Suche
Contact
20.01.2021 | KPMG Law Insights

VG München: Einholung auswärtiger und vergleichender Gutachten sowie Einsatz externer Personalberatungsfirma in der Vorbereitung eines Berufungsvorschlags für die Besetzung einer Hochschulprofessur

VG München: Einholung auswärtiger und vergleichender Gutachten sowie Einsatz externer Personalberatungsfirma in der Vorbereitung eines Berufungsvorschlags für die Besetzung einer Hochschulprofessur

In Kürze

Das VG München (Beschluss vom 11.11.2020 – M 5 E 20/2270) entschied, dass es im Ermessen des Berufungsausschusses stehe, im Berufungsverfahren zur Vorbereitung des Berufungsvorschlags zunächst einige Kandidaten als „vorläufig nicht listenfähig“ zu bestimmen, diese Kandidaten aber trotzdem noch auswärtig und vergleichend begutachten zu lassen. Darüber hinaus dürfe der Berufungsausschuss auch eine externe Personalberatungsfirma zur Vorbereitung des Berufungsvorschlags heranziehen.

Hintergrund

Ein Bewerber um eine W2-Professur für Französisch mit den Schwerpunkten Wirtschaftsfranzösisch und Kultur- und Länderstudien des frankophonen Raums an einer Hochschule wurde nicht in die Berufungsliste aufgenommen. Er wehrte sich gegen diese Entscheidung, insbesondere deshalb, weil sie verfahrenswidrig zustande gekommen sei. So seien in der Vorbereitung des Berufungsvorschlags auswärtige vergleichende Gutachten auch für solche Bewerber eingeholt worden, die bereits – wie der Antragsteller – durch den Berufungsausschuss als „vorläufig nicht listenfähig“ eingestuft worden waren. Außerdem hätte keine externe Personalberatungsfirma in die Entscheidung einbezogen werden dürfen. Die externen Gutachter hatten den Bewerber als „nicht geeignet“ eingestuft; in der Gesamteinschätzung der Personalberatungsfirma hatte er unter allen Bewerbern den letzten Platz belegt, war aber noch als „geeignet“ bewertet worden.

Entscheidung

Sein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Konkurrentenstreitverfahren wurde jedoch zurückgewiesen. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass er aus seinem Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 94 Abs. 2 S. 2 Bayerische Verfassung einen Anspruch darauf habe, dass über seine Bewerbung erneut entschieden und die Stelle zunächst nicht besetzt werde. Denn die Auswahlentscheidung der Berufungskommission sei verfahrensfehlerfrei im mehrstufigen Berufungsverfahren nach Art. 18 BayHSchPG zustande gekommen.

Insbesondere halte sich die Einholung auswärtiger und vergleichender Gutachten auch zu den als nicht listenfähig eingeschätzten Bewerbern im rechtlichen Rahmen und sei nicht zu beanstanden.

Nach Art. 18 Abs. 4 S. 5 BayHSchPG stelle der Berufungsausschuss unter Einholung auswärtiger und vergleichender Gutachten einen Berufungsvorschlag auf, der drei Namen enthalten solle.

Weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck dieser Regelung könne jedoch entnommen werden, dass diese Gutachten nur für listenfähige Kandidaten eingeholt werden dürften. Zwar werde es in der Regel weniger sinnvoll sein, ein Gutachten für einen Bewerber erstellen zu lassen, der bereits als nicht listenfähig eingeordnet worden sei. Grundsätzlich stehe es jedoch im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsausschusses zu entscheiden, welche Quellen er benötige, um sich ein umfassendes Bild über den Bewerberkreis zu machen. Vorliegend habe der Berufungsausschuss nur vorläufig über die Listenfähigkeit der Bewerber entschieden und sich eine abschließende Entscheidung nach Vorliegen der Gutachten, Stellungnahmen etc. vorbehalten. Dagegen sei rechtlich nichts zu erinnern.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers hätten die auswärtigen Gutachten die Bewerber auch miteinander vergleichen sollen. Nach dem Gesetz sollten „auswärtige vergleichende Gutachten“ eingeholt werden. Die Einholung „vergleichender“ Gutachten meine, dass das jeweilige Gutachten zunächst jeden Kandidaten anhand der Beurteilungskriterien begutachten müsse und sodann die Kandidaten untereinander.

Auch das Argument, dass es für die Durchführung von Personalgesprächen mit den Bewerbern durch von der Hochschule beauftragte Personalberater keine rechtliche Grundlage gebe, könne nicht überzeugen. Art. 18 Abs. 4 S. 5 BayHSchPG enthalte mit Ausnahme der in S. 5 normierten Verpflichtung, auswärtige und vergleichende Gutachten einzuholen, keine weiteren Vorgaben, welche Erkenntnisquellen der Berufungsausschuss seiner Entscheidung zugrunde zu legen habe. Es sei deshalb in das pflichtgemäße Ermessen des Berufungsausschusses gestellt, zu entscheiden, welche Quellen er benötige, um sich ein umfassendes Bild über den Bewerberkreis zu machen. So könnten beispielsweise psychologische Gutachten, Persönlichkeitstestests o.ä. mit den Bewerbern durchgeführt werden.

