Liebe Leserinnen und Leser,
der Frühling naht und es ist wieder Zeit für die bunte Welt der BAV.
Mit der vorliegenden Ausgabe beleuchten wir für Sie die aktuellen Herausforderungen der betrieblichen Altersversorgung und laden Sie ein, sich mit Blick auf das KPMG Pensions Assessment die Frage zu stellen nach Reifegrad und Benchmark Ihrer BAV. Wir erörtern die erforderlichen Meilensteine der Übernahme und Harmonisierung der BAV nach einem Betriebserwerb und regen auch hier an, auf entscheidungserhebliche Fragen die richtigen Antworten zu finden. Wie die erworbenen Pensionsverpflichtungen bilanziell zu bewerten sind, haben wir sogleich zusammengestellt.
Während die an die Sozialpartner offerierten „Herzstücke“ an Gestaltungsoptionen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes derzeit noch auf ihre Verhandlung und Umsetzung in Tarifwerke warten, gelten bereits die flankierenden Regelungen kraft Gesetzes. Die Regelungsbereiche und den sich aus ihnen ergebenden Handlungsbedarf finden Sie aufbereitet anbei. Wie immer informieren wir Sie zur die aktuellen arbeitsrechtlichen Rechtsprechung und runden den Blick mit unserem BAV-Newsticker ab.
Zu diesen und weiteren aktuellen Pensions-Themen möchten wir gerne näher mit Ihnen ins Gespräch kommen und laden Sie schon jetzt herzlich ein zu unserem KPMG Pensions-Webinar am Montag, den 7. Mai 2018. Die Einwahldaten werden noch bekannt gegeben.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre!
Ihr Pensions Team der
KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Herzlichst Ihre
Susanne Jungblut Lars Hinrichs
Interview mit Dr. Lars Hinrichs, KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Pensions Update: Das Lebensalter des Mitarbeiters spielt in der BAV eine maßgebliche Rolle für die konkrete Versorgungsleistung. Welche aktuellen Herausforderungen bestehen hierzu in der Praxis?
Lars Hinrichs: Aktuell in zweifacher Hinsicht: Unternehmen mit Gesamtversorgungszusagen, die für Altersleistungen die Vollendung des 65. Lebensjahres vorsehen, haben das Schreiben des BMF vom 9. Dezember 2016 fristgerecht umzusetzen und bei Bedarf schriftlich klarzustellen, dass diese Zusagen für Altersleistungen dynamisch auf das gesetzliche Regelaltersrentenalter abstellen (s. hierzu unseren Client Alert). Außerdem stellt sich bei Ruhegeldleistungen, die der Arbeitgeber vor dem gesetzlichen Regelrentenalter gewährt, oft die Frage, ob solche Leistungen (noch) als BAV-Leistungen im Sinne des BetrAVG angesehen werden können. Die Rechtsprechung stellt für die Beantwortung dieser Frage auf das für die Leistung bestimmte Lebensalter ab.
Pensions Update: In welchen Fallkonstellationen stellt sich konkret die Frage, ob solche Ruhegeldleistungen eine BAV im Sinne des BetrAVG darstellt?
Lars Hinrichs: Typischerweise bei Leistungen, die der Arbeitgeber älteren Mitarbeitern nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses über einen längeren Zeitraum – oft bis zum erstmaligen Bezug von Altersleistungen – gewährt. Solche Leistungen werden in der Praxis als Ruhegeld, Übergangsgeld, Vorruhestandsgeld oder Ruhegehalt bezeichnet. Betroffen sein können alle Mitarbeitergruppen – vom Vorstand der Aktiengesellschaft, der solche Leistungen aufgrund einer unverschuldeten Nicht-Verlängerung des Anstellungsvertrages bis zum Renteneintritt erhält, bis zum Arbeitnehmer innerhalb eines Personalabbaus, dem der Arbeitgeber in dem mit dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplan Leistungen zur Überbrückung bis zum erstmaligen Rentenbezug zusagt.
Pensions Update: Welche konkreten Anforderungen stellt die Rechtsprechung an das Lebensalter, um eine Leistung als solche der BetrAVG anzusehen?
Lars Hinrichs: Ein konkretes Lebensalter fordert die Rechtsprechung nicht mehr. Der BGH hatte zunächst ein Mindestalter von 63 Jahren gefordert; in der jüngeren Rechtsprechung haben der BGH und das BAG Leistungen, die ab dem 60. Lebensalter gewährt werden, als Leistungen nach dem BetrAVG erkannt. Richtigerweise hat die Beurteilung anhand aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen, was dazu führen kann, dass die konkrete Leistung auch dem BetrAVG unterliegt, wenn sie dem einzelnen Arbeitnehmer erstmals vor dem 60. Lebensjahr gewährt wird.
Pensions Update: Wie sollte die Praxis mit dieser Rechtsprechung umgehen?
Lars Hinrichs: Durch eine umfassende Papierspur. D.h. Arbeitgeber sollten insbesondere den Zweck und die Reichweite der zugesagten Versorgungsleistungen umfassend und transparent dokumentieren.
Pensions Update: Warum ist die Einordnung dieser Leistungen als solche des BetrAVG wichtig?
Lars Hinrichs: Für den Arbeitnehmer mit Blick auf den gesetzlichen Insolvenzschutz: Der PSV tritt bei Insolvenz des Arbeitgebers nur in Versorgungszusagen ein, die Leistungen der BAV nach dem BetrAVG inkludieren. Anderseits unterliegen nur solche für den (Vor-)Ruhestand vom Arbeitgeber gewährte Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht, die Leistungen nach dem BetrAVG inkludieren. Unterliegt der Arbeitgeber als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsunternehmen den regulatorischen Anforderungen der Institutsvergütungsverordnung, ist die Klassifizierung der Versorgungsleistung maßgeblich für die Einordnung als fixe Vergütung oder als variable Vergütung. Ist die BAV-Leistung aus regulatorischer Sicht als variable Vergütung einzuordnen, unterliegt sie unter anderem der regulatorischen Obergrenze zwischen der fixen Vergütung und der variablen Vergütung, die grundsätzlich für die variable Vergütung bei 100 % gedeckelt ist.
Pensions Update: Stehen Arbeitnehmer mit Blick auf das Insolvenzrisiko des Arbeitgebers schutzlos da, wenn die Leistung nicht unter das BetrAVG fällt?
Lars Hinrichs: Nein. Der Arbeitgeber kann das Insolvenzrisiko durch einen privatrechtlichen Insolvenzschutz absichern; etwa durch ein Contractual Trust Arrangement (CTA) oder durch eine Bankbürgschaft. Insbesondere das CTA bietet hierzu praxisgerechte Gestaltungsmöglichkeiten, die wir in Kürze in einem gesonderten Pensions Client Alert aufzeigen.
Niedrigzinsumfeld und rechtliche Änderungen verschärfen die Bedingungen für die betriebliche Altersversorgung (BAV). Mit dem von KPMG entwickelten Pensions Maturity Assessment lässt sich der Reifegrad der bestehenden Versorgungssysteme und deren Durchführung bewerten. Stärken, Schwächen und Lücken werden sichtbar – in Bezug auf Ihr Unternehmen ebenso wie im Vergleich zu anderen Unternehmen.
Die BAV bildet in vielen Unternehmen weiterhin einen wichtigen Baustein der Personalpolitik. Gleichzeitig machen rechtliche Anforderungen, wie die EU-Mobilitätsrichtlinie, das Betriebsrentenstärkungsgesetz und die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung, die Durchführung der BAV zu einer immer größeren Herausforderung. Arbeitgeber haben den organisatorischen Charakter ihrer BAV zumeist lange vernachlässigt und den Schwerpunkt stattdessen ad hoc auf bilanzielle Implikationen, bestenfalls auf die inhaltliche Ausgestaltung gelegt. Häufig wurden Versorgungssysteme ohne Rücksicht auf den immer wichtiger werdenden Aspekt der Arbeitgeberattraktivität geschlossen. Defizite in den administrativen Prozessen der Versorgungssysteme und (weitere) rechtliche Risiken sind dabei oft unbearbeitet geblieben: Wissen über die BAV-Landschaft des Unternehmens wird weitgehend dezentral vorgehalten. Inhaltliche Rahmenparameter für die Durchführung der BAV sind oft nur unzureichend dokumentiert. Trotz langfristiger Verpflichtungen gibt es keine hinreichenden Prozesse zur Sicherstellung des maßgeblichen BAV-Wissens innerhalb des Unternehmens und seiner Einheiten. Die daraus entstehenden Mängel in den Versorgungssystemen selbst sowie in deren Administration ziehen erheblichen finanziellen und zeitlichen Mehraufwand sowie die Unzufriedenheit aller beteiligten Parteien nach sich. Das Potenzial der BAV als Instrument der Personalgewinnung und Personalbindung wird nicht ausgeschöpft. Es kommt zu an sich vermeidbaren Rechtsstreitigkeiten.
