Der Bundestag hat am 6. Juni 2024 die Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) beschlossen. Am 14. Juni hat das Gesetz auch den Bundesrat passiert. Mit dem Gesetz sollen schnellere und unbürokratischere Verfahren geschaffen und so Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Windenergieanlagen und andere Industrieanlagen (beispielsweise Anlagen zum Recycling von Abfällen) sollen auf diese Weise schneller entstehen können.
Künftig sollen Betreiber von Anlagen noch schneller mit der Errichtung beginnen können. Eine Errichtung vor Erteilung der Genehmigung ist gem. § 8a BImSchG auch jetzt schon möglich; allerdings nur, wenn eine Prognose der Behörde ergibt, dass mit einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers gerechnet werden kann. Diese Voraussetzung entfällt nun auf Antrag des Antragstellers bei einer Genehmigung für eine Anlage auf einem bereits bestehenden Standort und bei einer Änderungsgenehmigung. Es muss aber sichergestellt werden, dass von den beantragten vorläufigen Maßnahmen keine schädlichen Umwelteinwirkungen, einschließlich naturschutz- und wasserrechtlicher Belange, zu erwarten sind.
Das Genehmigungsverfahren gem. § 10 BImSchG soll digitalisiert werden. Unter anderem sollen Genehmigungsbehörden künftig eine elektronische Antragstellung fordern können. Für Personen ohne Internetzugang soll es aber weiterhin eine andere, leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeit geben. Unterlagen könnten in solchen Fällen zum Beispiel auf einem gängigen elektronischen Speichermedium abgegeben werden.
Um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hinreichend zu wahren, wird Vorhabenträgern entsprechend der Regelung im Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) ein Widerspruchsrecht eingeräumt. Im Unterschied zur Regelung im PlanSiG kann die Behörde das Verfahren jedoch nicht bis zu einer Auslegung aussetzen. Vielmehr sieht die neue Regelung vor, dass die Behörde in diesem Fall eine andere Form der Veröffentlichung wählen muss. Eine entsprechende Regelung wird auch für das störfallrechtliche Genehmigungsverfahren nach § 23b BImSchG gelten.
Auch das Verfahren der Behördenbeteiligung wird für alle Anlagen, die dem Anwendungsbereich des BImSchG unterfallen, weiter gestrafft und beschleunigt. Sofern eine zu beteiligende Behörde innerhalb der Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben hat, wird künftig davon ausgegangen, dass sie sich nicht äußern will, soweit sie nicht um eine Verlängerung gebeten hat. Die Möglichkeit zur Fristverlängerung wird es nicht für alle Anlagen geben. Bei Genehmigungsverfahren von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien oder zur Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist eine Verlängerung der Stellungnahmefrist ausgeschlossen. Bleibt eine Stellungnahme der zu beteiligenden Behörde aus, kann die zuständige Genehmigungsbehörde künftig in jedem Fall entweder zu Lasten der zu beteiligenden Behörde ein Sachverständigengutachten einholen oder selbst Stellung nehmen.
Neu ist auch die Möglichkeit, in Anlehnung an das PlanSiG den Erörterungstermin in Form einer Onlinekonsultation oder durch eine Video- oder Telefonkonferenz durchzuführen.
Außerdem verkürzt der Gesetzgeber die Bearbeitungszeit der Behörden. Hierfür wird die Verordnung über das Genehmigungsverfahren geändert. Die Behörde muss künftig die Genehmigungsunterlagen innerhalb eines Monats auf Vollständigkeit prüfen. In Fällen, in denen die Behörde den Antragsteller nicht zur Ergänzung des Antrags auffordert, ist dann hinsichtlich der Rechtsfolge des Fristbeginns von der Vollständigkeit auszugehen. Für den Fall, dass die Unterlagen aus Sicht der Behörde noch nicht vollständig sind, beginnt die Frist mit Eingang der von der Behörde erstmalig nachgeforderten Unterlagen zu laufen.
Der Gesetzentwurf ist eine weitere Chance, die Industrie bei der Errichtung neuer sowie bei der Erweiterung und Umgestaltung bestehender Anlagen zu entlasten, und so einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu leisten. Die Beschleunigungsmaßnahmen gilt es weiter auszubauen. Insbesondere auch bei der anstehenden Novelle der Industrieemissionsrichtlinie und deren Umsetzung in nationales Recht ist darauf zu achten, dass der zwingend benötigte Beschleunigungs- und Bürokratieabbau weiterhin Bestand hat, damit die Transformationsprozesse hin zu einer Klimaneutralität gelingen können.
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