Dass die Personalgutachten das Bild der Bewerber verzerrt darstellen würden, da die Anzahl an bewerteten Kompetenzen je nach Personal unterschiedlich ausfalle, sei nicht substantiiert dargelegt. Nach dem Vortrag des Antragsgegners seien die dargestellten relativen Stärken und Schwächen der Bewerber darauf zurückzuführen, dass im Rahmen der Personalbegutachtung jeweils die gesamte Persönlichkeit bewertet werde. Dagegen sei rechtlich nichts zu erinnern.

Was kann der Leser mitnehmen?

Die Entscheidung zeigt, dass die für die Erbringung von Berufungsvorschlägen zuständigen Gremien einen Ermessensspielraum bei der Gestaltung des Entscheidungsprozesses haben, wenn keine ausdrücklichen gesetzlichen Vorgaben bestehen. Dies bedeutet auch, dass die Gestaltung des Entscheidungsprozesses durch die Verwaltungsgerichte nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. § 114 VwGO).

Die Ausübung des Ermessens des Berufungsausschusses kann etwa beinhalten, Kandidaten für nur „vorläufig“ nicht listenfähig zu erklären, aber die auswärtigen vergleichenden Gutachten noch abzuwarten.

Auch der Einsatz externer Personalberatungsfirmen im Entscheidungsprozess kann zulässiger Bestandteil des Entscheidungsprozesses sein, ohne dass es einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage hierzu bedarf.

Da die Einholung auswärtiger und/oder vergleichender Gutachten auch in anderen Bundesländern zum Berufungsverfahren bei Hochschulprofessoren gehört (vgl. z.B. § 38 Abs. 3 S. 2 HochschulG NRW, § 13 BerufungsO Universität Hamburg), ist die vorliegende Entscheidung auch dort von Bedeutung.

Explore #more

17.01.2025 | In den Medien, Karriere

KPMG Law bei den azur Awards 2025 nominiert

Die azur-Redaktion verkündet die Nominierten der azur Awards 2025. In diesem Jahr sind juristische Arbeitgeber in vier Kategorien für ihr Engagement im Nachwuchsbereich nominiert. Die…

15.01.2025 | KPMG Law Insights

Gesetzliche Neuerungen im Arbeitsrecht 2025

Seit dem 1. Januar 2025 gelten einige Neuerungen im Arbeitsrecht. Insbesondere das Bürokratieentlastungsgesetz sorgt für viele Erleichterungen und ermöglicht es Personalabteilungen, Prozesse zu digitalisieren. Arbeitgeber…

13.01.2025 | KPMG Law Insights

IED: Erstes Gesetzespaket zur Umsetzung der EU-Richtlinie liegt vor

Die neue EU-Industrieemissionsrichtlinie (Industrial Emissions Directive, IED) ist am 4. August 2024 in Kraft getreten und muss bis Juli 2026 von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.…

12.01.2025 | In den Medien

Podcast zur EU-Entwaldungsverordnung

Entwaldung und Waldschädigung nehmen weltweit mit besorgniserregender Geschwindigkeit zu. Sie sind eng mit der globalen Klimakrise und dem Verlust von Artenvielfalt verknüpft – das sind…

09.01.2025 | In den Medien

KPMG Law stärkt den Bereich Legal Transformation & Managed Services und Legal Corporate Services mit zwei neuen Senior Managerinnen

KPMG Law hat sich zum 1. Januar mit Jana Sichelschmidt im Bereich Transformation Managed Services und mit Dr. Michaela Lenk im Bereich Corporate Services verstärkt.…

07.01.2025 | KPMG Law Insights

Grundsteuer als Betriebskosten: Drei aktuelle Fragen und Antworten

Als Teil der Betriebs- und Nebenkosten kann die für eine vermietete Wohn- oder Gewerbeimmobilie erhobene Grundsteuer regelmäßig an Mieterinnen und Mietern weiterberechnet werden. Zum 1. …

07.01.2025 | KPMG Law Insights

Digitalisierung und Kooperationen – diese Maßnahmen sollten Kommunen im Haushalt einplanen

Mit Maßnahmen der Digitalisierung und mit Kooperationen können Kommunen langfristig erhebliche Kosten und auch Personal sparen. Auch wenn das Geld gerade knapp ist, sollten die…

06.01.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law hat die Flexfy GmbH bei der Ausgründung aus der DAW SE sowie einer anschließenden Finanzierungsrunde beraten

Die DAW SE hat im Rahmen eines Innovationsprogramms einen elektrisch leitfähigen und magnetischen Wandaufbau entwickelt, der eine flexible und neuartige Nutzung von Wänden ermöglicht („FLEXFY…

06.01.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law begleitet den Verkauf der Käppler & Pausch GmbH

Gabriel Pausch, der Mitgründer und Hauptgesellschafter der Käppler & Pausch GmbH, ein Systemlieferant für Metallbaugruppen sowie Metall- und Blechverarbeitung mit 160 Mitarbeitern in Neukirch/Lausitz, hat…

03.01.2025 | In den Medien

Interview in der Betrieb zum EU-Geldwäschepaket und seine Auswirkungen

Das EU-Geldwäschepaket harmonisiert die Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfungsregeln in Europa, bringt neue Maßnahmen wie Bargeld-Obergrenzen von 10.000 €, Identifizierungspflichten ab 3.000 € und eine neue zentrale…

Kontakt

Julia Hornbostel

Senior Associate

Fuhlentwiete 5
20355 Hamburg

Tel.: +49 40 3609945162
jhornbostel@kpmg-law.com

© 2024 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll