Suche
Contact
29.01.2021 | KPMG Law Insights

Steuerstrafrecht – Steuerhinterziehung: Verlängerung der Verfolgungsverjährung auf 15 Jahre

Steuerhinterziehung: Verlängerung der Verfolgungsverjährung auf 15 Jahre

Mit dem gestern vom Bundestag beschlossenen JStG 2020 wird die strafrechtliche Verjährungsfrist bei der besonders schweren Steuerhinterziehung von 10 Jahren auf 15 Jahre erhöht.

Hintergrund

Wie bereits bei der Verlängerung der Verfolgungsverjährung der besonders schweren Steuerhinterziehung von 5 auf 10 Jahre im Jahr 2008 im Zusammenhang mit dem Ankauf von Datenträgern aus Liechtenstein hat der Gesetzgeber auch diesmal anlässlich der Aufarbeitung konkreter Fälle der Steuerinterziehung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Fällen eine generelle Ausweitung der Verjährungsvorschriften beschlossen. Die Verlängerung der Verjährungsfrist begründet der Gesetzgeber mit den Schwierigkeiten, hochkomplexe und oftmals internationale Fälle der besonders schweren Hinterziehung aufzuklären. Dabei weicht schon die bisherige zehnjährige Verjährungsfrist von dem allgemeinen Strafrecht ab, das ausgehend von dem Strafmaß der Steuerhinterziehung eine Verjährungsfrist von 5 Jahren vorsehen würde.

Es handelt sich bereits um die zweite Verschärfung der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung in diesem Jahr. Im Sommer 2020 wurde durch das zweite Corona-Steuerhilfe-Gesetz bereits die absolute – d.h. von Unterbrechungen unabhängige – Verjährung der besonders schweren Steuerhinterziehung verlängert.

Welche Taten sind betroffen?

Die fünfzehnjährige Verjährungsfrist findet auf alle benannten Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Nr. 1-6 AO) Anwendung. Praktisch häufigster Fall ist die Verkürzung von Steuern „in großem Ausmaß“. Ein großes Ausmaß liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 EUR vor. Gerade im unternehmerischen Bereich sind solche Beträge, z.B. bei der (bedingt) vorsätzlichen Hinterziehung von Ertragsteuer, Umsatzsteuer oder Lohnsteuer, schnell erreicht.

Die Regelung ist rückwirkend auf alle zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch nicht verjährten Taten anzuwenden. Nach der Verhandlung im Bundesrat soll das Gesetz noch im Dezember verkündet werden.

Auswirkungen auf die Strafverfolgung

Die Verlängerung der Verjährungsfrist führt zunächst dazu, dass Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung erst nach Ablauf von 15 Jahren nach Beendigung der Tat verjähren. Die absolute Verjährungsfrist, also die Frist, wann eine Tat unabhängig von eventuellen Unterbrechungen, z.B. durch Ermittlungsmaßnamen, spätestens verjährt, beträgt sogar 37,5 Jahre.

Auswirkungen auf Selbstanzeige

Die neue Verjährungsfrist ist auch bei der Aufarbeitung von steuerlichen Verfehlungen aus der Vergangenheit durch eine strafbefreiende Selbstanzeige in den Blick zu nehmen. Eine wirksame Selbstanzeige setzt Angaben zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre voraus. Damit müssen Fälle einer besonders schweren Hinterziehung ausgehend von einer fünfzehnjährigen, statt bisher einer zehnjährigen Verjährung offengelegt werden. Die Wirksamkeit bereits abgegebener Selbstanzeigen dürfte von der Gesetzesänderung nicht tangiert sein. Insofern dürfen Steuerpflichtige zulässigerweise darauf vertrauen, dass durch eine im Einklang mit der Gesetzeslage abgegebene Selbstanzeige Rechtsfrieden hergestellt ist.

Auswirkungen auf die steuerliche Festsetzungsverjährung

Die Verlängerung der Verfolgungsverjährung kann auch auf die steuerliche Festsetzungsverjährung durchschlagen. Im Fall einer Steuerhinterziehung läuft die steuerliche Festsetzungsfrist nicht ab, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat nicht verjährt ist (sog. Ablaufhemmung, § 171 Abs. 7 AO). Bei einer besonders schweren Steuerhinterziehung läuft die Festsetzungsverjährung damit grundsätzlich nicht vor Ablauf von 15 Jahren nach der Beendigung der Tat ab.

Explore #more

11.12.2025 | KPMG Law Insights

Erstes Omnibus-Paket soll Pflichten der CSDDD, CSRD und EU-Taxonomie lockern

Unterhändler des EU-Parlaments und des Rats haben sich nun bezüglich der noch offenen Punkte des ersten Omnibus-Pakets geeinigt. Der Inhalt der Einigung geht in weiten…

11.12.2025 | KPMG Law Insights

IPCEI-AI: Voraussetzungen für die Förderung und Bewertungskriterien

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat am 5. Dezember 2025 das Interessenbekundungsverfahren für die Förderung „IPCEI Künstliche Intelligenz“ (IPCEI-AI) gestartet. Unternehmen aller Größen sind…

11.12.2025 | In den Medien

Interview in der TextilWirtschaft – Das bedeutet das entschärfte EU-Lieferkettengesetz für die Branche

Nach wochenlangen Debatten wurde jetzt die abgeschwächte Form der CSDDD in Brüssel beschlossen. Damit kommen neue, komplexe rechtliche Unsicherheiten auf Unternehmen zu, meint KPMG Law…

02.12.2025 | KPMG Law Insights

Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie: Das empfiehlt die Expertenkommission

Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie ist seit Juni 2023 in Kraft und muss nun in deutsches Recht umgesetzt werden. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD eine „bürokratiearme“ Umsetzung…

28.11.2025 | In den Medien

KPMG Law Gastbeitrag Expertenforum Arbeitsrecht: Zwischen Theorie und Praxis: Die Blaue Karte EU und das Recht auf kurzfristige Mobilität im EU-Raum

Heutzutage wünschen sich nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Arbeitgeber, attraktivere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Beliebt in diesem Zusammenhang sind seit einiger Zeit sogenannte Workations / „Work-from-Anywhere…

26.11.2025 | KPMG Law Insights

Die Entwaldungsverordnung der EU zwingt Unternehmen zum Handeln

Wer mit den Rohstoffen Soja, Ölpalme, Rinder, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie bestimmten daraus hergestellten Erzeugnissen handelt oder diese verwendet, sollte schnellstmöglich aktiv werden.…

25.11.2025 | KPMG Law Insights

Sondervermögen Infrastruktur: So gelingt der Verwaltung eine schnelle Umsetzung der Projekte

Die gesetzlichen Grundlagen des Sondervermögens sind jetzt in Kraft. Der Bund hat im Oktober 2025 sowohl das Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Infrastruktur und Klimaneutralität“…

21.11.2025 | In den Medien

KPMG Law Interview in Immobilien I Haufe: Ersatzbaustoffe: „Sekundär ist nicht zweitklassig“

Die Ersatzbaustoffverordnung soll Kreislaufwirtschaft im Bau harmonisieren, doch Rechtsunsicherheit und Bürokratie bremsen. Wie kann der Durchbruch gelingen? Antworten darauf weiß KPMG Law Experte Simon Meyer

21.11.2025 | KPMG Law Insights

Wohnungsbau-Turbo: Mehr Wohnraum auf Bestandsgrundstücken

Seit dem 30. Oktober 2025 gelten neue Regelungen zur Schaffung von Wohnraum im Baugesetzbuch (BauGB). Herzstück der Änderungen ist der sogenannte Wohnungsbau-Turbo. Das Gesetzespaket…

19.11.2025 | KPMG Law Insights

Neues Verpackungsdurchführungsgesetz verschärft Pflichten für Unternehmen

Mit einem neuen Verpackungsdurchführungsgesetz (VerpackDG) soll das deutsche Recht an die EU-Verpackungsverordnung angepasst werden. Das Bundesumweltministerium hat am 17. November 2025 einen Referentenentwurf vorgelegt. Das…

Kontakt

Dr. Heiko Hoffmann

Partner
Standortleiter München
Leiter Steuerstrafrecht

Friedenstraße 10
81671 München

Tel.: +49 89 59976061652
HHoffmann@kpmg-law.com

Arndt Rodatz

Partner
Leiter Steuerstrafrecht

Fuhlentwiete 5
20355 Hamburg

Tel.: +49 40 360994 5081
arodatz@kpmg-law.com

Philipp Schiml

Partner
Standortleiter Düsseldorf

Tersteegenstraße 19-23
40474 Düsseldorf

Tel.: +49 211 4155597150
pschiml@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll