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Symbolbild zu MoPeG und Schiedsvereinbarungen: Frau im Meetingraum
12.01.2024 | KPMG Law Insights

So wirkt sich das MoPeG auf Schiedsvereinbarungen aus

Zum Jahresbeginn ist das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft getreten. Das MoPeG bringt eine Vielzahl neuer Regelungen. Eine Neuerung ist ein Beschlussmängelrecht nach aktienrechtlichem Vorbild für Personenhandelsgesellschaften. Das hat Folgen für gesellschaftsvertragliche Schiedsvereinbarungen.

Es gibt viele Gründe für fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse. Die unterbliebene Einladung eines Gesellschafters zum Beispiel oder eine fehlende Vorankündigung der Tagesordnung können bereits zu einem Beschlussmangel führen. Die bisherige Folge für Personengesellschaften: Die gefassten Beschlüsse waren im Zweifel nichtig. Seit dem 1. Januar 2024 ist das nicht mehr der Fall, denn es gelten für OHG und KG nunmehr Regeln nach dem Vorbild des Aktienrechts.

Das neue Beschlussmängelrecht nach dem MoPeG

Das MoPeG führt in den §§ 110 ff. HGB erstmals Regelungen zu Beschlussmängelstreitigkeiten in Personenhandelsgesellschaften ein. Beschlussmängelstreitigkeiten sind Verfahren zur Beseitigung fehlerhafter Gesellschafterbeschlüsse. Die neue Regelung orientiert sich am aktienrechtlichen Beschlussmängelrecht gem. §§ 241 ff. AktG, das grundsätzlich auf die GmbH analog angewandt wird. Danach können fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse mit einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsfeststellungsklage angegriffen werden. Sofern ein Gesellschafterbeschluss nicht an einem besonders schweren Nichtigkeitsmangel leidet, ist er mit einer gegen die Gesellschaft gerichteten Anfechtungsklage innerhalb eines Monats anzugreifen. Andernfalls wird der Gesellschafterbeschluss bestandskräftig. Das gegen die Gesellschaft ergehende Urteil entfaltet Wirkung erga omnes. Für Personenhandelsgesellschaften hat sich Folgendes geändert:

Folgen für Schiedsvereinbarungen in Gesellschaftsverträgen von Personenhandelsgesellschaften

Die neuen Regelungen zu Beschlussmängelstreitigkeiten wirken sich auch auf Schiedsvereinbarungen in Gesellschaftsverträgen von Personenhandelsgesellschaften aus. Die bislang verwendeten Schiedsvereinbarungen können nun unwirksam sein.

 

Schiedsfähigkeit-Rechtsprechung des BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich bereits mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, ob Beschlussmängelstreitigkeiten Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein können (BGH, Urteil vom 29.03.1996 – II ZR 124/95, BGH, Urteil vom 6.04.2009 – II ZR 255/08Schiedsfähigkeit II; BGH, Beschluss vom 6.04.2017 – I ZB 23/16 Schiedsfähigkeit III; BGH, Beschluss vom 23.09.2021 – I ZB 13/21Schiedsfähigkeit IV).

 

Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Schiedsklauseln bei Beschlussmängelstreitigkeiten

Der BGH hat die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten grundsätzlich bejaht, aber darauf hingewiesen, dass Schiedsvereinbarungen als Unterfall des Prozessvertrags materiellen Gültigkeitsgrenzen gemäß § 138 Abs. 1 BGB unterliegen. Danach sind Schiedsvereinbarungen nichtig, wenn sie eine übermäßige Einschränkung des Rechtsschutzes zum Gegenstand haben. Eine Schiedsklausel zu Beschlussmängelstreitigkeiten ist nach dem BGH nur wirksam, wenn

  • die Schiedsabrede mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag verankert ist;
  • jeder Gesellschafter über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und in die Lage versetzt wird, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten;
  • sämtliche Gesellschafter an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können und
  • gewährleistet ist, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden.

Der BGH hat diese Anforderungen ursprünglich für die GmbH formuliert, später aber klargestellt, dass diese Maßstäbe im Grundsatz auch für Personengesellschaften gelten (BGH, Beschluss vom 6.04.2017 – I ZB 23/16). Das hat der BGH in einem Beschluss von 2021 noch präzisiert: Die genannten Mindestanforderungen für Schiedsvereinbarungen gelten für Personengesellschaften, wenn der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass Beschlussmängelstreitigkeiten mit der Gesellschaft auszutragen sind (BGH, Beschluss vom 23.09.2021 – I ZB 13/21).

 

Schiedsklauseln, die den Anforderungen nicht entsprechen, sind unwirksam

 Seit Inkrafttreten des MoPeG müssen Schiedsvereinbarungen in OHG- und KG-Gesellschaftsverträgen den strengen Mindestanforderungen entsprechen, die der BGH für Schiedsvereinbarungen festgelegt hat.

Genügt die im Gesellschaftsvertrag enthaltene Schiedsklausel den Mindestanforderungen des BGH nicht – was häufig der Fall sein dürfte – ist die Schiedsklausel nach § 138 BGB jedenfalls insoweit nichtig, als sie Beschlussmängelstreitigkeiten in ihren Anwendungsbereich einbezieht (vgl. BGH, Urteil vom 6.04.2009 – II ZR 255/08). Eine erhobene Schiedseinrede greift dann nicht. Es besteht auch keine Verpflichtung, in einem rechtshängigen Prozess an der Anpassung der unwirksamen Schiedsklausel mitzuwirken (vgl. BGH, Urteil vom 6.04.2009 – II ZR 255/08).

Eine Beschlussmängelstreitigkeit wäre dann vor den ordentlichen Gerichten auszutragen. Das hat unter anderem dem Nachteil, dass die Vertraulichkeit nicht mehr gewährleistet ist. Schiedsverfahren sind im Gegensatz zu Verhandlungen vor ordentlichen Gerichten nicht öffentlich. Zudem kann es zu einer Spaltung des Verfahrens kommen: Die Beschlussmängelstreitigkeiten sind dann vor einem ordentlichen Gericht und alle übrigen Streitigkeiten vor einem Schiedsgericht auszutragen, auch wenn der gesamte Streit auf demselben Sachverhalt beruht. Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten werden dadurch noch komplexer.

 

Fazit

Schiedsvereinbarungen in Gesellschaftsverträgen von OHG und KG sollten vor diesem Hintergrund zeitnah darauf überprüft werden, ob sie der Schiedsfähigkeit-Rechtsprechung des BGH genügen. Ist das nicht der Fall, sollte der Gesellschaftsvertrag angepasst werden.

 

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