Suche
Contact
19.05.2021 | KPMG Law Insights

Betriebliche Altersversorgung – Countdown in den verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung auch für Altverträge – Sind Sie startklar?

Countdown in den verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung auch für Altverträge – Sind Sie startklar?

Klar ist: Die Weitergabe der eingesparten pauschalierten Sozialversicherungsbeiträge nach Maßgabe des gesetzlich verpflichtenden Arbeitgeberzuschusses zur Entgeltumwandlung gilt für alle neuen Entgeltumwandlungsvereinbarungen in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds, die ab dem 1. Januar 2019 abgeschlossen werden. Nach Ablauf der Übergangsfrist ab dem 1. Januar 2022 gilt dieser verpflichtende Zuschuss nun auch für bereits vor 2019 abgeschlossene individualrechtliche und kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen („Altzusagen“). Vor diesem Hintergrund hinterfragen derzeit viele Unternehmen die rechtlichen Anforderungen an die Bezuschussung und etwaige Gestaltungsmöglichkeiten zur Anrechnung bisheriger freiwilliger Zuschüsse. Wir fassen für Sie in aller Kürze die wichtigsten Fragen zusammen.

 

I. Am Anfang stand das Betriebsrentenstärkungsgesetz – Grundlagen

Die Änderung des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz zum 1. Januar 2018 hatte zahlreiche Neuerungen in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) zur Folge.

Prominent und per se geeignet, die größten Änderungen zu bewirken, sollte als Herzstück das Sozialpartnermodell einen tarifvertraglichen Gestaltungsrahmen bieten zur Einführung einer reinen Beitragszusage ohne Haftungen und Garantien von Arbeitgeber und Anbieter für bestimmte Rentenhöhen (Pay and forget). Auch die regelhafte Entgeltumwandlung mit Opting-Out-Votierung sollte eine Verbreiterung der Betriebsrenten erzielen. Die tarifvertragliche Umsetzung des Modells ist aufgrund verschiedenster Hürden allerdings noch nicht ins Rollen geraten.

Flankierend wurden Verbesserungen der „alten“ bAV-Welt eingeführt. Insbesondere die steuerliche Förderung der bAV wurde verbessert, z.B. beim Fördervolumen des § 3 Nr. 63 EStG. Mit dem Förderbetrag nach § 100 EStG wurde zudem eine neue Subventionierung von Arbeitgeberbeiträgen zugunsten von Arbeitnehmern innerhalb einer gewissen Einkommensgrenze eingeführt.

Große praktische Relevanz für Unternehmen, Anbieter und versorgungsberechtigte Mitarbeiter zeigte schließlich die Einführung eines gesetzlich verpflichtenden Arbeitgeberzuschusses für Entgeltumwandlungen, die ab dem 1. Januar 2019 geschlossen wurden bzw. werden.

Die Gesetzesformulierung in § 1a Abs. 1a BetrAVG lautet wörtlich: „Der Arbeitgeber muss 15 Prozent des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterleiten, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart.“ Diese schlichte Regelung wirft in der Praxis weiterhin diverse Fragen auf.

Die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers, die dieser durch die umwandlungsbedingte Kürzung des sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts einspart, werden als Zuschuss zur Entgeltumwandlung (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG) in pauschalierter Form in Höhe von 15 % des umgewandelten Entgelts weitergegeben. Alternativ kann der Arbeitgeber auch „spitz“ rechnen, d.h. den Zuschuss nur exakt in der Höhe der tatsächlich eingesparten Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Für den Arbeitgeberzuschuss gilt sofortige Unverfallbarkeit.

Für Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die bereits vor dem 1. Januar 2019 geschlossen worden sind, müssen nunmehr ab dem 1. Januar 2022 eingesparte Sozialversicherungseiträge ebenfalls weitergegeben werden (§§ 26a, 1a Abs. 1a BetrAVG). Ausgenommen von der Verpflichtung zur Weitergabe sind damit weiterhin nur Entgeltumwandlungen in den Durchführungswegen der Direktzusage und Unterstützungskasse.

Die gesetzliche Regelung ist grundsätzlich zwingend, d.h. von ihr darf nicht zuungunsten der versorgungsberechtigten Mitarbeiter abgewichen werden. Sie unterfällt allerdings der allgemeinen Tariföffnungsklausel des § 21 BetrAVG und ist damit tarifdispositiv.

