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08.05.2019 | KPMG Law Insights

Immobilienveräußerung durch eine Objektgesellschaft in der Rechtsform der GmbH

Immobilienveräußerung durch eine Objektgesellschaft in der Rechtsform der GmbH: Kein notariell beurkundeter Zustimmungsbeschluss mehr erforderlich

Die eigentlich für den Vorstand einer Aktiengesellschaft geltende Einschränkung der Vertretungsbefugnis gemäß § 179a AktG ist nicht entsprechend auf die Geschäftsführung einer GmbH anwendbar, so der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung. Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die Transaktionspraxis in der Immobilienwirtschaft, wenn eine GmbH ein Grundstück veräußert, welches ihr ganzes Gesellschaftsvermögen darstellt. Bisher war fraglich, ob sie dafür einen Zustimmungsbeschluss ihrer Gesellschafter benötigt und ob dieser Beschluss der notariellen Beurkundung bedarf.  Mit Urteil vom 8. Januar 2019 (Az. II ZR 364/18) hat der Bundesgerichtshof nun klargestellt, dass – entgegen der bisher herrschenden Ansicht in der juristischen Literatur – § 179a AktG nicht analog auf die GmbH anwendbar ist. Damit hat der BGH bei der Beteiligung einer GmbH auf Verkäuferseite für eine spürbare Reduzierung der Transaktionskosten gesorgt.

1. § 179a AktG als Kostentreiber bei Immobilientransaktionen

Im Inter­esse des Aktio­närs­schut­zes schränkt § 179a AktG die org­an­schaft­li­che Ver­t­re­tungs­be­fug­nis des Vor­stands einer Aktiengesellschaft ein und for­dert für die Verpf­lich­tung zur Über­tra­gung des gan­zen Gesell­schafts­ver­mö­gens einen nota­ri­ell beur­kun­de­ten Zustim­mungs­be­schluss der Haupt­ver­samm­lung. Fehlt ein solcher Zustimmungsbeschluss, sind entsprechende Verträge unwirksam. Die­ses Zustimmungserfor­der­nis wurde nach der bis­lang herr­schen­den Ansicht ana­log auf die GmbH über­tra­gen. Die Veräußerung  einer Immobilie als einziger Vermögensgegenstand durch eine GmbH im Wege des Asset Deal erfor­derte daher in der umsich­ti­gen Bera­tungs­pra­xis regelmäßig einen beur­kun­de­ten Zustimmungsbeschluss.

Der für die Gebührenbemessung für einen solchen Zustimmungsbeschluss maßgebliche Geschäftswert bemisst sich nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts, auf das sich die Zustimmung bezieht, vorliegend also nach dem Geschäftswert des Grundstückskaufvertrags, allerdings begrenzt auf EUR 5 Millionen. Den häufig dennoch fünfstelligen Beurkundungsmehrkosten stand die Unsicherheit gegenüber, ob der Grundstückskaufvertrag ohne den „§ 179a-Beschluss“ möglicherweise unwirksam ist.

Unabhängig von der Frage, ob die analoge Anwendung des § 179a AktG auf die GmbH in der Vergangenheit überzeugte, gebot bereits die anwaltliche Verpflichtung, dem Mandanten stets den sichersten Weg zu empfehlen, regelmäßig die Beurkundung des „§ 179a-Beschlusses“ trotz der damit verbundenen zusätzlichen Kosten.

2. Entscheidung des BGH: Keine analoge Anwendung von § 179a AktG auf die GmbH

Hintergrund der Ent­schei­dung war die Ver­äu­ße­rung des ein­zi­gen Betriebs­grund­stücks einer GmbH in Liquidation. Die bei­den zu allein­ver­t­re­tungs­be­rech­tig­ten Liqui­da­to­ren der GmbH i.L. bes­tell­ten Gesell­schaf­ter strit­ten um den pas­sen­den Erwer­ber des gegen­ständ­li­chen Grund­stücks. Nach Abschluss des Kauf­ver­trags durch einen Liqui­da­tor mit einem Drit­ter­wer­ber und der Ein­tra­gung einer ent­sp­re­chen­den Auflas­sungs­vor­mer­kung machte der andere Gesell­schaf­ter (der selbst Inter­esse am Erwerb des Grund­stücks hatte) im Namen der GmbH i.L. die schwe­bende Unwirk­sam­keit des Kauf­ver­trags auf Grund des Fehlens eines beurkundeten Zustimmungsbeschlusses gemäß § 179a AktG ana­log gel­tend. In seiner Ent­schei­dung nahm der BGH sch­ließ­lich umfas­send zur Frage der ana­lo­gen Anwen­dbarkeit der Vorschrift auf die GmbH Stel­lung und setzte sich aus­führ­lich mit der in der Lite­ra­tur ver­t­re­te­nen herr­schen­den Ansicht aus­ein­an­der. Der BGH vern­einte das Vor­lie­gen einer für eine Ana­lo­gie erfor­der­li­chen plan­wid­ri­gen Rege­lungs­lü­cke im GmbH-Recht. Die Mit­wir­kungs-, Kon­troll- und Infor­ma­ti­ons­rechte von Gesell­schaf­tern einer GmbH seien wesent­lich stär­ker aus­ge­prägt als die­je­ni­gen der Aktio­näre einer AG. Ins­be­son­dere § 51a GmbH begründe ein sich grund­sätz­lich auf alle Ange­le­gen­hei­ten der Gesell­schaft erst­re­cken­des Aus­kunfts­recht gegen­über der Geschäfts­füh­rung. Die dar­aus fol­gende gerin­gere Schutz­be­dürf­tig­keit der GmbH-Gesell­schaf­ter vor Allein­gän­gen der Geschäfts­füh­rung recht­fer­tige keine Beschrän­kung der org­an­schaft­li­chen Ver­t­re­tungs­be­fug­nis. Hier­durch wür­den erheb­li­che Recht­s­un­si­cher­heit sowie Haf­tungs­ri­si­ken geschaf­fen, die im Rah­men einer gesamt­haf­ten Inter­es­sen­ab­wä­gung im GmbH-Recht nicht zu recht­fer­ti­gen seien.

Allerdings nahm der BGH auch auf seine bisherige Rechtsprechung Bezug, wonach der Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet sei, besonderes bedeutsame Geschäfte der Gesellschaftsversammlung zur Zustimmung vorzulegen, § 49 Abs. 2 GmbHG. Unabhängig von einer Satzungsregelung der GmbH mit einem entsprechenden Zustimmungsvorbehalt sei daher ein Geschäftsführer jedenfalls bei einem Vertrag über die Veräußerung des ganzen Vermögens verpflichtet, vorab die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen.

3. Auswirkungen für die Praxis

Auch nach der Entscheidung des BGH ist ein zustimmender Gesellschafterbeschluss zur Übertragung erforderlich, er bedarf indes nicht mehr der notariellen Beurkundung. Ferner führt sein Fehlen grundsätzlich nicht mehr zu Unwirksamkeit des Vertrages, sondern nach den Umständen des Einzelfalls lediglich zu einer Haftung der Geschäftsführung gegenüber der Gesellschaft. Aus Sicht der Transaktionspraxis ist ferner hervorzuheben, dass die bisher anfallenden Mehrkosten für die Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses bei der GmbH zukünftig entfallen.

4. Ausblick

Der BGH hat jeden­falls im GmbH-Recht die erhoffte Klar­stel­lung gelie­fert und eine aus Sicht der Transaktionspraxis zu begrü­ß­ende Ent­schei­dung getrof­fen.

Hinsichtlich der analogen Anwendbarkeit des § 179a AktG auf Per­so­nen­ge­sell­schaften hat der BGH nicht ausdrücklich Position bezogen. Zwar hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 23.11.2017 (Az. I-6 U 225/16) die analoge Anwendung auf die Kommanditgesellschaft angenommen, jedoch eine Beurkundungspflicht abgelehnt. Dennoch ist für eine rechtssichere Vorgehensweise je nach den Umständen des Einzelfalls sorgfältig zu prüfen, ob nicht eine notarielle Beurkundung des Beschlusses geboten erscheint. Über die weitere Entwicklung der Rechtsprechung zur Frage der analogen Anwendbarkeit des § 179a AktG auf die KG halten wir Sie unterrichtet.

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