Am 1. Juli 2023 hat Deutschland ein einheitliches Stiftungsrecht im BGB bekommen. Bis dahin hatten die 16 Bundesländer neben dem lückenhaften Bundesrecht eigene Gesetze. Das neue Stiftungszivilrecht soll moderner sein und besser auf die Bedürfnisse der Stiftungen sowie Stifterinnen und Stifter eingehen. Dies ist nach den ersten Erfahrungen teils gelungen; teils gibt es noch Anpassungs- und Klärungsbedarf.
Das Stiftungsrecht ist nun einheitlich im BGB verankert; den Bundesländern steht nur noch das Recht zu, die Stiftungsaufsicht zu regeln. Noch haben nicht alle Bundesländer ihre Gesetze geändert, was teilweise zu Verwirrungen führt. Außerdem finden sich immer noch einige fragwürdige Regelungen im Landesstiftungsrecht. In Baden-Württemberg beispielsweise müssen Stiftungen die Aufnahme eines Darlehens und die Veräußerung einer Immobilie der Stiftungsaufsicht anzeigen. Die Durchführung ist grundsätzlich erst erlaubt, wenn die Aufsicht die Rechtmäßigkeit bestätigt hat. Ob diese Verpflichtung weiterhin besteht, ist unklar. Denn das neue Bundesstiftungsrecht sieht solche Anzeigepflichten nicht vor. Im Gegenteil: Nach neuem Recht darf Vermögen ausdrücklich umgeschichtet und verkauft werden, sofern die Satzung das nicht einschränkt.
Der Gesetzgeber wollte mit der Reform auch die Änderung des Stiftungszwecks erleichtern. Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Stiftungsrecht zeigen jedoch: Einige Aufsichtsbehörden wenden weiterhin die strengeren Maßstäbe des alten Rechts an. Vor dem 1. Juli 2023 konnte der Stiftungszweck nur unter sehr engen Voraussetzungen geändert werden, nämlich nur dann, wenn die Erfüllung des ursprünglichen Zwecks objektiv unmöglich geworden war. Nach neuem Recht reicht es aus, wenn der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann. Dennoch verlangen einige Aufsichtsbehörden weiterhin faktisch die objektive Unmöglichkeit. Möchte eine Stiftung den Stiftungszweck ändern, braucht sie unter Umständen viel Argumentationsgeschick.
Nach neuem Recht ist das Stiftungsvermögen klar in ein Grundstockvermögen und ein sonstiges Vermögen aufgeteilt. Das Grundstockvermögen ist das „unantastbare Kernvermögen“. Diese einheitliche Vermögensstruktur für alle deutschen Stiftungen ist zu begrüßen.
Bestehende Stiftungen sollten ihre Satzung diesbezüglich anpassen. Es sollte klar sein, welches Vermögen zum Grundstockvermögen und welches zum sonstigen Vermögen gehört. Dies muss auch gegenüber den Aufsichtsbehörden offengelegt werden können. Die Aufteilung ergibt sich entgegen einer verbreiteten Annahme nicht aus der Bilanz oder aus der Gewinn- und Verlustrechnung, sondern bedarf einer ausdrücklichen Regelung.
Die Stiftungsrechtsreform schützt die Organe der Stiftung vor unangemessener Haftung, indem sie die sogenannte Business Judgement Rule eingeführt hat. Diese Regel bedeutet, dass ein Organmitglied seine Pflichten nicht verletzt, wenn es bei der Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben die gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben beachtet hat und vernünftigerweise annehmen durfte, auf Grundlage angemessener Informationen zum Wohl der Stiftung zu handeln. Da Stiftungsorgane oft ehrenamtlich tätig sind, ist die Reduktion des Haftungsrisikos sinnvoll.
Die neue Haftungsregelung gilt von Gesetzes wegen. Dennoch fühlen sich einige Vorstände wohler, wenn sie auch in der Satzung steht. Auch die Aufsichtsbehörden drängen Stiftungen dazu, die Regelung in die Satzung einzufügen. Zur Klarstellung und um Missverständnissen vorzubeugen, ist eine Satzungsänderung tatsächlich empfehlenswert.
Eine weitere Neuerung: Im Januar 2026 geht das Stiftungsregister an den Start. Hier werden alle Stiftungen und ihre Satzungen verzeichnet sein, ob es sich nun um gemeinnützige Stiftungen oder um Familienstiftungen handelt. Das Register wird grundsätzlich für alle einsehbar sein. Stiftungen sollten daher rechtzeitig prüfen, ob Regelungen oder Informationen, die vertraulich bleiben sollen, in andere Dokumente ausgelagert werden können bzw. sollten.
Die Publizität wird ansonsten nur beschränkt oder verweigert werden können, wenn der Einsicht in das Register berechtigte Interessen entgegenstehen. Dies sollte bereits bei der Erstellung der Satzungsdokumente mitbedacht werden. Es könnte sein, dass Aufsichtsbehörden diese Frage künftig stärker in den Blick nehmen werden und Transparenzfragen kritischer beurteilen.
Die Vereinheitlichung und „Renovierung“ des Stiftungsrechts war ein sinnvoller Schritt auf dem Weg zu einem modernen Stiftungszivilrecht. Die Reform wird überwiegend positiv angenommen, auch wenn sich manche Expertinnen und Experten noch mehr Änderungen gewünscht hätten. Die Stiftungsrechtsreform bietet bestehenden Stiftungen die Gelegenheit, ihre Satzung an das neue Recht anzupassen. Dabei könnten Stiftungen auch die Regelungen zu ihren Gremien neufassen, falls gewünscht. Bei einigen Stiftungen hat sich über die Jahre gezeigt, dass manche Gremien zu groß sind und auch die Nachfolgesuche für eine Mitarbeit im Vorstand oder Kuratorium schwierig sein kann. Die jüngsten Erfahrungen zeigen, dass die Aufsichtsbehörden einer Verschlankung der Gremien und einer Verbesserung ihrer Arbeitsabläufe gegenüber aufgeschlossen sind.
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