Die Vorteile von Kooperationen des öffentlichen Sektors mit Start-ups liegen auf der Hand. Die Verwaltung steht vor der Aufgabe, die eigene Behörde sowie Einrichtungen der Daseinsvorsorge zu digitalisieren und mit zukunftsgerichteten Lösungen auszustatten, um marktgängig und effizient zu sein. Doch es fehlt an Personal und Ressourcen. Start-ups bieten innovative Lösungen an. Die Jungunternehmen selbst wollen ihre Ideen weiterentwickeln, suchen verlässliche Partner und wollen sich am Markt etablieren. Eine Kooperation kann sich daher für beide Seiten lohnen. Aus rechtlicher Sicht gibt es jedoch einiges zu beachten.
Für Unternehmen der öffentlichen Hand gilt grundsätzlich eine weniger strenge Regulierung als für die Behörde selbst. Start-ups können daher besser an Unternehmen der öffentlichen Hand angedockt werden. Die Partner können entweder eine gemeinsame Gesellschaft gründen oder das öffentliche Unternehmen kann sich am Start-up beteiligen. In der Praxis wird der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung häufig ein Wandeldarlehen vorgeschaltet. Vereinfacht gesagt gewährt hierbei das öffentliche Unternehmen dem Start-up ein Darlehen verbunden mit dem Recht, den Rückzahlungsanspruch im Rahmen einer etwaigen späteren Kapitalerhöhung als andere Zuzahlung in das Eigenkapital des Start-ups einzubringen. Diese Lösung ist für beide Seiten interessant. Das öffentliche Unternehmen hat mit der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung die Sicherheit, dauerhaft Zugriff auf die Innovation zu erhalten. Das Start-up bekommt das erforderliche Kapital, um die Innovation zu etablieren und weiterzuentwickeln. Öffentliche Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH, GmbH & Co.KG oder AG bestehen oftmals bereits, vorzugsweise in den Bereichen Logistik und Verkehr, im Gesundheitssektor und im Energiebereich. Existiert eine Konzernstruktur, kann das öffentliche Unternehmen die Kooperationen mit Start-ups über eine Tochtergesellschaft ausüben, das sich auf diese Zusammenarbeit spezialisiert.
Auch für öffentliche Unternehmen gelten allerdings kommunalwirtschaftliche Rahmenbedingungen, die einzuhalten sind. Hierzu gehören:
Die Behörde sollte die zuständige Aufsichtsbehörde über die geplante Beteiligung informieren, soweit es sich nicht ohnehin nach den landesrechtlichen Bestimmungen um ein anzeige- oder zustimmungspflichtiges Geschäft handelt.
Außerdem könnte ein Zustimmungserfordernis kommunaler Gremien bestehen. Häufig sehen die Kommunalordnungen Zustimmungsvorbehalte des kommunalen Gremiums für kommunale Aufsichtsratsmitglieder des öffentlichen Unternehmens vor, dem sie angehören. Handelt es sich bei dem öffentlichen Unternehmen um eine AG, die sich durch eine weisungsunabhängige Entscheidungskompetenz auszeichnet, kann das Zustimmungserfordernis im Einzelfall entfallen.
Wichtig ist, dass die öffentliche Hand durch die Zusammenarbeit mit Start-ups keinen ausschreibungspflichtigen Vorgang auslöst. Das Vergaberecht macht im Bereich von Forschung und Entwicklung Ausnahmen von der Vergabepflicht (vgl. § 116 Abs. 1 Nr. 2 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen – GWB). Die Innovationspartnerschaft ist ein spezielles Vergabeverfahren, das dem Zweck dient, gemeinsam mit einem öffentlichen Auftraggeber Produkte und Lösungen weiterzuentwickeln (vgl. § 119 Abs. 7 GWB, § 19 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge – VgV). Das Beihilferecht verbietet es der öffentlichen Hand, einem Start-up finanzielle Unterstützung ohne eine adäquate Gegenleistung zukommen zu lassen. Die Kooperation muss daher beihilfekonform sein und die kreditwirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen abgesichert werden.
Nicht außer Acht lassen sollte die Verwaltung einen Umstand: Start-ups sind agil und benötigen unter Umständen schnelle Entscheidungen. Dies könnte für die Verwaltung schwierig sein, insbesondere wenn kommunale Gremienentscheidungen erforderlich werden und Ladungs- sowie Vorlagefristen zu beachten sind. Damit das Start-up trotzdem schnell entscheiden kann, können öffentliche Rechtsträgern im Vorfeld konzeptionelle Grundsatzentscheidungen in Form von Vorratsbeschlüssen treffen. Diese Grundsatzentscheidungen sollten die wesentlichen Rahmenbedingungen für die Beteiligung enthalten:
Kooperationen des öffentlichen Sektors mit Start-ups bieten einige Vorteile. Jedoch ist bei der Gestaltung einiges zu beachten, damit die Zusammenarbeit reibungslos ablaufen kann. Insbesondere sollte die öffentliche Hand in Grundsatzbeschlüssen ihre Anforderungen an die Zusammenarbeit mit Jungunternehmen aufstellen. So kann ein Rahmen aufgespannt werden, der Transparenz für kommunale Gremien und Start-ups schafft. Für beide Partner kann sich unter diesen Vorzeichen eine Win-Win-Situation in der Zusammenarbeit einstellen.
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