I. Hintergrund
Sobald ein Steuerpflichtiger vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkennt, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Steuererklärung unrichtig ist, muss er dies unverzüglich beim Finanzamt anzeigen und richtigstellen (§ 153 Abs. 1 Satz 1 AO). Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob für den betreffenden Besteuerungszeitraum bereits eine Außenprüfung angeordnet wurde oder ob diese gar bereits begonnen hat. Eine Anzeige ist für den konkreten Prüfungszeitraum lediglich insoweit entbehrlich, als die Betriebsprüfung den betreffenden Fehler bereits festgestellt hat (AEAO zu § 153 AO, Nr. 3 Satz 5). Im Rahmen der Präventivberatung wird regelmäßig angestrebt, dass eine verpflichtende Berichtigungsanzeige höchstvorsorglich zugleich auch die Voraussetzungen einer strafbefreienden oder bußgeldbefreienden Selbstanzeige (§ 371 AO) erfüllt (als sogenannte selbstanzeigesichere Berichtigung). Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist jedoch für Besteuerungszeiträume und Steuerarten nicht mehr wirksam möglich, für die bereits eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde. Eine bußgeldbefreiende Selbstanzeige gemäß § 378 Abs. 3 AO ist in diesen Fällen jedoch noch zulässig.
II. Bisherige Anweisungslage der Finanzverwaltung
Die Behandlung von derartigen Anzeigen wird finanzverwaltungsintern im Wesentlichen durch den Anwendungserlass zu § 153 AO sowie die Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer) – AStBV geregelt. Danach sind und waren Selbstanzeigen (auch wenn sie nicht als solche bezeichnet aber zumindest erkennbar sind) stets der Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) zur Prüfung zuzuleiten. Zudem sind auch solche Erklärungen an die BuStra weiterzuleiten, bei denen Anhaltspunkte vorliegen, dass zuvor vorsätzlich oder leichtfertig Steuern verkürzt wurden. Keine Vorlagepflicht bei der BuStra besteht für Erklärungen, die zweifelsfrei auf nachträglichen Erkenntnissen des Steuerpflichtigen beruhen (Nr. 132 Abs. 1 AStBV). De facto ergab sich daraus für den Veranlagungssachbearbeiter ein ganz erheblicher Beurteilungsspielraum beim Umgang mit Berichtigungsanzeigen.
III. Änderung durch die AStBV 2019
Mit Wirkung zum 1. Januar 2019 sind die aktuellen AStBV 2019 in Kraft getreten.
Dadurch wird der Beurteilungsspielraum der Finanzämter beim Umgang mit Nacherklärungen massiv eingeschränkt. Konkret werden die Finanzämter nunmehr angewiesen, sämtliche Nacherklärungen (ungeachtet ihrer Bezeichnung oder ihres materiellen Gehalts), die im Zuge einer laufenden Außenprüfung abgegeben werden, zur Prüfung an die BuStra abzugeben (Nr. 131 Abs. 1 Satz 2 AStBV ). Es ist u.E. davon auszugehen, dass diese Anweisung von den Veranlagungsbeamten umfassend interpretiert wird und bei laufenden Außenprüfungen auch Nacherklärungen für derzeit von dieser Prüfung (noch) nicht umfasste Zeit-räume unmittelbar der BuStra vorgelegt werden.
IV. Handlungsempfehlung
Die oben dargestellten verschärften Prüfungsabläufe können sich in Berichtigungs- und Nacherklärungsfällen als äußerst tückisch erweisen. Künftig wird die BuStra nun bedeutend mehr Fälle von Nacherklärungen zur Prüfung vor-gelegt bekommen als bisher. Dies betrifft vor allem Fälle, in de-nen eine strafbefreiende Selbstanzeige aufgrund der durch die Außenprüfung eingetretenen Sperrwirkung nicht mehr möglich ist. Es liegt auf der Hand, dass sich damit auch das Risiko einer Strafverfolgung erhöht. Wenn in Berichtigungsfällen auf Seiten des Finanzamts somit immer eher die Spezialisten in Form der BuStra ins Boot geholt werden, empfiehlt es sich aus Unternehmenssicht, ebenso frühzeitig spezialisierte Rechtsanwälte und Steuerberater einzubeziehen, insbesondere auch im Hinblick auf eine ggf. nachfolgend notwendige steuerstrafrechtliche Verteidigung. Wir stehen Ihnen gemeinsam mit unseren Steuerexperten der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gerne zur Verfügung.
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