 

II. Das bisschen Zuschuss kann so schlimm nicht sein – oder?

In rechtlicher Hinsicht war die Differenzierung, wann es sich um eine zu bezuschussende Neuzusage bzw. (noch) um eine Altzusage handelte, umstritten. Sollte es auf die zugrundeliegende kollektivrechtliche Regelung in der Rechtsgrundlage zur Entgeltumwandlung (z.B. VO, BV, TV) ankommen oder auf den Abschluss der individuellen Entgeltumwandlungsvereinbarung durch den einzelnen Arbeitnehmer zu einem nachgelagerten Zeitpunkt? Für beide Sichtweisen lassen sich plausible Argumente anführen.

Viele Unternehmen wollten die Bezuschussung aus personalpolitischen Gründen von Anbeginn einheitlich für alle Mitarbeiter ohne Unterscheidung zwischen Neu- und Altzusagen umsetzen. Hierbei stießen sie jedoch auf eine Vielzahl an Problemen.

Anbieter wollten teilweise aus tariflichen Gründen keine Beitragserhöhungen mehr in bestehenden Verträgen zulassen. Vor allem bei Verträgen mit hohem garantierten Rechnungszins ging ihr Interesse dahin, die Beitragserhöhung zurückweisen, da sie wegen des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes den Garantiezins kaum noch erwirtschaften. Der Zuschuss für einen separaten neuen Vertrag war jedoch unter Umständen angesichts tariflicher Mindestbeitragsgrenze zu gering.

Auch bei pauschal nach § 40b EStG besteuerten Direktversicherungen und Pensionskassenverträgen traten regelmäßig Probleme auf, weil diese Tarifgenerationen meist schon geschlossen und somit keine Beitragserhöhungen mehr möglich waren. Das war zu erwarten, denn die Förderung nach § 40b EStG war für kapitalbildende Verträge nur für Zusagen möglich, die bis zum 31. Dezember 2004 erteilt wurden.

Im Weiteren stellt sich die Frage, wie mit Fällen umgegangen werden soll, in denen die Entgeltumwandlung des Mitarbeiters bereits die sozialversicherungsfreie Beitragsgrenze von 4% der Beitragsbemessungsgrenze ausschöpft. Hier werden ohne hilfsweise freiwillige Verringerung der Einbringungen auf den Zuschuss Sozialabgaben fällig, die vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu leisten sind.

Die Liste der administrativen wie rechtlichen Herausforderungen ließe sich lange fortführen. Im Ergebnis hielten die Unsicherheiten bislang noch viele Arbeitgeber davon ab, eine Bezuschussung auch der Altzusagen vorzeitig umzusetzen. Die ablaufende Übergangsfrist zwingt nun zum Handeln.

 

III. Einpassung in die bestehenden Versorgungszusagen und Prüfung auf weitere Modifizierungsbedarfe

Bei der Befassung mit dem Zuschuss für Altzusagen ist die Ergänzung der bestehenden Versorgungsregelungen bzw. die etwaige Anrechenbarkeit anderweitiger „freiwilliger“ Bezuschussungen durch den Arbeitgeber zu prüfen und nach Maßgabe der bei der jeweiligen Zusage geltenden Rechtsgrundlagen zu gestalten.

Trifft ein vertraglicher Entgeltumwandlungszuschuss auf den gesetzlich verpflichtenden Zuschuss, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen er den gesetzlichen ablösen bzw. ersetzen kann. Die vollständige Ablösung ist nur möglich, wenn der vertragliche Zuschuss mindestens den Betrag des gesetzlichen erreicht. Auch eine nur teilweise Ablösung des gesetzlichen Zuschusses ist grundsätzlich denkbar. Was geschieht, wenn der vertragliche Zuschuss den gesetzlichen übersteigt – werden insoweit die gesetzlichen Rechtsfolgen nicht ausgelöst? Während letztere Frage seltener relevant sein wird, ist stets zu fragen, was eine wirksame Anrechnung bzw. Ablösung voraussetzt. Zur wirksamen Vorgehensweise ist nach einem Ablösevorhalt sowie dem Rechtsbegründungsakt für den vertraglichen Zuschuss zu unterscheiden.

 

IV. Fazit

Gerne zeigen wir Ihnen Lösungsvorschläge auf und begleiten die finale gesetzeskonforme Umsetzung des verpflichtenden Arbeitgeberzuschusses.

