Am 12. April 2024 hat der Europäische Rat mit großer Mehrheit die Trilog-Vereinbarung zur Novelle der Industrieemissionsrichtlinie (Industrial Emissions Directive, IED) angenommen. Hauptziel der Überarbeitung ist es, im Kontext des European „Green Deal“ Fortschritte bei der Verwirklichung des Null-Schadstoff-Ziels der EU für eine schadstofffreie Umwelt zu erreichen. Die neuen Vorschriften sollen einen besseren Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt bewirken, indem schädliche Emissionen aus Industrieanlagen verringert und gleichzeitig Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft und Dekarbonisierung gefördert werden.
Neben den Anlagen, die durch die bereits bestehende Richtlinie adressiert werden – darunter Kraftwerke, Raffinerien und Abfallbehandlungsanlagen – werden nun neu weitere Anlagentypen in den Anwendungsbereich aufgenommen.
Auch im Bereich der Landwirtschaft werden mehr Betriebe von Emissionsauflagen betroffen sein. Künftig sind auch Schweine- und Geflügelhaltungsbetriebe mit einer geringeren Anzahl an Großvieheinheiten als bisher von der Richtlinie erfasst. Im Bergbau fällt neu auch die Gewinnung und die Vor-Ort-Aufbereitung bestimmter Erze unter die Richtlinie.
Auch Elektrolyse von Wasser zur Herstellung von Wasserstoff wird erfasst, wenn die Produktionskapazität 50 Tonnen pro Tag übersteigt.
Von der IED reguliert werden soll auch die Herstellung von Batterien, ausgenommen der ausschließliche Zusammenbau, mit einer Produktionskapazität von 15.000 Tonnen Batteriezellen oder mehr pro Jahr. Das dürfte erhebliche Auswirkungen auf die Errichtung und den Betrieb von Batterierecyclinganlagen haben, der sich jüngst als Markttrend abzeichnete.
Die Novelle der IED sieht außerdem vor: Bis zum 31. Dezember 2035 müssen die EU-Mitgliedstaaten Systeme für die elektronische Genehmigung von Anlagen entwickeln und elektronische Genehmigungsverfahren einführen.
Zusätzlich soll die Kommission einen Informationsaustausch mit den Mitgliedstaaten über die elektronische Genehmigung organisieren und Leitlinien zu bewährten Verfahren veröffentlichen. Die Ziele dieser neuen Regelung: weniger Verwaltungsaufwand für Betreiber und Behörden, ein besserer Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen und die Erleichterung der Beteiligung der Öffentlichkeit an Genehmigungsverfahren. Die Kommission soll die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung elektronischer Genehmigungen unterstützen, indem sie den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten organisiert und Leitlinien zu bewährten Verfahren bereitstellt.
Betreiber im Anwendungsbereich der IED müssen künftig ein Umweltmanagementsystem gemäß dieser Richtlinie und den maßgeblichen BVT-Schlussfolgerungen einführen, umsetzen und maßgebliche Teile davon der Öffentlichkeit zugänglich machen. Umweltleistung und Anlagensicherheit sollen auf diese Weise laufend verbessert werden, unter anderem durch Abfallvermeidung, die Optimierung von Ressourcennutzung und die Wasserwiederverwendung sowie die Vermeidung oder Minderung von Risiken in Verbindung mit der Verwendung gefährlicher Stoffe. Mindestinhalte eines solchen Umweltmanagementsystems sind unter anderem: umweltpolitische Ziele für die fortlaufende Verbesserung der Umweltleistung und der Anlagensicherheit einschließlich Maßnahmen zur Vermeidung der Entstehung von Abfällen, ein Chemikalienverzeichnis und ein neu eingeführter Transformationsplan.
Mit der Novelle der Industrieemissionsrichtlinie möchte die EU die Emissionen im Unionsgebiet weiter verringern. Daher sollen die Behörden künftig die Emissionsgrenzwerte auf dem strengsten für die spezifische Anlage erreichbaren Niveau festlegen. Dabei sollen sie die gesamte Spanne der BVT-assoziierten Emissionswerte und medienübergreifende Auswirkungen berücksichtigen. Die Emissionsgrenzwerte basieren auf einer Bewertung durch den Betreiber, der analysiert, ob die Werte am strengeren Ende der Spanne der BVT-assoziierten Emissionswerte erreicht werden können. Damit wird angestrebt, die bestmögliche Umweltleistung für die spezifischen Anlagen zu verwirklichen. Hiervon ausgenommen sind Fälle, in denen der Betreiber nachweisen kann, dass in der betroffenen Anlage nur weniger strenge Emissionsgrenzwerte eingehalten werden können. In den BVT-Schlussfolgerungen soll angegeben werden, wie niedrigere Emissionswerte innerhalb der für die Anlagenkategorie festgelegten Spanne erreicht werden können.
Nach der nun erfolgten formellen Annahme wird in den nächsten Wochen eine Veröffentlichung im Amtsblatt der EU erwartet. 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt wird die Novelle der IED in Kraft treten. Die IED ist innerhalb von 22 Monaten nach Inkrafttreten in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland sind bislang Überarbeitungen und Ergänzungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes sowie diverser Verordnungen zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (2., 4., 9., 13., 17., 31. sowie – neu – 45.) vorgesehen. Zudem ergeben sich voraussichtlich auch weitere Änderungen, etwa am Wasserhaushaltsgesetz, der Abwasserverordnung, dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und der Deponieverordnung sowie der TA Luft. Aktuell bereits in der Überarbeitung befinden sich die 4., 17. und 31. BImSchV.
Die jetzt verabschiedete Novelle der IED zeigt eindrucksvoll, dass der Europäische Gesetzgeber Ernst macht, um die Ziele einer Klimaneutralität im Sinne der Vorgaben des European „Green Deal“ zu erreichen. Von der IED betroffene Unternehmen sind gut beraten, die neuen Regelungen frühzeitig zu erfassen, um Art und Umfang der Betroffenheit auszuloten. Zudem sollten die Unternehmen die nationalen Umsetzungsschritte eng begleiten und sich – wenn möglich –in die entsprechenden Gesetzgebungsverfahren einbringen. Was Deutschland betrifft, ist im Hinblick auf die anstehende Bundestagswahl im nächsten Jahr durchaus möglich, dass die ersten Umsetzungspakete schneller vorliegen als erwartet.
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