Suche
Contact
02.07.2019 | KPMG Law Insights

Gut anderthalb Jahre Betriebsrentenstärkungsgesetz: Schon in Betrieb oder noch zu stärken – lebt die reine Beitragszusage bereits?

Gut anderthalb Jahre Betriebsrentenstärkungsgesetz: Schon in Betrieb oder noch zu stärken – lebt die reine Beitragszusage bereits?

Von Susanne Jungblut (KPMG)

Seit dem 1. Januar 2018 ist das Betriebsrentenstärkungsgesetz in Kraft. Eines der Herzstücke des Gesetzes ist die Einführung einer reinen Beitragszusage, die den Arbeitgeber von allen Haftungsrisiken, die über die Beitragsentrichtung hinausgehen, entlasten soll. Gibt es nach fast anderthalb Jahren reine Beitragszusagen auf der Grundlage von Tarifverträgen für das Sozialpartnermodell?

 Zur Erinnerung: Was verbirgt sich hinter einer reinen Beitragszusage?

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) beinhaltet eine ganze Reihe von Neuerungen, die zum Ziel haben, die betriebliche Altersversorgung (bAV) zu stärken. Einer der wesentlichsten Inhalte ist die Einführung einer reinen Beitragszusage. Bisher kannte das Betriebsrentengesetz neben den Leistungszusagen, bei denen die spätere Versorgungsleistung vorgegeben ist, lediglich so genannte beitragsorientierte Leistungszusagen (boLZ) sowie Beitragszusagen mit Mindestleistung (BZML). Sowohl bei einer boLZ als auch bei einer BZML steht der Arbeitgeber für eine im Vorfeld definierte (Mindest-)Leistung ein, welche sich im Wesentlichen aus den erbrachten Beiträgen herleitet. Diese garantierte Leistung wurde als ein erhebliches Hemmnis für die Ausweitung der bAV identifiziert. Zudem schränkt die unterliegende Garantie – insbesondere im Niedrigzinsumfeld – die Anlagestrategie und damit auch die erzielbare Rendite deutlich ein.

Aus diesen Gründen wurde durch das BRSG die Möglichkeit einer reinen Beitragszusage eingeführt, bei der es keinerlei Mindest- oder Garantieleistungen des Arbeitgebers oder der durchführenden Einrichtung gibt. Jedoch kann ein Arbeitgeber eine solche Zusage nicht alleine einführen. Vielmehr bedarf sie einer tarifvertraglichen Grundlage, d.h. sie muss durch die Tarifparteien vereinbart sein und über eine gemeinsame Einrichtung der Tarifparteien durchgeführt werden.

Gibt es bereits reine Beitragszusagen auf dem Markt?

In den Tarifverhandlungen und -abschlüssen des letzten und – bis dato – auch diesen Jahres hat die reine Beitragszusage keine Rolle gespielt. In der Metallindustrie wurde immerhin vereinbart, dass man sich bis zur nächsten Tarifrunde in 2020 über mögliche Inhalte einer reinen Beitragszusage austauschen wird. Zunächst wurde vermutet, dass es evtl. schon vor diesem Termin zu einer Einigung über ein neues Versorgungssystem kommt, im Moment schaut es aber nicht danach aus.

Auf Seiten der Unternehmen scheint das Interesse an der Einführung einer reinen Beitragszusage eher verhalten zu sein. Die DAX30-Unternehmen sehen sich mit ihrer derzeitigen bAV der alten Welt größtenteils gut aufgestellt. Kleinere Unternehmen verfügen entweder ebenfalls bereits über eine in ihren Augen zufriedenstellende bAV oder warten schlicht und ergreifend ab, was die Tarifparteien vereinbaren werden.

Seit Inkrafttreten des BRSG gab es eine Reihe von Fachtagungen, bei denen Akteure und Unternehmen gefragt wurden, wie sie zu der reinen Beitragszusage stehen und was hierzu auf deren Seite zurzeit geschieht. Auch wurden einige Umfragen zu dem Thema durchgeführt. Unser Gesamteindruck ist, dass zurzeit weitgehend Schweigen vorherrscht. Noch ist keine verlässliche Einschätzung dazu möglich, wie sich Markt und Tarifpartner hinsichtlich der reinen Beitragszusage bewegen werden. Das BMAS hatte im Februar d.J. die Tarifpartner zu einem Gespräch in Berlin geladen, um die Gründe für die zögerliche Umsetzung der reinen Beitragszusage zu diskutieren. Vorsichtig gesagt, gibt es hier also eine gewisse Erwartungshaltung der Politik. In Fachkreisen wird befürchtet – und fast schon erwartet –, dass es zu einer Art obligatorischer betrieblicher Altersversorgung oder zu einem staatlich gelenkten Altersversorgungsfonds kommen wird, sofern die Sozialpartner dieser politischen Erwartung nicht entsprechen.

Am meisten Bewegung gibt es fast auf Seiten der potentiellen Anbieter. Hier gibt es bereits Konsortiallösungen der Versicherungswirtschaft sowie Kooperationen zwischen Versicherern und Investmenthäusern, welche entsprechende fondsgebundene Lösungen anbieten (wollen). Darüber hinaus haben einige große Pensionskassen für die reine Beitragszusage geeignete Abrechnungsverbände eingerichtet.

Vor diesem Hintergrund schlug vor wenigen Wochen die Nachricht, dass der Abschluss der ersten Beitragszusage kurz bevorstehe, ein „wie eine Bombe“. Ver.di teile mit, dass eine entsprechende (Haus-)Tarifvereinbarung in der Versicherungswirtschaft kurz vor ihrem Abschluss stehe und dass es darüber hinaus konkrete Gespräche in einem Unternehmen aus dem Luftfahrtbereich gebe. Jüngste Äußerungen von ver.di scheinen diese Ankündigung jedoch wieder zu bremsen.

Fazit: Auf die erste reine Beitragszusage werden wir wohl noch eine Weile warten müssen. Einzelnen Arbeitgebern, die an einer bAV der neuen Welt Interesse haben, sind also zunächst die Hände gebunden. Aber auch die alte bAV-Welt hält Lösungen bereit, die für die Mitarbeiter attraktiv und für die Unternehmen mit nur minimalem Risiko verbunden sind. Es gibt also keinen stichhaltigen Grund, mit der Einführung oder Umstrukturierung einer bAV zu warten – insbesondere nicht vor dem Hintergrund des sich immer deutlicher abzeichnenden Fachkräftemangels und des in diesem Zusammenhang immer wichtigeren Aspekts der Arbeitgeberattraktivität.

Explore #more

07.08.2025 | KPMG Law Insights

NIS2: So müssen sich Energieversorger vor Cyberangriffen schützen

Im Juli 2025 meldete der Militärische Abschirmdienst Medienberichten zufolge einen deutlichen Anstieg von Ausspähversuchen und Störmaßnahmen durch den russischen Geheimdienst. Dass auch die deutsche Energieinfrastruktur…

06.08.2025 | KPMG Law Insights

Steueroasen: Wenn Geschäftsbeziehungen ein Strafverfahren auslösen

Ein deutsches Tech-Unternehmen zahlte seit Jahren Lizenzgebühren an einen Vertragspartner in Panama, ohne je Probleme gehabt zu haben. Nur wenige wussten jedoch, dass Panama seit

06.08.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law, KPMG in Germany and KPMG in Switzerland advised Bureau Veritas on the acquisition of Dornier Hinneburg and its Swiss subsidiary Hinneburg Swiss

KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) together with KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) and KPMG AG Switzerland advised Bureau Veritas group (Bureau Veritas) on the acquisition…

05.08.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law berät Athagoras Holding GmbH beim Erwerb der IGES Gruppe

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) hat die Athagoras Holding GmbH, eine Plattform des Münchener PE Hauses Greenpeak Partners, bei der Akquisition der IGES…

05.08.2025 | In den Medien

Wirtschaftswoche zeichnet KPMG Law als Top Kanzlei im Vergaberecht aus

Das aktuelle Ranking des Handelsblatt Research Instituts in Kooperation mit der WirtschaftsWoche hat die Top Kanzleien sowie Top-Anwält:innen in den Rechtsgebieten „Vergaberecht“, „Umwelt- und Bauplanungsrecht“…

04.08.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law und KPMG AG beraten NMP Germany bei dem Kauf der DESMA Schuhmaschinen GmbH

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) hat die NMP Germany GmbH (NMP) bei dem Kauf der DESMA Schuhmaschinen GmbH (DESMA) rechtlich beraten. KPMG Law…

02.08.2025 | In den Medien

KPMG Law Experte in der Rheinischen Post zum Thema Influencer Steuerhinterziehung

Das nordrhein-westfälische Landesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (LBF NRW) wertet derzeit ein Datenpaket aus. Es soll 6000 Datensätze umfassen. Der Verdacht: Influencer sollen diese Vergütungen…

31.07.2025 | In den Medien

KPMG Law Experte im Handelsblatt: Neue EU-Verordnung betrifft 370.000 Firmen

Zum Jahresende verbietet die EU Erzeugnisse, die mit der Zerstörung von Wäldern in Verbindung stehen. Die Hoffnung vieler Importeure, die darauf gesetzt hatten, dass die…

29.07.2025 | KPMG Law Insights

Die Spar- und Investitionsunion (SIU) – das sind die Pläne der EU

In der EU fehlt an vielen Stellen Geld, unter anderem für die Infrastruktur, den Ausbau der Digitalisierung und die Verteidigung. Gleichzeitig verfügen Europäer über hohe…

28.07.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law berät den Gesellschafter der Schubert Touristik GmbH bei der Verhandlung und Umsetzung einer strategischen Partnerschaft mit dem österreichischen Private Equity Unternehmen AG Capital

Die Schubert-Gruppe mit Hauptsitz in Aschersleben ist spezialisiert auf organisierte und begleitete Bus-, Flug- und Kreuzfahrtreisen weltweit, speziell zugeschnitten auf Senioren ab 60 Jahren. Mit…

Kontakt

Christine Hansen

Senior Manager
Leiterin Betriebliche Altersversorgung

Heidestraße 58
10557 Berlin

Tel.: +49 30 530199150
christinehansen@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll