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14.05.2021 | KPMG Law Insights

Neues Fondsstandortgesetz

Neues Fondsstandortgesetz

Im Entwurf des „Fondsstandortgesetzes“ (FoStoG) legt der Gesetzgeber eine ganze Reihe von Maßnahmen vor, um die Attraktivität Deutschlands als Fondsstandort zu erhöhen. Neuregelungen sollen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Fondsindustrie steigern und Bürokratie abbauen. Außerdem werden damit europäische Vorgaben aus den Richtlinien für „Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“ (OGAW) und für „Alternative Investment Fund Manager“ (AIFM) umgesetzt.

Der Bundestag hat den Entwurf der Bundesregierung zum Fondsstandortgesetz am Abend des 22. April 2021 in zweiter und dritter Lesung abschließend zugestimmt und in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses verabschiedet.

Das durch das FoStoG überarbeitete „Kapitalanlagegesetzbuch“ (KAGB) stellt vier neue Produktmöglichkeiten zur Verfügung:

I. Spezial-AIF können als geschlossene Sondervermögen aufgelegt werden

Nach der Beschlussempfehlung dürfen geschlossene Spezial-AIF künftig auch als Sondervermögen aufgelegt werden. Damit wird die Produktpalette deutscher Fondsverwalter erweitert und die für offene Sondervermögen geltenden Vorschriften gelten nun auch für geschlossene Sondervermögen. Die Vorteile des geschlossenen Sondervermögens gegenüber der bisher geltenden Gesellschaftsform des geschlossenen Fonds liegen auf der Hand: So sind keine Gesellschaftsverträge mehr abzuschließen, Gesellschafterversammlungen/-beschlüsse entfallen, und es ist keine Eintragung von Kommanditisten ins Handelsregister erforderlich. Zudem wird der Erwerb der Anteile an geschlossenen Fonds vereinfacht, da diese – im Gegensatz zu einem Kommanditanteil an einer Investmentkommanditgesellschaft – bei einem Sondervermögen depotfähig sind.

Die Neuerungen ermöglichen erstmals deutschen Private Equity und Venture-Capital-Fonds die Rechtsform des Sondervermögens, statt der normalerweise bisher gewählten Gesellschaftsform der GmbH & Co. KG. Dies ist in anderen europäischen Jurisdiktionen wie in Luxemburg mit dem Fonds Commun de Placement (FCP) seit jeher bekannt.

Die dadurch erhofften Vorteile sind Flexibilität und die Minimierung des Risikos einer gewerblichen Infektion von Einkünften bzw. einer vollständigen oder partiellen Steuerpflicht (Abschirmwirkung).

II. Geschlossene Master-Feeder-AIF

Das überarbeitete KAGB enthält auch neue Regeln für geschlossene Master-Feeder-Strukturen, die bislang nicht zulässig waren. Auch diese Änderung dient der Stärkung des Fondsstandorts Deutschland. Kapitalverwaltungsgesellschaften sollen mehr Gestaltungsmöglichkeiten erhalten. Der Inhalt der Regelungen orientiert sich weitestgehend an den Regelungen für offene Master-Feeder-Strukturen (§§ 171 bis 180) unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale geschlossener Vehikel. Geschlossene Fonds können jedoch nicht nachträglich in einen Feeder-Fonds verwandelt werden, wie es bei offenen Fonds möglich ist.

III. Offene Infrastruktur-Sondervermögen

Durch die geplante Einführung von Infrastruktur-Sondervermögen erhalten Kleinanleger die Möglichkeit, in Infrastruktur-Projektgesellschaften zu investieren, um damit an Infrastrukturprojekten zu partizipieren. Dieser Gedanke ist dem deutschen Investmentrecht nicht fremd, denn auch schon im Investmentgesetz von 2007 gab es diesen Fondstypen. Die Regelungen für offene Infrastruktur-Sondervermögen orientieren sich an den Vorschriften für Immobilien-Sondervermögen. Als Infrastruktur-Projektgesellschaften gelten nach dem geänderten KAGB Gesellschaften, die gegründet wurden, um Einrichtungen, Anlagen oder Bauwerke, die dem Funktionieren des Gemeinwesens dienen, zu sanieren, zu betreiben oder zu bewirtschaften.

IV. Entwicklungsförderungsfonds

Der Bundestag hat im FoStoG durch einen regulatorischen Rahmen für „Entwicklungsförderungsfonds“ (EF-Fonds) einen initialen Anreiz gesetzt, verstärkt EF-Fonds auch in der Bundesrepublik aufzulegen und privates Kapital für die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung in Entwicklungs- und Schwellenländern zu mobilisieren. Die EF-Fonds dürfen als offene und geschlossene inländische Spezial-AIF aufgelegt werden und bieten gegenüber den herkömmlichen deutschen Fondstypen mehr Flexibilität. Die EF-Fonds kombinieren die europäisch geprägten Nachhaltigkeitsförderungen mit der Möglichkeit, über ein spezielles Fondsvehikel in Entwicklungsländer zu investieren.

Daneben enthält das FoStoG folgende weitere Änderungen:

  • Das „Umsatzsteuergesetz“ (UStG) wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuerbefreiung auf die Verwaltung von Wagniskapitalfonds ausgedehnt wird.
  • Um die Attraktivität von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen zu erhöhen, wird im „Einkommensteuergesetz“ (EStG) der steuerfreie Höchstbetrag von derzeit 360 Euro auf 1.440 Euro angehoben (im Entwurf war noch eine Anhebung auf 720 Euro vorgesehen). Zudem wird eine steuerliche Regelung zur weiteren Förderung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen insbesondere bei Start-up-Unternehmen aufgenommen.
  • Weitere Entbürokratisierung für Fondsverwalter soll durch u. a. die grundsätzliche Abschaffung des dauerhaften Datenträgers, soweit nicht durch europäisches Recht vorgegeben, die Abschaffung zahlreicher Schriftformerfordernisse und mehr Flexibilität für Fondsverwalter bei Änderungen von Anlagegrundsätzen (verkürzte Änderungsfrist) erreicht werden.
  • Weitere Digitalisierung der Aufsicht: Die Kommunikation mit der BaFin soll nur noch auf elektronischem Weg erfolgen (ab April 2023).
  • Die Kommunikation mit der BaFin soll weiter digitalisiert werden und grundsätzlich auf elektronischem Weg erfolgen (ab April 2023).
  • Regelungen zum Pre-Marketing von Investmentfonds (Richtlinienumsetzung) werden eingeführt (dazu unten mehr).

Verankerung der ESG-Informationspflichten nach Offenlegungs-VO im KAGB

Ein besonderes Augenmerk ist auf die Aufnahme der ESG-Informationen in das KAGB zu richten. Nach der Offenlegungs-Verordnung, die bereits am 10. März 2021 in Kraft getreten ist, muss jede KVG umfassende Informationen zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken veröffentlichen (z.B. wie ESG-Kriterien in Investitionsentscheidungen integriert werden oder ob ein Fonds und der Fondsverwalter generell ESG-Ziele verfolgen). Diese Informationen sind sowohl für die KVG selbst als auch für die von ihr verwalteten bzw. aufgelegten Fonds offenzulegen. Zudem gelten verschiedene Offenlegungspflichten im Jahresbericht, im Verkaufsprospekt und auf der Homepage des Unternehmens.

Pre-Marketing

Das sogenannte Pre-Marketing muss bis zum 2. August 2021 in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden und soll die Vertriebsregelungen innerhalb der Europäischen Union harmonisieren. Dabei handelt es sich um die „Bereitstellung von Informationen oder Mitteilung über Anlagestrategien oder Anlagekonzepte […] mit dem Ziel festzustellen, inwieweit die Anleger Interesse haben an einem AIF“. Damit wird ein weites Betätigungsfeld neu reguliert, das zeitlich vor dem eigentlichen Vertriebsbeginn liegt. Folgende Tätigkeiten erfüllen (weiterhin) nicht den Tatbestand des Vor-Vertriebs:

  • Ein Anleger tritt selbstständig auf die KVG mit einem Investitionswunsch heran (sogenanntes Reverse Solicitation);
  • Die KVG stellt bloß ihre Kompetenz und Produktpalette im Allgemeinen vor;
  • Die KVG kontaktiert Anleger mit einem angebotsreifen Fonds (da dies bereits den (Voll-)Vertriebsbegriff erfüllt).

Alle anderen Tätigkeiten der KVG im Vorfeld zum eigentlichen Vertrieb eines Spezial-AIF können künftig den Tatbestand des Pre-Marketingerfüllen. Dies ist im Einzelfall zu prüfens. Die KVGen sind innerhalb von zwei Wochen zur Anzeige über die Aufnahme der Pre-Marketing-Aktivitäten an die BaFin verpflichtet.

Kryptowerte

Nach der Beschlussempfehlung sind künftig Kryptowerte für offene inländische Spezialfonds mit festen Anlagebedingungen in Höhe bis zu 20 Prozent des Fondsvermögens erwerbbar. Somit sind für institutionelle Krypto-Fonds in Deutschland die Tore geöffnet. Die Aufnahme von Krypto-Assets in die Spezialfonds ist ein wichtiger Schritt für deren Akzeptanz und stärkt Deutschlands Position als Finanzinvestitions-Standort.

Fazit

Einerseits setzt das Fondsstandortgesetz viele Forderungen der Fondsbranche nach Vereinfachung, Entbürokratisierung und mehr Flexibilität um, was zu begrüßen ist. Andererseits stehen den Asset-Managern neue Hindernisse wie der erschwerte Vertrieb von Spezial-AIF im Weg, und der Entwurf erscheint manchen als zu kurz gesprungen.

Kritische Stimmen halten die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen für den Fondsstandort Deutschland für nur überschaubar. Unter anderem wird an der Mitarbeiterbeteiligung bei Start-ups kritisiert, dass diese in der vorliegenden Gesetzesform wirkungslos blieben würden, da die Neuregelungen praxisfern seien und damit für Start-ups nicht anwendbar. Auch bestünden hierbei unzulässige Eingriffe in die Steuersystematik.

Im Hinblick auf die geplanten Anlagen in Kryptowerte und/oder Infrastruktur-Projektgesellschaften sollte geklärt werden, ob dafür eine Erlaubniserweiterung durch die BaFin erforderlich ist.Ob also die Maßnahmen nun tatsächlich die Attraktivität des deutschen Fondsstandorts steigern werden bleibt fraglich. Der Gesetzesentwurf braucht nur noch die Zustimmung des Bundesrats, bevor es voraussichtlich am 1. Juli 2021 in Kraft treten wird und zum Teil ab dem 1. April 2023 gelten wird.

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