Unsere Leistung
Wir erheben mit unserem IT-basierten Assessment Tool Daten zu den Strukturen und Prozessen Ihrer BAV. Die erhobenen Daten werten wir anschließend in sieben Dimensionen aus: arbeitgeberfinanzierte Versorgung, arbeitnehmerfinanzierte Versorgung, Informations- und Datenverarbeitung, Ressourcen, Kommunikation, Führung und Risikosteuerung sowie BAV und Personalstrategie. So erreichen Sie eine 360°-Sicht auf Ihre BAV sowie eine Beurtei- lung des Reifegrades der in Ihrem Unternehmen bestehenden Versorgungssysteme und deren Durchführung. Sichtbar werden dabei unter ande- rem ungenutzte Potenziale, um die BAV so umzu- setzen, dass Sie für Ihr Unternehmen (wieder) handhabbar und attraktiv wird. Gleichzeitig zeigen wir Ihnen – auch im Abgleich mit anderen Unter- nehmen – Schwächen und Lücken auf, die Sie für die rechtssichere und administrativ bedarfsgerechte Durchführung Ihrer BAV nutzen können.
Ihr Mehrwert
Das Ergebnis unserer Analyse stellen wir grafisch dar. Die Angaben zu den Reifegraddimensionen ordnen wir einzeln auf einer Prozentwertskala ein und stellen sie zusätzlich den Daten der jeweils anderen Parameter gegenüber. Darüber hinaus vergleichen wir im Rahmen eines Benchmarkings die Werte Ihres Unternehmens mit denen, die in unserer Datenbank als Best Practice vermerkt wurden. Dadurch ergibt sich ein objektives mehrdimensionales Bild, das deutlich macht, wo besondere (Prozess-)Risiken bestehen, welche spezifi-schen Stärken Sie gezielt ausspielen können, wo ungenutzte Potenziale liegen und wo Wettbewerber Ihnen voraus sind.
Praktische Vertiefung im Workshop
Mittels neuer Workshop-Methoden wie „Pensions 360 Grad“ werden die Ergebnisse der Analyse in ein unternehmensspezifisches Konzept übertragen (für mehr Informationen siehe https://atlas-uat.kpmg.de/business-assessments.html%2344891).
Beim Erwerb eines Betriebs oder Betriebsteils übernimmt der Käufer auch die dort bestehenden Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung. Diese müssen in aller Regel zumindest im ersten Schritt unverändert fortgeführt werden. Die damit verbundenen administrativen Anforderungen können den Erwerber vor erhebliche Herausforderungen stellen. Gleichwohl: Die rasche Bewältigung dieser Aufgabe ist entscheidend – für das Unternehmen und für die übernommenen Mitarbeiter.
Mit dem Erwerb eines Betriebs oder Betriebsteils gehen die Anstellungsverhältnisse der betroffenen Mitarbeiter auf den Käufer über. Dies schließt auch die Zusagen auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (BAV) ein. Abgesehen von dem nicht allzu häufigen Fall, dass die BAV sowohl beim Veräußerer als auch beim Erwerber kollektivrechtlich geregelt ist, sind die übernommenen Versorgungsregelungen – zumindest zunächst – unverändert fortzuführen. Dies ist mit administrativem Aufwand verbunden – der klein sein kann, wenn nur wenige und einfache Pensionspläne betroffen sind, aber auch beliebig aufwändig, wenn die Versorgungslandschaft beim Verkäufer bereits komplex war und/ oder die dort vorherrschenden Regelungen und Finanzierungsvehikel wesentlich von dem, was der Erwerber seinen Mitarbeitern bereits anbietet, abweichen.
Daher gilt es in einem ersten Schritt zu identifizieren, welche Verpflichtungen und Verträge zu beachten sind. Dies betrifft
Was ist in den ersten 100 Tagen zu beachten?
Um die reibungslose Administration der übernommenen Versorgungsverpflichtungen zu gewährleisten, sind eine Reihe von Schlüsselfragen zu beantworten und entsprechende Aktivitäten zu ergreifen:
Hinsichtlich der Finanzierungsvehikel:
Hinsichtlich der internen Expertise und IT-Plattformen:
Hinsichtlich der Prozesse:
Warum sind die ersten 100 Tage entscheidend?
Die aufgeführten Fragen sind zeitnah zu bearbeiten – drohen doch genügend „Stolpersteine“, die zusätzliche Kosten und Risiken bedeuten können:
Und nach 100 Tagen?
Bei der Bewältigung der oben dargestellten Aufgaben bleibt oft nicht genug Zeit, die Details der übernommenen Versorgungssysteme und die hiermit verbundenen Risiken und Kostentreiber umfänglich zu erfassen. Nichtsdestoweniger sollten die finanziellen, arbeitsrechtlichen und steuerlichen Risiken der neuen Versorgungslandschaft schnellstmöglich analysiert und mögliche Anpassungen der bestehenden Regelungen geprüft werden. In den Fällen, in denen beim Erwerber bereits Versorgungspläne existieren, sollte mittelfristig eine Harmonisierung der beiden Systeme angestrebt werden. KPMG unterstützt sie gerne bei den dargestellten Aufgaben – vom Projektmanagement über die fachliche Begleitung bis hin zur Schulung der Mitarbeiter. Sprechen Sie uns an.
Regelmäßig übernehmen Unternehmen Versorgungsverpflichtungen – sei es im Rahmen einer Unternehmenstransaktion oder durch Vereinbarung eines Schuldbeitritts. Hierfür erhält die übernehmende Gesellschaft vom bisherigen Arbeitgeber einen finanziellen Ausgleich, der zumeist vom Verpflichtungsumfang nach HGB abweicht. Wie ist in solchen Fällen die erworbene Pensionsverpflichtung zu bilanzieren? Mit dieser Fragestellung hat sich vor kurzem der Ausschuss Altersversorgung der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV) beschäftigt. Die folgenden Ausführungen fassen die wesentlichen Aussagen des Ende Oktober 2017 verabschiedeten Ergebnisberichts zusammen.
Der Hauptfachausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) hatte in seiner aktualisierten „Stellungnahme zur Rechnungslegung: Handelsrechtliche Bilanzierung von Altersversorgungsverpflichtungen (IDW RS HFA 30 n.F.)“ vom 16. Dezember 2016 seine Ausführungen zu entgeltlich übernommenen Verpflichtungen neu gefasst. Aus diesem Grund hat sich nun auch die Arbeitsgruppe der DAV mit der Thematik auseinandergesetzt.
Gemäß der IDW Stellungnahme sind die erworbenen Versorgungsverpflichtungen beim übernehmenden Unternehmen erfolgsneutral einzubuchen. Mit anderen Worten: Die Verpflichtungen sind mit dem Betrag zu passivieren, der dem Erwerber für die Übernahme gezahlt wurde; als Pensionsrückstellung ist jedoch mindestens der kaufmännisch notwendige Erfüllungsbetrag nach HGB zu bilanzieren. Weder im Zugangszeitpunkt noch an den Folgeabschlussstichtagen dürfen Erwerbsgewinne erfasst werden.
Der dazu nun vorgelegte Ergebnisbericht der DAV bezieht sich zunächst nur auf Altersversorgungsverpflichtungen, gilt aber sinngemäß auch für vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen (z.B. aus Altersteilzeit- oder Vorruhestandsvereinbarungen). Da entgeltliche Übernahmen von Altersversorgungsverpflichtungen oftmals im Rahmen eines Unternehmenskaufs lediglich ein Teil einer umfassenderen (Unternehmens-) Transaktion sind, lässt sich der Übernahme der Versorgungsverpflichtungen häufig kein explizites Entgelt zuordnen. In diesen Fällen stellt sich die Frage einer von der üblichen handelsrechtlichen Bewertung abweichenden Zugangs- und Folgebewertung der übernommenen Verpflichtungen mangels Quantifizierbarkeit ihres „Erwerbspreises“ nicht, und die Verpflichtungen werden in Höhe des handelsrechtlich notwendigen Erfüllungsbetrags gemäß § 253 HGB angesetzt. In allen anderen Fällen sind nach Ansicht der DAV Arbeitsgruppe die folgenden Aspekte relevant. Zu beachten ist dabei, dass der hier wiedergegebene DAV Ergebnisbericht lediglich über den aktuellen Stand der Diskussion innerhalb der DAV informiert, jedoch keine legitimierte berufsständische Position der DAV darstellt und insbesondere auch keine Allgemeinverbindlichkeit entfaltet.
In Fällen, in denen das Entgelt für die Übernahme der Verpflichtungen – explizit oder im Rahmen einer Kaufpreisallokation – nicht mit dem Erfüllungsbetrag gemäß § 253 HGB übereinstimmt, ergibt sich die zu passivierende Pensionsrückstellung bei Übernahme („Zugangsbewertung“) aus dem erhaltenen Entgelt.
Der HFA beschreibt hierfür zwei grundsätzliche Möglichkeiten. Zum einen sieht die vom HFA präferierte Bilanzierungsmethode vor, die Pensionsrückstellung in Höhe des für die Verpflichtungsübernahme erhaltenen Entgelts anzusetzen, also der Höhe nach nicht einer Bewertung gemäß § 253 HGB folgend. Alternativ eröffnet der HFA die Möglichkeit, für die übernommenen Verpflichtungen eine Pensionsrückstellung in Höhe des handelsrechtlich notwendigen Erfüllungsbetrags zu passivieren (also § 253 HGB folgend) und insoweit einen zusätzlichen separaten Passivposten zu bilden, wie das erhaltene Entgelt (monetäre Vermögensgegenstände) den handelsrechtlich notwendigen Erfüllungsbetrag für die übernommenen Verpflichtungen übersteigt. Hierfür nennt der HFA ausdrücklich die Möglichkeit, einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, wobei bspw. auch die Bildung einer Sonstigen Rückstellung denkbar ist.
Der alternative Ansatz hat aus Bewertungssicht den Vorteil, dass der gesamte Verpflichtungsbestand auch zu den Folgestichtagen geschlossen und einheitlich nach handelsrechtlichen Grundsätzen bewertet werden kann. Zur Vermeidung von Erwerbsgewinnen ist dann lediglich die Frage des Wertansatzes für den zusätzlichen Passivposten ausschlaggebend.
Folgebewertung
Während die erfolgsneutrale Erfassung der übernommenen Verpflichtung zum Zugangszeitpunkt im Wesentlichen eine Frage des bilanziellen Ausweises ist, ist die Vermeidung von Erwerbsgewinnen im weiteren Zeitablauf unmittelbar mit der Frage der Bewertung der übernommenen Verpflichtung zu den Folgeabschlussstichtagen verknüpft. In diesem Zusammenhang unterscheidet das DAV Papier zwischen einer exakten Fortführung und einer pauschalen Fortschreibung des Bewertungsansatzes der Übernahme.
Exakte Fortschreibung
Aus Sicht der DAV Arbeitsgruppe ist es handelsrechtlich zulässig, wenn der Bewertungsansatz, auf dessen Grundlage das Entgelt zur Übernahme der Verpflichtung ermittelt wurde, für die übernommenen Verpflichtungen unverändert fortgeführt wird. Dies ist jedoch recht aufwändig, da dieser Ansatz eine Separierung der übernommenen Verpflichtungsbestände und eine Abgrenzung von zum Zugangszeitpunkt beim Erwerber bereits vorhandenen Verpflichtungen bzw. danach erworbenen Anwartschaften und Ansprüchen erfordert.
Kritisch sieht die Arbeitsgruppe eine dynamische Interpretation des Bewertungsansatzes, beispielsweise eine laufende Anpassung des Zinssatzes zu den Folgestichtagen an die dann jeweils vorherrschenden Marktbedingungen (etwa entsprechend einer IAS 19 konformen Zinsfestlegung). Analog wird die Zulässigkeit von Anpassungen anderer Bewertungsannahmen (wie zum Beispiel biometrische Annahmen oder einen an die Inflationserwartung gekoppelten Renten- oder Gehaltstrend) als fraglich angesehen. Mit anderen Worten: Wird bspw. für die Übernahme ein nach IFRS-Grundsätzen ermittelter Betrag gezahlt, wäre der übernommene Verpflichtungsbestand zwar weiterhin nach IFRS-Grundsätzen, jedoch stets unter Beibehaltung der für den „Kaufpreis“ gewählten Annahmen zu bewerten.
Pauschale Fortschreibung
Um den mit der oben geschilderten exakten Fortschreibung verbundenen Aufwand zu vermeiden, kann eine „pauschale“ Fortschreibung gewählt werden. Hierfür schlägt das DAV Papier verschiedene Möglichkeiten vor. Allen diesen Varianten liegt die Annahme zugrunde, dass die Ergebnisse einer exakten Fortschreibung sich im Laufe der Zeit dem Erfüllungsbetrag nach HGB annähern werden. Daher wird der Unterschiedsbetrag zwischen dem Entgelt für die übernommenen Verpflichtungen und dem Erfüllungsbetrag nach HGB pauschal über einen bestimmten Zeitraum ertragswirksam aufgelöst. Zur Bestimmung dieses Zeitraums schlägt die DAV folgende Alternativen vor:
Wenn sich der HGB-Durchschnittszins dem Rechnungszins für das Übernahmeentgelt schneller annähert als zum Zugangszeitpunkt erwartet, ist es nach Ansicht der Arbeitsgruppe nicht zu beanstanden, wenn die ertragswirksame Erfassung des passivierten Unterschiedsbetrags beschleunigt und der planmäßige Zeitraum insoweit verkürzt wird.
In jedem Fall empfiehlt der DAV Ergebnisbericht vor Anwendung eines bestimmten Ansatzes eine entsprechende Abstimmung mit dem Abschlussprüfer.
Weitere Übernahme während des Fortschreibungszeitraums
Werden die Verpflichtungen während des Fortschreibungszeitraums von einem anderen Unternehmen übernommen (z. B. im Wege eines weiteren Betriebsübergangs) oder auf einen Pensionsfonds übertragen, so dass die Pensionsrückstellungen aufzulösen sind, ist auch der noch vorhandene Teil des passivierten Unterschiedsbetrages auszubuchen. Der Erwerbsgewinn aus dem ursprünglichen Anschaffungsvorgang wird damit realisiert und mindert insoweit den Aufwand aus der neuen Transaktion.
In unserer Roadshow zur BAV fragten Teilnehmer in mehreren Veranstaltungen mit Blick auf das Betriebsrentenstärkungsgesetz, ob sie zum 1. Januar 2018 für ihre Mitarbeiter eine reine Beitragszusage einrichten oder deren Einrichtung zumindest vorbereiten können. Eine interessante Frage, die vielen Gästen aus dem Herzen sprach.
Der Wunsch, eine reine Beitragszusage einzurichten, ist verständlich – bietet diese doch für den Arbeitgeber eine Reihe von Vorteilen. So ergibt sich die im Versorgungsfall an den Mitarbeiter bzw. seine Hinterbliebenen zu zahlende Leistung allein aus den erbrachten Beiträgen und der darauf erzielten Rendite; eine wie auch immer definierte Mindestleistung, die eine Einstandspflicht des Arbeitgebers begründen könnte, gibt es nicht. Zudem wird die Beitragszusage über einen externen Anbieter durchgeführt und beinhaltet für den Arbeitgeber einen überschaubaren Verwaltungsaufwand.
Hindernisse bei der sofortigen Einführung einer reinen Beitragszusage
Jedoch benötigt die reine Beitragszusage eine tarifvertragliche Grundlage; sie muss zudem über eine gemeinsame Einrichtung der Tarifparteien durchgeführt werden. Auch nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern soll die Möglichkeit gegeben werden, an der reinen Beitragszusage und der hierfür geschaffenen Einrichtung teilzunehmen.
Möchte ein Unternehmen seinen Mitarbeitern eine reine Beitragszusage anbieten, setzt dies also stets die Existenz eines einschlägigen Tarifvertrages voraus. Am 1. Januar 2018 waren noch keine derartigen Vereinbarungen zwischen den Tarifparteien getroffen. Es wird davon ausgegangen, dass zum Jahresende 2018 die ersten Beitragszusagen existieren werden. Somit kann eine reine Beitragszusage also vermutlich frühestens zum Jahresanfang 2019 eingerichtet werden.
Weiterhin stellt sich natürlich die Frage, ob der dann bestehende Tarifvertrag für das interessierte Unternehmen überhaupt einschlägig ist, ob es sich also um einen räumlich, fachlich und persönlich für das jeweilige Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifvertrag handelt. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass es durchaus Wirtschaftsbereiche gibt, für die keinerlei Tarifvereinbarungen existieren. Zumindest bis auf weiteres dürfte für die hiervon betroffenen Arbeitgeber die Möglichkeit der reinen Beitragszusage also „ins Leere laufen“.
„Parken“ der für die reine Beitragszusage vorgesehenen Beiträge?
Nun könnte ein Unternehmen, welches für seine Branche eine entsprechende Tarifvereinbarung erwartet, erwägen, seinen Mitarbeitern bereits ab 2018 eine reine Beitragszusage zu versprechen und die zugesagten Beiträge bis zur tariflichen Einrichtung der Beitragszusage in einer anderweitigen Finanzierung „zu parken“. Abgesehen davon, dass derzeit nicht vorhersehbar ist, für welche Tarifbereiche wann eine Beitragszusage eingeführt wird, verbietet sich ein solcher Ansatz auch aus steuerlichen Gründen. Schließlich wäre in einiger Zeit der Beitrag für einen längeren Zeitraum in die Beitragszusage zu transferieren – und der sich so ergebende Betrag dürfte aller Voraussicht nach die hierfür vorgesehenen steuerlichen Grenzen übersteigen, für die Mitarbeiter also zumindest teilweise steuerpflichtiges Einkommen darstellen.
Was dann?
Auch ohne die reine Beitragszusage zu nutzen, gibt es Möglichkeiten, eine betriebliche Altersversorgung mit nur minimalen Risiken für den Arbeitgeber und ohne Bilanzberührung einzurichten. Warum also nicht solche Ansätze nutzen – und gleichzeitig vereinbaren, dass, sobald es eine einschlägige Beitragszusage gibt, die künftigen Beiträge an diese Einrichtung gezahlt werden? Auch ist zu bedenken, dass die reine Beitragszusage nicht nur Vorteile beinhaltet – auch die „alte Welt“ der betrieblichen Altersversorgung hat weiterhin ihre Daseinsberechtigung. Die jeweiligen Vor- und Nachteile gilt es, sorgfältig abzuwägen.
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) ist am 1. Januar 2018 in Kraft getreten, um den Weg zu bereiten für eine grundlegende Reform der BAV. Es beinhaltet verschiedenste Änderungen des Betriebsrentengesetzes, in dessen „Herzstück“ die Versorgung im Sozialpartnermodell unter Beteiligung der Tarifvertragsparteien konzeptioniert wird. Nachdem wir Sie bei unserer Roadshow informiert haben zu den arbeitsrechtlichen Fragestellungen, die sich bei der Umsetzung des BRSG und insbesondere der Ablösung von Versorgungssystemen der „alten“ durch die der „neuen Welt“ ergeben, möchten wir in dem vorliegenden Artikel zusammenfassen, welche Regelungen bereits kraft Gesetzes und auch ohne Umsetzung der neuen Gestaltungsoptionen durch die Tarifvertragsparteien gelten.
In das Regime des Betriebsrentenrechts, das geprägt ist vom Grundgedanken der Einstandspflicht des Arbeitgebers für die Erfüllung der von ihm erteilten Versorgungszusagen, führt das BRSG als große Neuerung die Haftungsprivilegierung der tariflichen reinen Beitragszusage für bestimmte Durchführungswege ein, § 1 Abs. 2a BetrAVG n.F.. Der Arbeitnehmer trägt die Risiken der Anlage. Garantien sind verboten, um für die volatile „Zielrente“ möglichst gute Renditen zu erreichen. Daneben besteht nun die Möglichkeit, in einem Optionssystem eine obligatorische Entgeltumwandlung durchzuführen, wenn der Arbeitnehmer nicht aktiv widerspricht. Beide Zusagearten bedürfen einer tarifvertraglichen Grundlage.
Solange diese Tarifwerke zur BAV noch nicht abgeschlossen sind, können die neuen Zusagearten noch nicht von den Arbeitsvertragsparteien zur Anwendung gebracht werden (die Frage der Anwendbarkeit auch für Nichtgebundene nach §§ 20 Abs. 2, 21 Abs. 3 und 24 BetrAVG n.F. als „Soll-Vorschriften“ außen vor). Eine Analyse der praktischen und rechtlichen Folgen und die Erarbeitung von bedarfsgerechten Gestaltungsoptionen für bestehende Versorgungssysteme sind den Unternehmen belastbar erst möglich mit Blick auf die konkreten Tarifwerke.
Die zentralen Neuerungen „Pay and forget“ und „opt out“ werden jedoch flankiert von verschiedenen Regelungen, die unmittelbar kraft Gesetzes auch für bestehende Systeme gelten. Dies sind vor allem die verbesserten steuerlichen Rahmenbedingungen für die Dotierung der anwendbaren Durchführungswege:
Zukünftig können bis zu 8 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der gesetzlichen Rentenversicherung West steuerfrei in eine Direkt-versicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds eingezahlt werden. Im Gegenzug entfällt die Möglichkeit der steuerfreien Einzahlung von bis zu 1.800 EUR p.a. für Altersversorgungszusagen, welche nach dem 31. Dezember 2004 erteilt wurden. Soweit bislang mindestens ein Versicherungsbeitrag nach § 40b EStG in der bis 31. Dezember 2004 gültigen Fassung pauschalbesteuert wurde (max. 1.752 EUR p.a.), kann diese Pauschalbesteuerung fortgeführt werden; der o.g. Förderhöchstbetrag von 8 % der BBG West mindert sich um die pauschalversteuerte Prämie.
Sozialversicherungsrechtlich bleibt es dabei, dass nur ein Beitrag bis zu 4 % der BBG abgabenfrei ist.
Deutlich attraktiver wird die externe Durchführung der BAV auch durch die Einführung von Vervielfältigungsregelungen in § 3 Nr. 63 EStG:
Sofern anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses Beiträge an eine Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds geleistet werden, bleiben diese lohnsteuerfrei bis zu einem Betrag von 4 % der BBG West, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahr (max. zehn), in denen das Dienstverhältnis bestanden hat.
Für volle Kalenderjahre, in denen das erste Dienstverhältnis geruht hat (z.B. Erziehungszeiten etc.) können lohnsteuerfreie Nachzahlungen von maximal 8 % der BBG West, vervielfältigt mit der Anzahl der vollen Jahre des Ruhens (max. zehn) nachgezahlt werden.
Für Arbeitgeber greift nach § 1a Abs. 1a BetrAVG n.F. bei neuen Entgeltumwandlungen, die ab dem 1. Januar 2019 vereinbart werden, die Pflicht zu Bezuschussungen in Höhe von pauschal 15 %, wenn durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge eingespart werden. Ab dem 1. Januar 2022 gilt dies auch für bereits bestehende Versorgungssysteme. Dies gilt nach Maßgabe des Gesetzeswortlauts ausdrücklich nur für die Durchführungswege der Direktversicherung, Pensionskasse und Pensions-fonds. Die Bezuschussung kann nach der allgemeinen Tariföffnungsklausel in § 19 BetrAVG n.F. durch Tarifvertrag abbedungen werden. Erfolgt eine Bezuschussung, so ist diese ebenso wie die Anwartschaft aus der Entgeltumwandlung nach § 1b Abs. 5 BetrAVG n.F. sofort unverfallbar. Es muss sich um eine Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG handeln (bis 4 % der BBG, für in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherte Arbeitnehmer § 17 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG); nicht erfasst sind freiwillige Entgeltumwandlungen außerhalb von § 1a BetrAVG.
In der Praxis stellen sich diverse interessante Fragen zur Bezuschussung, insbesondere, ob die Herausnahme des Zuschusses für die Durchführungswege der Direktzusage und Unterstützungskasse sachlich gerechtfertigt sind oder wie umzugehen ist mit bereits bestehender Zuschussregelung des Arbeitgebers – wann/darf eine Anrechnung erfolgen? Die Möglichkeit der Verrechnung der Zuschüsse ist im Einzelfall zu prüfen. Es besteht insofern aus dem BRSG Handlungsbedarf zur Anpassung der Entgeltumwandlungsvereinbarungen und diesbezüglicher kollektiver Rechtsgrundlagen.
Ab 2018 wird ein BAV-Förderbetrag für Niedrigverdiener eingeführt. Dieser Förderbetrag kann neben der Riester-Förderung beansprucht werden, insbesondere wird ein Anspruch auf Riester-Zulagen nicht gemindert oder diese auf den BAV-Förderbetrag angerechnet. Voraussetzung für die Gewährung des Förderbetrags ist, dass der Arbeitgeber im Kalenderjahr an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung (i) mindestens 240 EUR (ii) zusätzlich zum vertraglich vereinbarten Gehalt und evtl. bisherig geleisteten Arbeitgeberbeiträgen (iii) für einen Vertrag zur betrieblichen Alters-versorgung entrichtet, bei dem die Abschlusskosten des Vertriebs nicht zu Lasten der ersten Beiträge einbehalten werden (sog. „Zillmerungsverbot“): Die Förderung erfolgt dann dergestalt, dass 30 % hiervon (höchstens 144 EUR p.a.) von der Lohnsteuer des Arbeitnehmers einbehalten werden dürfen. Beiträge aus Entgeltumwandlung sind aufgrund der o.g. Voraussetzungen nicht begünstigt. Zudem ist die Gewährung des BAV-Förderbetrags daran geknüpft, dass der laufende steuerpflichtige Arbeitslohn des betreffenden Arbeitnehmers im Zeitpunkt der Prämienzahlung folgende Beträge (in Abhängigkeit vom arbeitsvertraglich fixierten Lohnzahlungszeitraum) nicht übersteigt:
Maßgeblich für die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Förderung sind allein die Verhältnisse im Zeitpunkt der Prämienzahlung; spätere Änderungen bleiben unberücksichtigt.
Durch die Änderungen in § 82 SGB XII (Begriff des Einkommens) werden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vermindert angerechnet auf die Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Die in Reaktion auf die vom BAG festgestellten Anforderungen an die Anwendbarkeit der erleichterten Anpassungsprüfungen bei Pensionskassen bei der Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie Ende 2015 vorgenommene Änderung der Escape-Klausel in § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG sorgte hinsichtlich der Frage ihrer Rückwirkung für Rechtsstreitigkeiten. Das BAG hatte mit Urteil vom 13. Dezember 2016 (3 AZR 342/15) eine Rückwirkung ausdrücklich ausgeschlossen. Die bei der Gelegenheit des BRSG initiierte Ergänzung von § 30c Abs. 1a BetrAVG n.F. versucht dies nun auszuhebeln und bestimmt, dass die erleichterte Anpassung generell auch für Anpassungsprüfungszeiträume gilt, die vor dem 1. Januar 2016 liegen. Ob diese gesetzliche Rückwirkung im Falle der weiteren gerichtlichen Überprüfung Bestand hat bleibt abzuwarten.
Durch § 8 Abs. 3 BetrAVG n.F. wird den Versorgungsberechtigten unter bestimmten Umständen im Falle der Insolvenz ihres Arbeitgebers das Recht eingeräumt, anstelle des Anspruchs gegen den Pensions-Sicherungs-Verein eine Übertragung der Versicherungsnehmerstellung und Fortführung der auf ihr Leben abgeschlossenen kongruenten Rückdeckungsversicherung mit eigenen Beiträgen zu verlangen.
Wenn Sie weitergehende Informationen zu den Implikationen des BRSG benötigen sprechen Sie uns gerne an.
Die Rechtsprechung wirkte auch in den letzten Monaten aktiv an der Fortentwicklung der betrieblichen Altersversorgung (BAV) mit. Unser Rechtsprechungsteil behandelt in dieser Ausgabe Entscheidungen (1) zur sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von Vorruhestandsgeldern als Leistungen der BAV, (2) zur Wirksamkeit des Ausschlusses von Rückforderungsansprüchen eines Trägerunternehmens gegen eine Gruppenunterstützungskasse, (3) zur Reichweite der Anrechnung anderweitiger Versorgungsbezüge auf Leistungen der BAV gemäß § 5 Abs. 2 BetrAVG und (4) zur Wirksamkeit einer Abstandsklausel für Hinterbliebenenleistungen.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 20. Juli 2017 entschieden, dass Leistungen aus einer Direktzusage, die ein Arbeitgeber an Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis anfänglich mit Überbrückungsfunktion unbefristet auch über den Renteneintritt hinaus zahlt, erst ab dem Zeitpunkt des Renteneintritts, spätestens ab Erreichen der Regelaltersgrenze als in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 229 SGB V beitragspflichtige Versorgungsbezüge anzusehen sind. Das BSG hat mit diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nach der nur befristete Übergangsleistungen mit Übergangsfunktion nicht als beitragspflichtige Versorgungsbezüge im Sinne des § 229 SGB V angesehen werden können.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt war der am 1. Februar 1943 geborene klagende Arbeitnehmer bis zum 30. Juni 1998 bei dem die Versorgungszusage erteilenden Arbeitgeber beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aus betriebsbedingen Gründen auf der Grundlage eines Aufhebungsvertrages mit Ablauf des 30. November 1998. In dem Aufhebungsvertrag sagte der Arbeitgeber unter anderem ab Erreichen des 55. Lebensjahres eine monatliche Betriebsrente von 1.327,55 DM nach Maßgabe einer hierzu beim Arbeitgeber bestehenden Betriebsvereinbarung (BV Versorgung) zu. Tatsächlich erhielt der Arbeitnehmer ab dem 1. Dezember 1998 ein „betriebliches Ruhegeld“ nach der BV Versorgung. Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse wurden hierauf nicht abgeführt. Seit dem 1. Februar 2008 bezieht der Arbeitnehmer eine Altersrente nach Maßgabe der BV Versorgung. Die beklagte Krankenkasse setzte gegenüber dem Kläger Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Januar 2008 fest. Dies mit der Begründung, dass das betriebliche Ruhegeld Versorgungsbezüge im Sinne des § 229 SGB V inkludiere.
Der Arbeitnehmer begehrte mit seiner Klage die Aufhebung dieses Beitragsbescheides.
Das BSG gab der Klage statt. Das betriebliche Ruhegeld inkludiere keine Versorgungsbezüge im Sinne des § 229 SGB V. Zur Begründung führt das BSG zunächst seine ständige Rechtsprechung zur zweckbezogenen Abgrenzung von nicht dem § 229 SGB V unterliegenden Übergangsleistungen und nach § 229 SGB V beitragspflichten Bezügen der betrieblichen Altersversorgung fort, demnach Versorgungsleistungen typischerweise die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter, nach dessen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bezwecken, während Übergangsleitungen eine Lohnersatzfunktion als Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes bzw. zur Überbrückung einer Arbeitslosigkeit bis zur Altersrente in sich tragen sollen.
Einen maßgeblichen Indikator für die Abgrenzung sieht das BSG im Lebensalter des Arbeitnehmers zum Leistungsbeginn: Die Eigenschaft als Versorgungsbezug sei zu verneinen, wenn das Lebensalter typischerweise nicht schon als Beginn des Ruhestands gelten kann. Das BSG verneint, in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung, ein Lebensalter von 55 Jahren als typisches Alter für einen Ruhestandsbeginn. In seiner bisherigen Rechtsprechung hatte das BSG zudem als wesentliches Kriterium für die Einordnung der Übergangsleistung als nicht nach § 229 SGB V beitragspflichtige Bezüge gefordert, dass die Leistungen befristet auf den Beginn des Ruhestands gewährt werden. Diese Anforderung gibt das BSG in diesem Urteil auf. Auch unbefristet gewährte Übergangsgelder sollen nunmehr für den Zeitraum zwischen der erstmaligen Leistungsgewährung und der Erreichung des maßgeblichen Alters des Arbeitnehmers für Altersrentenleistungen keiner Beitragspflicht nach § 229 SGB V unterliegen.
Fazit: Das BSG entwickelt mit diesem Urteil seine Rechtsprechung zur sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von Leistungen weiter, die die der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern anlässlich einer betriebsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Überbrückung bis zur (betrieblichen) Altersrente gewährt. Für die Praxis begrüßenswert ist die Klarstellung, dass auch solche, mit dem Hauptzweck der Überbrückung/(teilwesen) Übernahme des Arbeitsplatzrisikos durch den Arbeitgeber verknüpften Übergangsgeldern keine beitragspflichtigen Versorgungsleistungen gemäß § 229 SGB V inkludieren, die der Arbeitgeber nach der maßgeblichen Versorgungsordnung unbefristet gewährt. Arbeitgeber sollten diese Klarstellung insbesondere bei aktuellen und zukünftigen Freiwilligenprogrammen im Rahmen von umfassenden Personalabbauprogrammen berücksichtigen.
2. Wirksamer Ausschluss von Rückforderungsansprüchen eines Trägerunternehmens gegen eine Gruppenunterstützungskasse (BAG Urt. v. 21.03.2017, 3 AZR 619/15)
Das BAG hat in seinem Urteil vom 21. März 2017 entschieden, dass eine Gruppenunterstützungskasse in ihrer Satzung Rückforderungsansprüche von einzelnen Trägerunternehmen mit Bezug auf die zur Finanzierung der Versorgungszusagen eingebrachten Deckungsmittel wirksam ausschließen kann, wenn die Satzung für den Fall der Beendigung der Mitgliedschaft des Trägerunternehmens eine Auskehrung des segmentierten Kassenvermögens auf andere Einrichtungen vorsieht, die Versorgungsleistungen über einen mittelbaren Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung erbringen.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte die klagende Arbeitgeberin als Trägerunternehmen an die beklagte Gruppenunterstützungskasse Deckungsmittel in Höhe von mehr als 2 Mio. EUR zur Finanzierung von Versorgungsleistungen übertragen. Die Beklagte sollte die Deckungsmittel nach einem definierten Leistungsplan an versorgungsberechtigte Mitarbeiter der Arbeitgeberin im Leistungsfall erbringen. Die Parteien schlossen anlässlich des Beitritts der Klägerin als Trägerunternehmen eine Vereinbarung, die für die Verwendung der Deckungsmittel den Abschluss von Rückdeckungsversicherungen durch die Beklagte für die Versorgungszusagen vorsah.
Die Satzung der Beklagten bestimmte als ausschließlichen Zweck die Führung einer Unterstützungskasse, die freiwillige, einmalige, wiederholte oder laufende Leistungen gemäß ihrem Leistungsplan an Leistungsempfänger bei Hilfsbedürftigkeit, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit und im Alter gewährte. Die Satzung enthielt umfassende Regelungen zum Ausschluss von Rückforderungsansprüchen der Trägerunternehmen auf die übertragenen Deckungsmittel. Sie bestimmte außerdem, dass die Beklagte durch die Zuwendungen der Trägerunternehmen endgültig bereichert sein sollte. Ein Rückforderungsanspruch der Trägerunternehmen wurde sowohl hinsichtlich der übertragenen Deckungsmittel als auch der daraus resultierenden Erträge ausgeschlossen. Für den Fall der Liquidation der Beklagten bestimmte die Satzung eine Verteilung der Deckungsmittel an die Begünstigten oder alternativ eine Überführung auf eine Pensionskasse oder eine Einzel-Unterstützungs-kasse; eine Auskehrung des Vermögens der Beklagten an die Trägerunternehmen sollte auch in diesem Fall nicht erfolgen.
Die Beklagte legte ca. 1 Mio. EUR aus dem der Klägerin zugeordneten Kassenvermögen in Zins-Arbitrage-Anleihen an. Die Anleihen fielen in der Folgezeit aus. Die Klägerin verlangte daraufhin von der Beklagten die Auskehrung des Betrages von 1 Mio. EUR; dies mit der Berufung auf einen Rückforderungsanspruch aus dem zwischen den Parteien hinsichtlich der Durchführung der Versorgungszusagen über die Beklagte bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages.
Die beiden erstinstanzlichen Gerichte gaben der Klage statt. Dies mit der Begründung, dass zwischen den Parteien neben der Mitgliedschaft der Klägerin als Trägerunternehmen der Beklagten ein Geschäftsbesorgungsvertrag zur Durchführung der Versorgungszusagen bestanden hätte. Die Klägerin könne eine Herausgabe der auf die Beklagten übertragenen Deckungsmittel nach den gesetzlichen Regelungen zum Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 675, 667 BGB) geltend machen. Die in der Satzung der Beklagten enthaltenen Ausschlussregelungen für Rückforderungsansprüche stünden diesem Herausgabeanspruch nicht entgegen, da die Satzung keine Regelungen zu dem Geschäftsbesorgungsvertrag enthalte.
Das BAG hob das zweitinstanzliche Urteil auf und wies die Klage ab. Die Satzung der Beklagten enthalte wirksame Regelungen zum Ausschluss von Rückforderungsansprüchen, die einem Herausgabeanspruch aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß §§ 667, 675 BGB vorgehen würden. Für den Vorrang der Satzungsregelungen vor dem in der Satzung nicht geregelten Herausgabeanspruch aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag bedürfe es keiner expliziten Regelung des Ausschlusses von Ansprüchen aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag. Die Satzungsregelungen seien als allregelnd anzusehen, um die für die Unterstützungskasse relevanten steuerrechtlichen Rahmenbedingungen erfüllen zu können.
Fazit: Arbeitgeber sollten bei einer Durchführung der BAV über eine Gruppenunterstützungskasse bei der Auswahl der Unterstützungskasse die Regelungen der Satzung zur Rückübertragung von Vermögens-werten sorgfältig analysieren; vor allem für den Fall der Beendigung der Mitgliedschaft als Träger-unternehmen, die etwa bei einem Wechsel des Durchführungswegs (z.B. zur Direktzusage) relevant wird. Generell nicht akzeptiert werden sollte ein in der Satzung bestimmter allumfassender Ausschluss von Rückforderungsansprüchen.
3. Reichweite der Anrechnung anderweitiger Versorgungsbezüge auf Leistungen der BAV gemäß § 5 Abs. 2 BetrAVG (LAG Düsseldorf Urt. v. 02.06.2017, 6 Sa 111/17)
Das LAG Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 2. Juni 2017 entschieden, dass eine Anrechnung anderweitiger Versorgungsbezüge auf Leistungen der BAV nach § 5 Abs. 2 BetrAVG nur möglich ist, wenn der anzurechnende Versorgungsbezug mindestens zu 50 % vom Arbeitgeber finanziert worden ist. Zu den anrechenbaren Versorgungsleistungen können dabei auch Versorgungsbezüge aus früheren Arbeitsverhältnissen zählen, sofern sie vom anderen Arbeitgeber (mit-)finanziert worden sind.
In dem entschiedenen Fall stritten die Parteien darüber, in welcher Höhe eine dem klagenden Arbeitnehmer zustehende Altersversorgung aus einer Pensionsversicherung, die er zum Teil aus eigenen Beiträgen finanzierte, auf die vom beklagten Arbeitgeber geschuldete Betriebsrente anrechenbar ist. Der Kläger war von 1973 bis 2009 bei dem Beklagten beschäftigt. Er war aus seinem vorherigen Arbeitsverhältnis bereits seit 1965 im Rahmen einer Zusatzpensionsversicherung bei einem Beamtenversicherungsverein („BVV-Versicherung“) versichert. Die Parteien führten die BVV-Versicherung nach Aufnahme des Arbeitsverhältnisses bis Ende 1986 fort; wobei der Beklagte 2/3 der Beiträge und der Kläger 1/3 der Beiträge übernahm.
Mit Wirkung zum 1. Januar 1987 vereinbarten die Parteien eine Modifizierung der BAV, die eine Beitragsfreistellung der BVV-Versicherung zu Ende 1986 vorsah und für den Zeitraum ab 1987 eine BAV-Leistung nach Maßgabe des jeweils gültigen Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz). Die Vereinbarung enthielt zudem eine Anrechnungsklausel, die eine Anrechnung von anderen Versorgungsleistungen in folgender Weise bestimmte:
„[…] Zur teilweisen Entlastung von den vorstehenden Versorgungsverpflichtungen werden die Renten- und Hinterbliebenenbezüge, die Sie oder Ihre Angehörigen aus Ihrer Angestelltenversicherung beziehen werden, auf das Ruhegehalt bzw. die Hinterbliebenenversorgung angerechnet. […] Ebenso werden die Renten, die Sie oder Ihre Angehörigen aus Ihren betrieblichen Zusatzversicherungen und/oder aus Ihrer früheren betrieblichen Altersversorgung erhalten, auf das Ruhegehalt bzw. die Hinterbliebenenversorgung angerechnet. […]“
Der Beklagte forderte den Kläger im Zusammenhang mit der Beitragsfreistellung der BVV-Versicherung dazu auf, die BVV-Versicherung während der weiteren Dauer des Arbeitsverhältnisses auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht mit Eigenbeiträgen fortzuführen. Der Kläger kam dieser Aufforderung zunächst nach; führte allerdings die BVV-Versicherung ab dem Jahr 1997 mit Eigenbeiträgen fort. Hierüber unterrichtete der Kläger den Beklagten nicht.
Der Beklagte gewährte nach Eintritt des Leistungsfalls eine Altersrente, die er um den Anteil der BVV-Versicherung kürzte, der auf die vom Kläger bis Ende 1986 geleisteten Eigenbeiträge beruhte. Die Leistungen der BVV-Versicherung beruhten für den Anwartschaftszeitraum von 1973 bis 1986 zu 1/3 auf Eigenbeiträge des Klägers; bei Einbeziehung der vom Kläger seit 1997 geleisteten Versicherungsbeiträge beruhte die BVV-Versicherung zu mehr als 50 % auf Eigenbeiträgen des Klägers.
Der Kläger machte in seiner Klage eine hinsichtlich der Eigenbeiträge für die BVV-Versicherung ungekürzte Rente geltend. Die im Arbeitsvertrag bestimmte Anrechnungsklausel sei unwirksam. Sie verstoße gegen § 5 Abs. 2 S. 2 BetrAVG, demnach auf Altersrentenleistungen nicht solche Versorgungsleistungen angerechnet werden dürften, die mindestens zur Hälfte auf Beiträgen des Arbeitnehmers beruhen.
Das LAG Düsseldorf wies die Klage ab. Der Beklagte habe auf die Rentenleistungen zu Recht den Anteil der Leistungen aus der BVV-Versicherung angerechnet, der auf den vom Kläger bis 1986 erbrachten Eigenbeiträgen beruhte. Die von den Parteien im Arbeitsvertrag bestimmte Anrechnungsklausel sei wirksam. Eine Unwirksamkeit ergebe sich insbesondere nicht aus dem gesetzlichen Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 S. 2 BetrAVG. Das Anrechnungsverbot erfasse zwar nach seinem Wortlaut sämtliche Eigenbeiträge, die der Arbeitnehmer bis zum Eintritt des Leistungsfalls in die einzelne Versorgungszusage einbringe. Eine solche Berücksichtigung von sämtlichen Eigenbeiträgen sei jedoch für den Arbeitgeber unbillig, wenn der Arbeitnehmer – wie vorliegend der Kläger – die Voraussetzungen des Anrechnungsverbots dadurch eigenmächtig herbeiführen kann, in dem er eine bereits beitragsfrei gestellte BAV-Zusage mit Eigenbeiträgen fortführt.
Das gesetzliche Anrechnungsverbot könne danach nur solche Eigenbeiträge des Arbeitnehmers erfassen, die auf eine während des laufenden Arbeitsverhältnisses als originäre Versorgungszusage durchgeführten BAV gezahlt werden. Für das gesetzliche Anrechnungsverbot seien demgegenüber solche Eigenbeiträge nicht zu berücksichtigen, die der Arbeitnehmer nach einer Beitragsfreistellung originär zum Aufbau weiterer Versorgungsanwartschaften einbringt. Der Anrechnung stehe schließlich auch nicht entgegen, dass die BVV-Versicherung dem Kläger ursprünglich von seinem Vorarbeitgeber zugesagt worden sei. Eine Anrechnung von Versorgungsleistungen aus solchen Versorgungszusagen könne jedenfalls dann erfolgen, wenn der Arbeitgeber diese Versorgungszusage – insbesondere nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG – übernommen und während des Arbeitsverhältnisses fortgeführt habe.
Fazit: Das – im Ergebnis und in seiner sorgfältigen Begründung zutreffende – Urteil des LAG Düsseldorf zeigt anschaulich die Reichweite und die Grenzen des gesetzlichen Anrechnungsverbots nach § 5 Abs. 2 S. 2 BetrAVG auf. Erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Laufe des Arbeitsverhältnisses verschiedene BAV-Zusagen, die im Einzelnen Anrechnungsvorbehalte für andere Versorgungsleistungen vorsehen und zumindest teilweise auch durch Eigenbeiträge des Arbeitnehmers finanziert werden, hat er bei der Gewährung der Versorgungsleistungen sorgfältig zu prüfen, ob er Versorgungsleistungen unter Berücksichtigung des § 5 Abs. 2 S. 2 BetrAVG anrechnen darf. Zu beachten ist, dass das LAG Düsseldorf seine Rechtsauffassung aus juristischer Sicht nur mittels teleologischer Reduktion des § 5 Abs. 2 S. 2 BetrAVG gewinnen konnte, also durch eine zweckgerichtete Einschränkung seines Wortlauts. Arbeitgeber haben daher bei der konkreten Würdigung einer etwaigen Anrechnung anderweitiger Versorgungsleistungen die in Rede stehenden Versorgungszusagen sorgfältig zu analysieren.
4. Auch eine Altersabstandklausel, welche Hinterbliebenenleistungen nur dann vorsieht, wenn der hinterbliebene Ehegatte höchstens 15 Jahre jünger als der Verstorbene ist, muss keine unzulässige Altersdiskriminierung sein. (BAG Urt. v. 20.02.2018 – 3 AZR 43/17)
In dem Urteil des BAG vom 20. Februar 2018 ging es um die Frage der Zulässigkeit einer Altersabstandsklausel im Rahmen der Gewährung einer betrieblichen Hinterbliebenenversorgung. Vorliegend nahm die Klägerin den Pensions-Sicherungs-Verein (PSaG) als Träger der Insolvenzversicherung auf Witwenrente in Anspruch. Dem Mann war von seinem Arbeitgeber eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt worden, die voraussetzte, dass die Altersdifferenz des Ehegatten zu dem Versorgungsberechtigten nicht mehr als 15 Jahre betrug. Die Hinterbliebenenversorgung der Klägerin, die 18 Jahre jünger war als ihr verstorbener Mannes, war folglich nicht abgedeckt. Die Witwe hielt diese Regelung der Versorgungsordnung für diskriminierend aufgrund einer Ungleichbehandlung wegen des Alters und klagte. Während die Klage in erster Instanz abgelehnt wurde, gab das LAG Köln ihr statt. Die Revision des Beklagten hatte jedoch Erfolg.
Das BAG entschied, dass der Ausschluss der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung bei großem Altersabstand keine gegen das AGG verstoßende Altersdiskriminierung enthält. Zunächst handele es sich bei der Altersabstandklausel zwar um eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach Maßgabe der §§ 1, 3 Abs. 1 AGG. Diese Benachteiligung sei jedoch gerechtfertigt gemäß § 10 AGG. Das finanzielle Risiko des Arbeitgebers bei der Versorgung von Hinterbliebenen seiner Arbeitnehmer würde durch die Altersabstandklausel wirksam begrenzt. Dies stelle ein legitimes Interesse des Arbeitgebers dar, welches nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der Interessen der Versorgungsberechtigten führe. Bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren sei der gemeinsame Lebensabschnitt der Ehepartner darauf angelegt, dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den versorgungsberechtigten Ehepartner verbringt. In Bezug auf den Altersabstand von mehr als 15 Jahren würden nur solche Ehegatten von dem Ausschluss erfasst, deren Altersabstand zum Ehepartner den üblichen Abstand erheblich übersteige.
Fazit: Die Entscheidung des BAG bringt eine wichtige Klarstellung zur Wirksamkeit des Ausschlusses der Hinterbliebenenrente bei großem Altersabstand von über 15 Jahren unter Geltung des AGG. Offen bleibt (vorbehaltlich der noch nicht vorliegenden Urteilsbegründung), die Wirksamkeit der Abstandsklauseln bei geringerem Altersunterschied. Mit Blick auf die mittlerweile sehr feingliedrig ausgestaltete Kasuistik des BAG zur Zulässigkeit einer Begrenzung der Hinterbliebenenversorgung bedürfen entsprechende Klauseln stets einer sorgfältigen Ausgestaltung.
Das Kabinett hat am 27.09.2017 die Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2018 beschlossen.
Mit der Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2018 sind die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung gemäß der Einkommensentwicklung im vergangenen Jahr turnusgemäß angepasst worden. Die den Sozialversicherungsrechengrößen 2018 zugrundeliegende Einkommensentwicklung im Jahr 2016 betrug im Bundesgebiet 2,42 % (alte Bundesländer 2,33 %, neue Bundesländer 3,11 %).
Bei der Ermittlung der jeweiligen Einkommensentwicklung wird auf die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen („Ein-Euro-Jobs“) abgestellt.
Rechengrößen für das Jahr 2018 | West | Ost | ||
Monat | Jahr | Monat | Jahr | |
Beitragsbemessungsgrenze: allg. Rentenversicherung | 6.500 € | 78.000 € | 5.800 € | 69.600 € |
Beitragsbemessungsgrenze: knappschaftl. Rentenversicherung | 8.000 € | 96.000 € | 7.150 € | 85.800 € |
Beitragsbemessungsgrenze: Arbeitslosenversicherung | 6.500 € | 78.000 € | 5.800 € | 69.600 € |
Versicherungspflichtgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung | 4.950 € | 59.400 € | 4.950 € | 59.400 € |
Beitragsbemessungsgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung | 4.350 € | 52.200 € | 4.350 € | 52.200 € |
Bezugsgröße in Sozialversicherung | 3.045 € | 36.540 € | 2.695 € | 32.340 € |
Vorläufiges Durchschnittsentgelt/p.a. in der Rentenversicherung | 37.873 € |
Die Mobilitätsrichtlinie vom 30.04.2014 verfolgt das Ziel, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verbessern sowie Hindernisse im Bereich der betrieblichen Altersversorgung, die bei einem grenzübergreifenden Wechsel des Arbeitsplatzes entstehen können abzubauen. Mit Hinblick auf den Ablauf des Übergangszeitraumes zum 1. Januar 2018 stellen wir für Sie die wichtigen Neuregelungen zusammen.
Scheidet ein Arbeitnehmer vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis aus, ohne dass ein Versorgungsfall eingetreten ist, bleibt das vom Arbeitgeber finanzierte Anrecht grundsätzlich nur dann anteilig aufrechterhalten, wenn die Unverfallbarkeitsfristen eingehalten sind (§ 1b Abs. 1 BetrAVG). Nach dem BetrAVG aF musste die Versorgungszusage mindestens fünf Jahre bestanden und der Arbeitnehmer musste bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis das 25. Lebensjahr vollendet haben. Diese Fristen sind nunmehr verkürzt: Für ab dem 01.01.2018 erteilte Versorgungszusagen gilt eine (einheitliche) Frist von drei Jahren bezüglich der Zusagedauer und die Vollendung des 21. Lebensjahres bei Ausscheiden.
Wahrung von Anwartschaften
Das neue BetrAVG schreibt eine Dynamisierung von Anwartschaften vor, indem die Entwicklung dieser Anwartschaften an den Wert der Ansprüche aktiver Versorgungsanwärter oder an die Entwicklung der derzeit ausgezahlten Renten anzulehnen ist. Nach § 2 Abs. 5 BetrAVG sind die Anwartschaften im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Maßgabe der geltenden Versorgungszusage mit den Bemessungsgrundlagen im Zeitpunkt des Ausscheidens zu berechnen (Veränderungssperre). Neu eigeführt wird ein Benachteiligungsverbot in Hinblick auf den Wert einer unverfallbaren Anwartschaft. Ein Arbeitnehmer, der aus dem Betrieb ausscheidet darf gegenüber weiterhin aktiven Arbeitnehmern bezüglich des Werts seiner unverfallbaren Anwartschaften nicht benachteiligt werden.
Erweiterte Informationspflichten
Die Auskunftspflichten des Arbeitgebers bzw. des Versorgungsträgers in § 4a BetrAVG sind umfangreicher, als das bisher der Fall war. Ein automatischer regelmäßiger Modus für die Informationserteilung wird nicht eingeführt. Der Arbeitnehmer muss stattdessen jeweils eine Auskunft verlangen. Ein „berechtigtes Interesse“ ist ab dem 01.01.2018 nicht mehr erforderlich. Folgende Informationen sind nach neuem Recht zusätzlich zu erteilen:
Abfindung von Kleinstanwartschaften
Für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann eine Abfindung vorgesehen werden, wenn der Wert der Abfindung einen bestimmten Schwellenwert nicht übersteigt. Geringwertige Anrechte und Rentenansprüche kann der Arbeitgeber auch ohne Zustimmung des Arbeitnehmers zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwands durch eine einmalige, angemessene Kapitalzahlung abfinden (§ 3 Abs. 2 BetrAVG). Die Abfindung einer Anwartschaft bedarf der Zustimmung des Arbeitnehmers lediglich dann, wenn dieser nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein neues Arbeitsverhältnis in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begründet und dies innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinem ehemaligen Arbeitgeber mitteilt (§ 3 Abs. 2 S. 3 BetrAVG).
Persönlich, sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich der Neuregelungen und Übergangsvorschriften
In räumlicher Hinsicht ist der Geltungsbereich der Neuregelungen grundsätzlich auf internationale Sachverhalte beschränkt. Grundsätzlich nicht anwendbar sind sie beispielsweise auf Sachverhalte in denen der Arbeitnehmer innerhalb der Bundesrepublik den Arbeitgeber wechselt. Der Gesetzgeber kann von diesem Grundsatz jedoch abweichen und Neuregelungen auch auf solche innerstaatlichen Sachverhalte ausdehnen (vgl. z.B. § 3 Abs. 2 S. 3 BetrAVG).
Der sachliche Anwendungsbereich der Richtlinie gilt nur für die Altersversorgung, nicht jedoch auch für Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung. Die Umsetzung erfolgt trotzdem für alle Versorgungsfälle gleichermaßen.
Der zeitliche Geltungsbereich ergibt sich aus § 30f BetrAVG. Danach findet die kürzere Unverfallbarkeitsfrist der Neufassung nur Anwendung auf Zusagen, die ab dem 01.01.2018 erteilt werden. In einem Übergangszeitraum findet die günstigere Frist, gerechnet ab dem 01.01.2018, auch auf ältere Zusagen Anwendung (§ 30f Abs. 3 BetrAVG). Das Benachteiligungsverbot findet nur für Beschäftigungszeiten nach dem 31.12.2017 Anwendung und soll darüber hinaus nicht gelten für Versorgungswerke, die vor dem 20.05.2014 geschlossen waren.
Die bilanziell auszuweisende Pensionsrückstellung wird maßgeblich durch den Rechnungszinssatz bestimmt. Folgende Ausführungen befassen sich mit dem aktuellen Stand der Rechnungszinssätze nach HGB und IFRS zum Jahresende 2017.
Für Bewertungen von Pensions- oder ähnlichen langfristigen Leistungen an Arbeitnehmer werden mit Ausnahme des Rechnungszinses üblicherweise identische Bewertungsannahmen für HGB und IFRS verwendet. Während der Rechnungszins unter IFRS (IAS 19) eine Stichtagsgröße ist, wird unter HGB ein Durchschnittswert herangezogen.
§ 253 Abs. 2 HGB schreibt für die Bewertung von Altersversorgungsverpflichtungen einen laufzeitadäquaten Marktzinssatz vor, der sich als Durchschnitt über die letzten 10 Jahre ermittelt und von der Deutschen Bundesbank monatlich veröffentlicht wird. Sonstige Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr (z.B. Altersteilzeit- oder Jubiläumsverpflichtungen) sind mit einem 7-jährigen Durchschnittszinssatz zu bewerten. Des Weiteren besteht (die nach unserer Erfahrung weit verbreitete) Vereinfachungsregelung, dass eine 15-jährige durchschnittliche Restlaufzeit der Verpflichtungen (unabhängig von der tatsächlichen Restlaufzeit) unterstellt werden darf. Die Zinssätze zum 31. Dezember 2017 für eine Restlaufzeit von 15 Jahren sind:
Die entsprechenden Vergleichswerte zum 31. Dezember 2016 beliefen sich auf 4,01 % bzw. 3,24 %. Die niedrigeren Rechnungszinsen führen isoliert betrachtet zu einem Anstieg des Verpflichtungsumfangs. Für einen durchschnittlichen Musterbestand bewirkt der Rückgang des 10-jährigen Durchschnittszinssatzes um 23 Basispunkte im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg der Pensionsrückstellungen um rund 5 % (ohne Berücksichtigung von Bestandseffekten und anderen Bewertungsannahmen).
IFRS Rechnungszins
Gemäß IAS 19.83 ist der IFRS Rechnungszins grundsätzlich laufzeitkongruent auf Grundlage der am Stichtag geltenden Marktrenditen hochrangiger Unternehmensanleihen zu ermitteln. Da IAS 19 hier gewisse Ermessensspielräume offen lässt (z.B. Auswahl der zu Grunde liegenden Anleihen oder unterschiedliche Extrapolationsverfahren), gibt es nicht den einen IFRS Rechnungszins, sondern regelmäßig eine gewisse Bandbreite an zulässigen Zinssätzen, wobei die jeweiligen Ermessensentscheidungen stets dem allgemeinen Stetigkeitsgebot unterliegen. Zum 31. Dezember 2017 hat KPMG für einen durchschnittlichen gemischten Bestand (d.h. ungefähr hälftig Verpflichtungen gegenüber Rentnern und Nicht-Rentnern) in Deutschland einen Wert von rund 1,9 % ermittelt. Damit liegen die von KPMG ermittelten IFRS Rechnungszinsen zum Jahresende 2017 nur leicht oberhalb des Vorjahresniveaus. Für Bewertungen zum 31. Dezember 2017 sind somit typischerweise nur relativ geringe Effekte aus der Veränderung des Rechnungszinses zu erwarten.
Ausblick steuerlicher Zinssatz – Vorlage zu § 6a EStG beim BVerfG
Für steuerliche Bewertungen von Pensionsverpflichtungen ist nach wie vor ein Zinssatz von 6 % in § 6a EStG festgelegt. Inwieweit die dem Bundesverfassungsgericht im Oktober 2017 durch das FG Köln vorgelegte Frage, ob der Rechnungszinsfuß von 6 % zur steuerlichen Ermittlung von Pensionsrückstellungen noch als verfassungsgemäß anzusehen ist, hier möglicherweise neue Bewegung bringt, wird die Zukunft zeigen. Mögliche Auswirkungen betreffen u.a. die Abfindung gemäß § 3 Abs. 5 BetrAVG, den Übertragungswert gemäß § 4 Abs. 5 BetrAVG sowie den Ausgleichswert im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens. Über aktuelle Entwicklungen werden wir Sie zu gegebener Zeit in einem Client Alert informieren.
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