Suche
Contact
04.07.2017 | KPMG Law Insights

Compliance Audit – Ombudspersonen – (K)ein Schutz durch Externe

Ombudspersonen – (K)ein Schutz durch Externe

Landgericht Bochum verneint Beschlagnahmeschutz für Dokumente, die sich im Gewahrsam einer Ombudsperson befinden

I. Hintergrund

Begriff der Ombudsperson

Der Einsatz sog. Ombudspersonen gehört mittlerweile zum Standardportfolio des Compliance-Managements. Meist sind Ombudsmänner externe Rechtsanwälte, die vom Unternehmen damit betraut werden, unternehmensinterne Hinweise entgegenzunehmen, sie einer indikativen rechtlichen Prüfung zu unterziehen und das Prüfungsergebnis dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen.

Dabei wurde bislang grundsätzlich davon ausgegangen, dass den externen Anwälten im Rahmen ihrer Ombudsposition ein Zeugnisverweigerungsrecht zukommt, woraus sich ein Beschlagnahmeverbot für ihnen übergebene bzw. sich in ihrem Gewahrsam befindliche Unterlagen ergibt.

II. Entscheidung des LG Bochum

1. Kein Beschlagnahmeverbot

Das Landgericht Bochum hat nun entschieden, dass im Rahmen einer Durchsuchung bei der als Ombudsperson tätigen Rechtsanwältin kein Beschlagnahmeverbot hinsichtlich einer E-Mail mit Hinweisen auf unternehmensinternes Fehlverhalten bestand.

2. Beschlagnahmeschutz nach § 97 I Nr. 3 StPO

Grundsätzlich steht einem Rechtsanwalt ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 I 1 Nr. 3 StPO zu. Dies führt zu einem Beschlagnameverbot gem. § 97 I Nr. 3 StPO hinsichtlich der sich im Gewahrsam des Rechtsanwalts befindlichen Unterlagen.

Hierdurch werden insbesondere Informationen, die dem Anwalt im Rahmen seines Mandatsverhältnisses bekannt werden sowie getätigte Aufzeichnungen und erhaltene Unterlagen vor staatlichem Zugriff geschützt.

Dieses Beschlagnahmeverbot wurde nun durch die Entscheidung des Landgerichts Bochum im Falle von Ombudspersonen beschnitten.

Es nimmt damit eine Einschätzung des LG Hamburg aus dem Jahre 2010 (608 Qs 18/10) wieder auf, welches im Falle interner Ermittlungen ebenfalls ein Beschlagnahmeverbot nach § 97 StPO für Unterlagen, die im Gewahrsam einer Anwaltskanzlei waren, versagt hat.

Einen späteren, viel beachteten Beschluss des LG Mannheim vom 3.7.2012 (24 Qs 1, 2/12), der insbesondere das Verhältnis zwischen § 97 und § 160a StPO geklärt und klargestellt hat, dass für eine einschränkende Auslegung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO kein Raum besteht, lässt das LG Bochum hingegen – unserer Ansicht nach zu Unrecht – außer Acht.

Das Gericht wendet die Vorschrift des § 97 I Nr. 3 StPO vielmehr (erneut) nur eingeschränkt an und gewährt den als Ombudspersonen tätigen Rechtsanwälten daher keinen Schutz vor der Beschlagnahme von Unterlagen, die sie von Hinweisgebern erhalten haben.

Damit entfällt auch die Garantie für die jeweiligen Hinweisgeber, anonym bleiben zu können.

3. Kein schutzwürdiges Vertrauensverhältnis

Das Landgericht schränkt das Beschlagnahmeverbot deshalb ein, weil aus seiner Sicht weder ein direktes Mandatsverhältnis noch ein schutzwürdiges mandatsähnliches Vertrauensverhältnis zwischen den Hinweisgebern und den als Ombudspersonen tätigen Rechtsanwälten besteht.

Ein direktes Mandatsverhältnis besteht ausschließlich zum jeweiligen den Ombudsmann beauftragenden Unternehmen.

Ein mandatsähnliches Vertrauensverhältnis hingegen kann nach den Gründen der Entscheidung schon deshalb nicht bestehen, weil eine besondere, individuell begründete Vertrauensbeziehung zwischen Hinweisgeber und Ombudsperson nicht gegeben ist.

Sehe man dies anders, bestünde aus Sicht des Gerichts die Gefahr eines strukturellen, die Standesplichten des Rechtsanwalts berührenden, Konflikts.

4. Kein Beschlagnahmeverbot aus anderen Rechtsvorschriften

Das Landgericht Bochum lehnt ein Beschlagnahmeverbot auch aus anderen in Frage kommenden Rechtsvorschriften ab.

So lässt sich dem Gericht zufolge weder aus § 160a StPO noch unmittelbar aus der Verfassung ein solches Verbot begründen.

III. Konsequenzen

1. Vorsicht bei bisherigen Hinweisen und Zusicherungen

Sofern Unternehmen in ihren Compliance Regelungen oder in ihren Ausführungen zum Whistleblowing System ausdrücklich die Vertraulichkeit der Mitteilungen an Ombudspersonen versichern oder die Zusicherung der Anonymität von Hinweisen propagieren ist Vorsicht geboten.

Hier sollten Hinweise auf die aktuelle Rechtslage infolge der Entscheidung berücksichtigt und die Aussagen ggf. angepasst und eingeschränkt werden.

2. Entgegenstehende Ansichten

Der Ansicht des LG Bochum dürfte weiterhin eine breite Literaturmeinung entgegenstehen, die einer einschränkenden Anwendung des Beschlagnahmeschutzes nach § 97 StPO ausdrücklich widerspricht.

Selbst wenn ein Mandatsverhältnis nur zwischen dem beauftragenden Unternehmen und der Ombudsperson besteht, dürfte zumindest zivilrechtlich von einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter – mithin dem Hinweisgeber – vorliegen, der sein Wissen nur aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses zur Ombudsperson weitergibt.

Schon vor diesem Hintergrund scheint eine Einschränkung des Beschlagnahmeschutzes bedenklich.

Auch führt eine einschränkende Auslegung zu einem Wertungswiderspruch mit der Regelung des § 160a StPO – zumindest seit dessen Neufassung.

3. Ombudspersonen nunmehr entbehrlich?

Insofern stellt sich auch die Frage nach dem künftigen Einsatz von externen Ombudspersonen.

Zunächst verfolgt die Installation von externen Ombudspersonen nicht nur den Zweck, einen Beschlagnahmeschutz zu gewährleisten. Vielmehr werden externe Personen als Ombudspersonen auch deshalb installiert, um dem jeweiligen Whistleblower zu signalisieren, dass Interessenkonflikte bei der Beurteilung des Sachverhalts ausgeschlossen werden können. Gerade dieser Umstand führt unseres Erachtens zu einem besonderen Vertrauensverhältnis. Dies lässt das Landgericht Bochum in seiner Entscheidung jedoch außer Acht

Zudem können Externe, die für mehrere Unternehmen als Ombudspersonen tätig sind, auf wichtige Erfahrung im Umgang mit Verdachtsfällen zurückgreifen und diese darüber hinaus objektiver beurteilen als unternehmensinterne Ombudspersonen.

In Abgrenzung zu nichtanwaltlichen externen Ombudspersonen gelten für Rechtsanwälte selbstverständlich auch weiterhin die sonstigen berufsrechtlichen Privilegien in Bezug auf das Mandatsverhältnis mit dem Unternehmen.

Ungeachtet dieser Entscheidung können externe anwaltliche Ombudspersonen daher auch künftig eine wichtige und sinnvolle Komponente in einem umfassenden Whistleblowing System sein.

4. Aussichten

Unternehmen müssen sich jedoch auf die aktuelle Rechtslage einstellen und sich der Möglichkeit einer Beschlagnahme bewusst sein. Insofern gibt das Urteil den Anwendern von Ombudssystemen Hausaufgaben auf.

Je nach Mandantenwunsch und Zielsetzung des Whistleblowing Systems sollten verschiedene Lösungsansätze geprüft werden.

So könnte beispielsweise der Einsatz von Technologien ein mandats- oder mandatsähnliches Verhältnis begründen, sofern der Hinweisgeber seine Identität freigibt. Hierbei kämen auf die jeweiligen Ombudspersonen allerdings besondere Probleme hinsichtlich der Identitätsprüfung zu.

Das Urteil des LG Bochum stellt den Einsatz von Ombudspersonen daher nicht grundsätzlich in Frage. Diese werden auch weiterhin ihre Bedeutung in einem Whistleblowing System behalten. Unternehmen und Ombudspersonen werden jedoch vor neue Herausforderungen in der Ausgestaltung des jeweiligen Konzepts gestellt.

 

Explore #more

10.10.2025 | In den Medien

KPMG Law Gastbeitrag in der NZG: Compliance Due Diligence im Mittelstand: Mindestumfang und vertragliche Abbildung von Compliance-Risiken der Zielgesellschaft

Im Rahmen von M&A Transaktionen spielt die Compliance bei einer Legal Due Diligence meist noch eine untergeordnete Bedeutung. Gegenstand der hiesigen Betrachtung ist es, einerseits…

10.10.2025 | In den Medien

KPMG Law bei der M&A Award Night 2025 ausgezeichnet

KPMG Law ist bei der diesjährigen M&A Award Night des Bundesverbands Mergers & Acquisitions e.V. (BM&A) mit dem Preis „M&A Transaction Advisory” ausgezeichnet worden und…

10.10.2025 | In den Medien

KPMG Law Gastbeitrag in der CCZ: Der Leitfaden für Compliance-Management-Systeme in kleinen und mittleren Unternehmen (DIN SPEC 91524)

Compliance im Mittelstand ist herausfordernd: Die gesetzliche Verantwortung für Compliance ist unbestritten, die konkreten Aufgaben dagegen sind unklar und abhängig von der konkreten Situation eines…

10.10.2025 | KPMG Law Insights

Transformation in Rechtsabteilungen 2026 – die wichtigsten Trends und Best Practices

Aktuell treiben vor allem drei Themen die Transformation der Rechtsabteilung voran: KI, die rasant zunehmende Regulatorik und geopolitische Entwicklungen. Schon immer gab es technologischen Fortschritt,…

08.10.2025 | Dealmeldungen

KPMG hat Adiuva Capital GmbH mit Fact Books beim Verkauf der KONZMANN Gruppe beraten

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) und die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) haben die Adiuva Capital GmbH, eine Hamburger Private-Equity-Gesellschaft („Adiuva“), im Rahmen des…

06.10.2025 | KPMG Law Insights

Was die Green Claims Directive für Unternehmen bedeutet – ein Überblick

Mit der Green Claims Directive wird die EU umfangreiche Regelungen zu den Voraussetzungen zulässiger Umweltaussagen einführen. Das Ziel ist, Greenwashing zu verhindern, damit Verbraucher:innen künftig…

03.10.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law und KPMG begleiten die Neustrukturierung der Groupe CAT in Deutschland

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft (KPMG Law) und KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) haben mit einem service-übergreifenden Team die Groupe CAT bei umfassenden Umstrukturierungsmaßnahmen beraten. Über einen…

02.10.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law berät die Epitype GmbH und die MDG Molecular Diagnostics Group GmbH beim Erwerb wesentlicher Vermögenswerte der oncgnostics GmbH

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) hat die Epitype GmbH, ein Unternehmen der in Dresden ansässigen MDG-Unternehmensgruppe, bei der Gründung und dem anschließenden Erwerb…

02.10.2025 | In den Medien

KPMG Law Statement in der ZEIT für Unternehmer: Wir nehmen die 500 Milliarden!

Deutsche Baufirmen fragen sich: Wie schnell kommt das Geld von der Regierung? Und sie sorgen sich, dass nur die Riesen profitieren. In Münster zeigt einer,…

01.10.2025 | KPMG Law Insights

Bundesnetzagentur reformiert Sondernetzentgelte für Industrie und Gewerbe

Die Bundesnetzagentur plant eine grundlegende Reform der Sondernetzentgelte für energieintensive Unternehmen. Jede Veränderung am aktuellen Privilegierungsregime birgt dabei für betroffene Unternehmen das Risiko einer (ggf.…

Kontakt

Dr. Konstantin von Busekist

Partner
Leiter Global Compliance Practice
KPMG Law EMA Leader

Tersteegenstraße 19-23
40474 Düsseldorf

Tel.: +49 211 4155597123
kvonbusekist@kpmg-law.com

Dr. Bernd Federmann, LL.M.

Partner
Regionalleiter Südwest
Leiter Compliance & Wirtschaftsstrafrecht

Theodor-Heuss-Straße 5
70174 Stuttgart

Tel.: +49 711 781923 418
bfedermann@kpmg-law.com

Dr. Thomas Uhlig

Partner
Leiter Allgemeines Wirtschafts- und Handelsrecht

Galeriestraße 2
01067 Dresden

Tel.: +49 351 21294460
tuhlig@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll