
Umweltkriminalität wird künftig härter sanktioniert. Die Richtlinie (EU) 2024/1203 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt wird in deutsches Recht umgesetzt. Sie sieht neue Straftatbestände und insgesamt deutlich höhere Strafen für Unternehmen, Geschäftsführungen und Leitungspersonen vor.
Die Frist für die nationale Umsetzung endet am 21. Juni 2026. Die EU-Richtlinie legt Mindeststandards zur Prävention und Strafbarkeit von Umweltkriminalität fest. In Deutschland wird im Zuge der Umsetzung das Strafgesetzbuch (StGB), das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) und weitere Nebenstrafgesetze geändert. Der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums (BMJV) geht über die Mindeststandards der Richtlinie hinaus Er sieht folgendes vor:
Die Änderungen werden Unternehmen aller Art tangieren, insbesondere aber in Wirtschaftsbereichen mit Umweltbezug. Betroffen sein können auch Unternehmen aus den Branchen Bau, Agrar-/Pflanzenschutz, Chemie, Jagd, Abfallentsorgung bzw. Abfallverbringung sowie industrielle Betriebe, Offshore-Projekte, Energieerzeuger, Transportunternehmen, Tiefbau- oder Infrastrukturbetriebe. Mit erhöhten Strafen rechnen müssen auch gesetzliche Vertreter:innen, also Geschäftsführung und Vorstandsmitglieder, sowie operative Leitungspersonen der Unternehmen.
Das BMJV möchte den Strafrahmen bei bestimmten Tatbeständen erweitern. Daneben sieht der Referentenentwurf unter anderem folgende Änderungen vor:
Neben der Gewässer- und Bodenverunreinigung gem. §§ 324, 324a StGB soll auch das Inverkehrbringen bestimmter umweltschädlicher Produkte strafbar werden. Und zwar dann, wenn dessen bestimmungsgemäße Verwendung in größerem Umfang, wie etwa durch eine Vielzahl von Nutzern, zu erheblichem Schadstoffausstoß und damit zu einer Luftverunreinigung führen kann. Dafür soll der bereits bestehende Straftatbestand der Luftverunreinigung (§ 325 StGB) angepasst werden. Dabei soll auch der Strafrahmen für leichtfertiges Handeln erhöht werden.
Das Ökosystem soll einen eigenen strafrechtlichen Schutz erhalten. In sämtlichen Tatbeständen, die bisher die Gefährdung oder Schädigung bestimmter Umweltmedien sanktionieren, soll künftig das Ökosystem als weiteres Umweltmedium aufgenommen werden. Die Richtlinie verlangt auch die gesetzliche Definition dieses Begriffs. Dieser soll in § 330d Absatz 1 Nr. 2 StGB legaldefiniert werden. Bislang schützt das Umweltstrafrecht die Umweltmedien Boden, Wasser, Luft, Tiere, Pflanzen und die Gesundheit. Durch die Aufnahme des Ökosystems soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Umweltschäden oft komplexe Wechselwirkungen zwischen lebenden Organismen und ihren abiotischen Bedingungen betreffen.
Außerdem soll künftig die Immission von Geräuschen und thermischer Energie strafbar sein können. Unternehmen sollten daher aufpassen bei der Einleitung, Abgabe oder Einbringung dieser Energieformen. Das deutsche Strafrecht bildete diese Konstellationen bislang nicht abschließend ab. Bislang stand nur das Verursachen von Lärm, Erschütterungen und nichtionisierenden Strahlen unter Strafe.
In § 330 Absatz 2 StGB soll ein neuer Qualifikationstatbestand für die §§ 324-329 StGB eingeführt werden. Kommt es aufgrund einer vorsätzlichen Begehung eines Umweltstraftatbestands zu katastrophalen Folgen für die Umwelt, soll dies besonders schwerwiegend sein und entsprechend härter bestraft werden. Dies soll etwa dann der Fall sein, wenn ein erhebliches Ökosystem irreversibel geschädigt oder die Umweltqualität massiv beeinträchtigt wird.
Die unerlaubte Ausführung von Vorhaben soll künftig unter Strafe gestellt werden. Bisher war nur das unerlaubte Betreiben von Anlagen strafbar. Damit will das BMJV die rechtswidrige Durchführung umweltgefährdender Vorhaben unterbinden. Dabei geht es um Vorhaben, für die im Genehmigungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) oder eine entsprechende Vorprüfung erforderlich ist. Typische Beispiele sind große Infrastrukturvorhaben, der Bau von Kraftwerken oder chemischen Industrieanlagen. Damit werden erstmals Verstöße im Bereich genehmigungsbedürftiger Großprojekte strafrechtlich spezifisch adressiert.
Die Richtlinie fordert zudem umfangreiche Anpassungen im Nebenstrafrecht, also in allen Nebengesetzen mit Straf- und Bußgeldandrohungen außerhalb des StGB. Darunter fallen das Bundesnaturschutzgesetz, Bundesjagdgesetz, Abfallverbringungsgesetz, Pflanzenschutzgesetz, Chemikaliengesetz und weitere Gesetze und nationale Verordnungen. Auch diesbezügliche Änderungen sieht der Referentenentwurf vor.
bei Verstößen durch für das Unternehmen handelnde Personen drohen deutlich höhere Bußgelder. Die Höchstbeträge der Verbandsgeldbuße für Umweltstraftaten sollen erheblich steigen. Bei vorsätzlichen Straftaten einer Leitungsperson steigt der Bußgeldumfang von bisher bis zu 10 Millionen Euro auf bis zu 40 Millionen Euro. Bei fahrlässigen Straftaten erhöht er sich von bis zu 5 Millionen Euro auf künftig 20 Millionen Euro.
Nicht klar ist, welche Regelungsdichte und -intensität der deutsche Gesetzgeber in seinem Umsetzungsgesetz der Richtlinie vorsehen wird. Verbände haben bereits Bedenken gegen den Referentenentwurf geäußert, da er über die Vorgaben der Richtlinie hinausgeht. Aber auch die Mindeststandards der Richtlinie führen bereits zu einer erheblichen Verschärfung des wirtschaftlichen Risikos für Unternehmen und deren Leitungspersonen. Zwar hatten sich CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag für weniger Bürokratie ausgesprochen; mit dem Referentenentwurf wird jedoch klar, dass ein Gleichlauf mit den Mindeststandards der Richtlinie nicht stattfinden soll. Vielmehr sollen Unternehmen nun strengere Compliance-Vorgaben treffen. Das Compliance-Management sollte nun dringend Maßnahmen vorsehen:
Der Referentenentwurf des BMJV zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1203 verschärft das deutsche Umweltstrafrecht deutlich. Mit neuen Straftatbeständen, erweiterten Tathandlungen, der Einbeziehung des „Ökosystems“ sowie erheblich erhöhten Verbandsgeldbußen steigt das Risiko strafrechtlicher Konsequenzen für Unternehmen und ihre Leitungspersonen spürbar. Gleichzeitig rückt die Einhaltung verwaltungsrechtlicher Genehmigungspflichten stärker in den Fokus der strafrechtlichen Bewertung.
Unternehmen sehen sich damit nicht nur höheren Sanktionen ausgesetzt, sondern auch einer deutlichen Verdichtung ihrer Compliance-Pflichten. Das betrifft sowohl klassische Umweltbereiche als auch sektorenübergreifende Aspekte wie Lieferketten- und Vergabe-Compliance.
Insgesamt lässt der Referentenentwurf eine spürbare Verschärfung der Anforderungen an unternehmerische Sorgfalt und Organisationsstrukturen erwarten. Unternehmen sind gut beraten, ihre bestehenden Compliance-Management-Systeme frühzeitig auf die möglichen neuen Vorgaben anzupassen, um straf- und bußgeldrechtliche Risiken wirksam zu minimieren und die eigene Handlungsfähigkeit im operativen Geschäft zu sichern.
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