Wir empfehlen zudem, die gesetzliche Änderung zum Anlass zu nehmen, Ihre Versorgungssyteme auf weiteren aktuellen Anpassungsbedarf hin zu untersuchen. Dies nicht nur zugunsten von Vereinfachungen und Modernisierungen oder der Vereinheitlichung von historisch gewachsenen Versorgungslandschaften. Vielmehr erleben wir in unserer Praxis aktuelle Unternehmensstrategien, Transaktionen und Umgestaltungen sowie vor allem wirtschaftliche Herausforderungen als Treiber für Modifizierungen der bAV.

 

Gerne beraten wir Sie individuell und anbieterneutral, um eine für Ihr Unternehmen passende Lösung zu finden, die nachhaltig, rechtssicher und personalpolitisch gut vertretbar ist.

Kommen Sie gerne auf uns zu.

Explore #more

17.01.2025 | In den Medien, Karriere

KPMG Law bei den azur Awards 2025 nominiert

Die azur-Redaktion verkündet die Nominierten der azur Awards 2025. In diesem Jahr sind juristische Arbeitgeber in vier Kategorien für ihr Engagement im Nachwuchsbereich nominiert. Die…

15.01.2025 | KPMG Law Insights

Gesetzliche Neuerungen im Arbeitsrecht 2025

Seit dem 1. Januar 2025 gelten einige Neuerungen im Arbeitsrecht. Insbesondere das Bürokratieentlastungsgesetz sorgt für viele Erleichterungen und ermöglicht es Personalabteilungen, Prozesse zu digitalisieren. Arbeitgeber…

13.01.2025 | KPMG Law Insights

IED: Erstes Gesetzespaket zur Umsetzung der EU-Richtlinie liegt vor

Die neue EU-Industrieemissionsrichtlinie (Industrial Emissions Directive, IED) ist am 4. August 2024 in Kraft getreten und muss bis Juli 2026 von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.…

12.01.2025 | In den Medien

Podcast zur EU-Entwaldungsverordnung

Entwaldung und Waldschädigung nehmen weltweit mit besorgniserregender Geschwindigkeit zu. Sie sind eng mit der globalen Klimakrise und dem Verlust von Artenvielfalt verknüpft – das sind…

09.01.2025 | In den Medien

KPMG Law stärkt den Bereich Legal Transformation & Managed Services und Legal Corporate Services mit zwei neuen Senior Managerinnen

KPMG Law hat sich zum 1. Januar mit Jana Sichelschmidt im Bereich Transformation Managed Services und mit Dr. Michaela Lenk im Bereich Corporate Services verstärkt.…

07.01.2025 | KPMG Law Insights

Grundsteuer als Betriebskosten: Drei aktuelle Fragen und Antworten

Als Teil der Betriebs- und Nebenkosten kann die für eine vermietete Wohn- oder Gewerbeimmobilie erhobene Grundsteuer regelmäßig an Mieterinnen und Mietern weiterberechnet werden. Zum 1. …

07.01.2025 | KPMG Law Insights

Digitalisierung und Kooperationen – diese Maßnahmen sollten Kommunen im Haushalt einplanen

Mit Maßnahmen der Digitalisierung und mit Kooperationen können Kommunen langfristig erhebliche Kosten und auch Personal sparen. Auch wenn das Geld gerade knapp ist, sollten die…

06.01.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law hat die Flexfy GmbH bei der Ausgründung aus der DAW SE sowie einer anschließenden Finanzierungsrunde beraten

Die DAW SE hat im Rahmen eines Innovationsprogramms einen elektrisch leitfähigen und magnetischen Wandaufbau entwickelt, der eine flexible und neuartige Nutzung von Wänden ermöglicht („FLEXFY…

06.01.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law begleitet den Verkauf der Käppler & Pausch GmbH

Gabriel Pausch, der Mitgründer und Hauptgesellschafter der Käppler & Pausch GmbH, ein Systemlieferant für Metallbaugruppen sowie Metall- und Blechverarbeitung mit 160 Mitarbeitern in Neukirch/Lausitz, hat…

03.01.2025 | In den Medien

Interview in der Betrieb zum EU-Geldwäschepaket und seine Auswirkungen

Das EU-Geldwäschepaket harmonisiert die Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfungsregeln in Europa, bringt neue Maßnahmen wie Bargeld-Obergrenzen von 10.000 €, Identifizierungspflichten ab 3.000 € und eine neue zentrale…

Kontakt

Christine Hansen

Senior Manager
Leiter Betriebliche Altersversorgung

Heidestraße 58
10557 Berlin

Tel.: +49 30 530199150
christinehansen@kpmg-law.com

© 2024 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll