Der Einsatz sog. Ombudspersonen gehört mittlerweile zum Standardportfolio des Compliance-Managements. Meist sind Ombudsmänner externe Rechtsanwälte, die vom Unternehmen damit betraut werden, unternehmensinterne Hinweise entgegenzunehmen, sie einer indikativen rechtlichen Prüfung zu unterziehen und das Prüfungsergebnis dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen.
Dabei wurde bislang grundsätzlich davon ausgegangen, dass den externen Anwälten im Rahmen ihrer Ombudsposition ein Zeugnisverweigerungsrecht zukommt, woraus sich ein Beschlagnahmeverbot für ihnen übergebene bzw. sich in ihrem Gewahrsam befindliche Unterlagen ergibt.
Das Landgericht Bochum hat nun entschieden, dass im Rahmen einer Durchsuchung bei der als Ombudsperson tätigen Rechtsanwältin kein Beschlagnahmeverbot hinsichtlich einer E-Mail mit Hinweisen auf unternehmensinternes Fehlverhalten bestand.
Grundsätzlich steht einem Rechtsanwalt ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 I 1 Nr. 3 StPO zu. Dies führt zu einem Beschlagnameverbot gem. § 97 I Nr. 3 StPO hinsichtlich der sich im Gewahrsam des Rechtsanwalts befindlichen Unterlagen.
Hierdurch werden insbesondere Informationen, die dem Anwalt im Rahmen seines Mandatsverhältnisses bekannt werden sowie getätigte Aufzeichnungen und erhaltene Unterlagen vor staatlichem Zugriff geschützt.
Dieses Beschlagnahmeverbot wurde nun durch die Entscheidung des Landgerichts Bochum im Falle von Ombudspersonen beschnitten.
Es nimmt damit eine Einschätzung des LG Hamburg aus dem Jahre 2010 (608 Qs 18/10) wieder auf, welches im Falle interner Ermittlungen ebenfalls ein Beschlagnahmeverbot nach § 97 StPO für Unterlagen, die im Gewahrsam einer Anwaltskanzlei waren, versagt hat.
Einen späteren, viel beachteten Beschluss des LG Mannheim vom 3.7.2012 (24 Qs 1, 2/12), der insbesondere das Verhältnis zwischen § 97 und § 160a StPO geklärt und klargestellt hat, dass für eine einschränkende Auslegung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO kein Raum besteht, lässt das LG Bochum hingegen – unserer Ansicht nach zu Unrecht – außer Acht.
Das Gericht wendet die Vorschrift des § 97 I Nr. 3 StPO vielmehr (erneut) nur eingeschränkt an und gewährt den als Ombudspersonen tätigen Rechtsanwälten daher keinen Schutz vor der Beschlagnahme von Unterlagen, die sie von Hinweisgebern erhalten haben.
Damit entfällt auch die Garantie für die jeweiligen Hinweisgeber, anonym bleiben zu können.
Das Landgericht schränkt das Beschlagnahmeverbot deshalb ein, weil aus seiner Sicht weder ein direktes Mandatsverhältnis noch ein schutzwürdiges mandatsähnliches Vertrauensverhältnis zwischen den Hinweisgebern und den als Ombudspersonen tätigen Rechtsanwälten besteht.
Ein direktes Mandatsverhältnis besteht ausschließlich zum jeweiligen den Ombudsmann beauftragenden Unternehmen.
Ein mandatsähnliches Vertrauensverhältnis hingegen kann nach den Gründen der Entscheidung schon deshalb nicht bestehen, weil eine besondere, individuell begründete Vertrauensbeziehung zwischen Hinweisgeber und Ombudsperson nicht gegeben ist.
Sehe man dies anders, bestünde aus Sicht des Gerichts die Gefahr eines strukturellen, die Standesplichten des Rechtsanwalts berührenden, Konflikts.
Das Landgericht Bochum lehnt ein Beschlagnahmeverbot auch aus anderen in Frage kommenden Rechtsvorschriften ab.
So lässt sich dem Gericht zufolge weder aus § 160a StPO noch unmittelbar aus der Verfassung ein solches Verbot begründen.
Sofern Unternehmen in ihren Compliance Regelungen oder in ihren Ausführungen zum Whistleblowing System ausdrücklich die Vertraulichkeit der Mitteilungen an Ombudspersonen versichern oder die Zusicherung der Anonymität von Hinweisen propagieren ist Vorsicht geboten.
Hier sollten Hinweise auf die aktuelle Rechtslage infolge der Entscheidung berücksichtigt und die Aussagen ggf. angepasst und eingeschränkt werden.
Der Ansicht des LG Bochum dürfte weiterhin eine breite Literaturmeinung entgegenstehen, die einer einschränkenden Anwendung des Beschlagnahmeschutzes nach § 97 StPO ausdrücklich widerspricht.
Selbst wenn ein Mandatsverhältnis nur zwischen dem beauftragenden Unternehmen und der Ombudsperson besteht, dürfte zumindest zivilrechtlich von einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter – mithin dem Hinweisgeber – vorliegen, der sein Wissen nur aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses zur Ombudsperson weitergibt.
Schon vor diesem Hintergrund scheint eine Einschränkung des Beschlagnahmeschutzes bedenklich.
Auch führt eine einschränkende Auslegung zu einem Wertungswiderspruch mit der Regelung des § 160a StPO – zumindest seit dessen Neufassung.
Insofern stellt sich auch die Frage nach dem künftigen Einsatz von externen Ombudspersonen.
Zunächst verfolgt die Installation von externen Ombudspersonen nicht nur den Zweck, einen Beschlagnahmeschutz zu gewährleisten. Vielmehr werden externe Personen als Ombudspersonen auch deshalb installiert, um dem jeweiligen Whistleblower zu signalisieren, dass Interessenkonflikte bei der Beurteilung des Sachverhalts ausgeschlossen werden können. Gerade dieser Umstand führt unseres Erachtens zu einem besonderen Vertrauensverhältnis. Dies lässt das Landgericht Bochum in seiner Entscheidung jedoch außer Acht
Zudem können Externe, die für mehrere Unternehmen als Ombudspersonen tätig sind, auf wichtige Erfahrung im Umgang mit Verdachtsfällen zurückgreifen und diese darüber hinaus objektiver beurteilen als unternehmensinterne Ombudspersonen.
In Abgrenzung zu nichtanwaltlichen externen Ombudspersonen gelten für Rechtsanwälte selbstverständlich auch weiterhin die sonstigen berufsrechtlichen Privilegien in Bezug auf das Mandatsverhältnis mit dem Unternehmen.
Ungeachtet dieser Entscheidung können externe anwaltliche Ombudspersonen daher auch künftig eine wichtige und sinnvolle Komponente in einem umfassenden Whistleblowing System sein.
Unternehmen müssen sich jedoch auf die aktuelle Rechtslage einstellen und sich der Möglichkeit einer Beschlagnahme bewusst sein. Insofern gibt das Urteil den Anwendern von Ombudssystemen Hausaufgaben auf.
Je nach Mandantenwunsch und Zielsetzung des Whistleblowing Systems sollten verschiedene Lösungsansätze geprüft werden.
So könnte beispielsweise der Einsatz von Technologien ein mandats- oder mandatsähnliches Verhältnis begründen, sofern der Hinweisgeber seine Identität freigibt. Hierbei kämen auf die jeweiligen Ombudspersonen allerdings besondere Probleme hinsichtlich der Identitätsprüfung zu.
Das Urteil des LG Bochum stellt den Einsatz von Ombudspersonen daher nicht grundsätzlich in Frage. Diese werden auch weiterhin ihre Bedeutung in einem Whistleblowing System behalten. Unternehmen und Ombudspersonen werden jedoch vor neue Herausforderungen in der Ausgestaltung des jeweiligen Konzepts gestellt.
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