassung der CRD IV erneut zu überarbeiten ist, demnach die Auffanggrenze nach der InstitutsVergV für ein „bedeutendes Institut“ von 15 Mrd. EUR auf 5 Mrd. EUR zu senken wäre.

Wir halten Sie mit unserem Client Alert zu den weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden.

Explore #more

28.02.2025 | In den Medien

KPMG LLP Launches KPMG Law US – The First Big Four Law Firm Serving The US Market

Der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaates Arizona hat KPMG US die Lizenz für KPMG Law US erteilt hat. Seit dem 27.02.2025 ist KPMG damit die erste…

27.02.2025 | In den Medien

KPMG Law Statement in der ESGZ: Die aktuelle Meinung

Ist das deutsche Lieferkettengesetz ausreichend, um Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen, oder benötigen wir schärfere Haftungsregeln für Menschenrechts- und Umweltverstöße? Diese Frage beantwortet auch KPMG…

26.02.2025 | KPMG Law Insights

Erstes Omnibus-Paket soll Pflichten der CSDDD, CSRD und EU-Taxonomie lockern

Die EU-Kommission hat heute den Entwurf des ersten angekündigten Omnibus-Pakets veröffentlicht. Mit der ersten Richtlinie im Rahmen der Omnibus-Initiative möchte die Kommission insbesondere die CSRD,…

26.02.2025 | In den Medien

JUVE Rechtsmarkt – Wie Shared Delivery Center den Performancedruck mindern

Kosteneffizienter, schlagkräftiger, schneller sein als die Konkurrenz. Diese Ziele treiben alle Unternehmen um, um so mehr in wirtschaftliche herausforderten Zeiten. Und so stellen sich Konzerne…

24.02.2025 |

Digitalisierung der Verwaltung – der digitale Führerschein ist ein erster Schritt

Die jüngst im Bundeskabinett beschlossene Einführung digitaler Führerscheine und Fahrzeugdokumente markiert einen bedeutenden Meilenstein bei der Digitalisierung der moderneren Verwaltung. Bürgerinnen und Bürger sollen ihre…

21.02.2025 | In den Medien

Gastbeitrag im Betriebs Berater: Überblick über die Regulierung für Wertpapierinstitute

Für Wertpapierinstitute gilt mit dem Inkrafttreten des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) seit dem 26.6.2021 ein eigenes Aufsichtsregime. Neben der unmittelbar geltenden Investment Firm Regulation (IFR) enthält außerdem…

21.02.2025 | KPMG Law Insights

Geldwäscheprävention: BaFin fordert Finanzsektor zum Handeln auf

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ruft den Finanzsektor zur erhöhten Aufmerksamkeit bei der Geldwäscheprävention auf. In ihrem Bericht „Risiken im Fokus 2025“ warnt sie vor…

18.02.2025 | KPMG Law Insights

KI-Compliance: Wichtige rechtliche Aspekte im Überblick

Menschliche Intelligenz schöpft aus Erfahrung, Emotion und Intuition. Künstliche Intelligenz (KI) hingegen verarbeitet Unmengen an Daten in Sekundenbruchteilen. Menschliche Intelligenz denkt voraus, zieht Schlüsse und…

17.02.2025 | In den Medien

WirtschaftsWoche zeichnet KPMG Law und Konstantin von Busekist aus

KPMG Law und Konstantin von Busekist wurden im aktuellen WirtschaftsWoche-Ranking im Bereich Compliance als TOP Kanzlei 2025 und Konstantin von Busekist als TOP Anwalt 2025…

17.02.2025 | In den Medien

Gastbeitrag in der InfrastrukturRecht: Gebührenunfähigkeit der Wasserkonzessionsabgabe

Das BVerwG hat am 09.10.2024 (9 B 5.24) die Beschwerde der Stadt Kassel gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des VGH Kassel vom 30.11.2023…

Kontakt

Isabella Ries

Senior Manager

THE SQUAIRE Am Flughafen
60549 Frankfurt am Main

Tel.: +49 69 951195467
iries@kpmg-law.com

© 2024 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll