Suche
Contact
Symbolbild zu Videokonferenztechnik in Gerichtsprozessen: Frau nimmt an Videokonferenz teil
16.01.2024 | KPMG Law Insights

Gesetz soll Videokonferenztechnik in Gerichtsprozessen fördern

Am 17. November 2023 hat der Bundestag ein Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten beschlossen. Nachdem der Bundesrat allerdings inhaltliche Bedenken geäußert hat, wird sich zunächst der Vermittlungsausschuss mit dem Gesetzentwurf befassen, bevor die neuen Regeln in Kraft treten können.

Der Gesetzesentwurf verfolgt das Ziel, die Justiz moderner, digitaler und bürgerfreundlicher zu gestalten. Videokonferenzen sollen ein selbstverständlicher Teil des Gerichtsalltags werden. Der Zugang zur Justiz soll für Bürgerinnen und Bürger einfach und modern sein. Der Einsatz von Videotechnik soll auf eine neue Stufe gehoben werden, um Zeit und Ressourcen zu sparen und um gerichtliche Entscheidungen zu beschleunigen.

Der Gesetzesentwurf sieht außerdem die Möglichkeit vor, „virtuelle Rechtsantragsstellen“ einzurichten, um per Videokonferenz mit rechtssuchenden Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Zudem greift der Gesetzentwurf Änderungsvorschläge aus der Justizpraxis auf. Der Hintergrund: Videoverhandlungen und Videobeweisaufnahmen ermöglichen eine schnellere und kostengünstige Verfahrensführung und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung und Digitalisierung der Justiz.

Im Entwurf sind die folgenden Neuerungen vorgesehen:

 

128a ZPO soll neu gefasst werden

Nach dem Gesetzentwurf wird die zentrale Norm für Videoverhandlungen, § 128a ZPO, neu gefasst. Das Gericht könnte dann nicht nur die Durchführung einer Videoverhandlung gestatten, sondern diese auch anordnen. Die Verfahrensbeteiligten hätten dann die Möglichkeit, innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu beantragen, von dieser Anordnung ausgenommen zu werden.

Bei übereinstimmenden Anträgen der Parteien auf Durchführung der mündlichen Verhandlung als Videoverhandlung soll diese in der Regel angeordnet werden. Wenn das Gericht einen Antrag auf Videoverhandlung ablehnt, müsste es diese Entscheidung begründen. Der Entwurf sieht auch die Möglichkeit von vollvirtuellen Verhandlungen vor, bei denen sich das Gericht nicht im Sitzungssaal aufhält. Hiergegen hat der Bundesrat Bedenken erhoben: Das Gericht sollte ihm zufolge auch bei einer Videoverhandlung im Sitzungssaal anwesend sein, um der besonderen Bedeutung der mündlichen Verhandlung gerecht zu werden.

Darüber hinaus soll nach dem Gesetzentwurf die Beweisaufnahme, insbesondere auch die Inaugenscheinnahme, per Videokonferenz möglich werden.

 

Weitere Änderungen für das Gerichtsverfahren

Die Auslagenpauschale für die Nutzung von Videokonferenztechnik gemäß den Gerichtskostengesetzen soll nach dem Gesetzentwurf entfallen.

Nach dem Willen des Bundesjustizministeriums soll die mündliche Verhandlung einschließlich der Beweisaufnahme künftig in Bild und Ton aufgezeichnet werden dürfen, § 160a ZPO-E. Bislang war nur eine Tonaufzeichnung zulässig. In bestimmten Verfahren sollen die Parteien die Möglichkeit haben, eine Audio- oder audiovisuelle Dokumentation der Zeugenaussagen zu beantragen.

 

Vereinfachungen für Bürgerinnen und Bürger

Eine weitere geplante Neuerung: Nach dem Gesetzentwurf soll es möglich sein, Anträge und Erklärungen zum Protokoll der Geschäftsstelle per Video gegenüber der Geschäftsstelle abzugeben (§ 129a ZPO-E). Dies betrifft zum Beispiel die Beantragung von Prozesskostenhilfe sowie die Erhebung einer Klage beim Amtsgericht.

Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft soll dahingehend erweitert werden, dass diese per Video oder an einem anderen geeigneten Ort als in den Geschäftsräumen eines Gerichtsvollziehers beziehungsweise einer Gerichtsvollzieherin oder in der Wohnung des Schuldners / der Schuldnerin abgenommen werden kann (§ 802f ZPO-E).

 

Fazit und Ausblick

Die Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Justiz ist zu begrüßen. Die Durchführung von mündlichen Verhandlungen per Videokonferenzen steigert die Effizienz und trägt zu einer Kostenersparnis bei, da Reisekosten und -auslagen wegfallen. Zudem machen Videoverhandlungen Gerichtstermine für Menschen zugänglicher, die aufgrund von Entfernungen oder körperlichen Einschränkungen Schwierigkeiten haben, an Präsenzverhandlungen teilzunehmen.

Abzuwarten bleibt die Überarbeitung des Gesetzentwurfes durch den Vermittlungsausschuss. Zwar unterstützt der Bundesrat die Erleichterung von Videoverhandlungen, er möchte jedoch die mündliche Verhandlung im Gerichtssaal als Herzstück des Gerichtsprozesses erhalten. Rein virtuelle Verhandlungen lehnen die Länder ab. Wenn das Gesetz schließlich in Kraft getreten ist, wird sich zeigen, wie schnell die Praxis von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen wird, insbesondere auch wie zügig die Justizverwaltungen der Länder die für die Videokonferenzen erforderlichen technischen Voraussetzungen schaffen werden.

Explore #more

19.06.2025 | Events, In den Medien

KPMG Law auf dem BUJ Unternehmensjuristenkongress 2025

Die Welt befindet sich im Wandel – dies dürfte zwar eine Binsenweisheit sein, trifft aber doch gerade auf die aktuelle Lage in bestechender Weise zu.…

19.06.2025 | In den Medien

KPMG Law Statement in der Technik&Einkauf: Weiße Mäuse in der Blackbox

Künstliche Intelligenz (KI) kann den Einkauf revolutionieren. Zuvor müssen Akteure allerdings ihre analogen Fähigkeiten bemühen. Ein zielgerichtetes und strukturiertes Vorgehen erhöht die Erfolgsaussichten des Vorhabens…

12.06.2025 | KPMG Law Insights

Vom KI-Tool zum KI-Framework – ein Werkstattbericht

Es fing mit ein paar Fragen zu Microsoft Copilot an – und endete mit einem unternehmensweiten KI-Framework. Wir durften das Unternehmen, ein global aufgestelltes Beratungshaus,…

12.06.2025 | Pressemitteilungen

Handelsblatt und Best Lawyers zeichnet KPMG Law Expert:innen aus

Best Lawyers hat erneut exklusiv für das Handelsblatt die besten Wirtschaftsanwältinnen und -anwälte Deutschlands für das Jahr 2025 ermittelt. Insgesamt wurden 33  Anwältinnen und Anwälte…

11.06.2025 | KPMG Law Insights

Omnibus IV bringt einige Vereinfachungen, vor allem im Produktrecht

Die EU-Kommission hat am 21. Mai 2025 das vierte Omnibus-Paket vorgeschlagen. Omnibus IV enthält Vereinfachungen in Bezug auf zahlreiche produktrechtliche Anforderungen und für KMU…

06.06.2025 | KPMG Law Insights

Mitarbeiterentsendung in die USA: Das ist bei der US-Immigration zu beachten

Die Verschärfungen bei der US-Immigration führen weltweit zu Verunsicherung. Insbesondere die Kontrollen bei der Einreise in die USA sind seit dem Antritt der neuen US-Regierung

06.06.2025 | Unkategorisiert

KPMG Law berät den Mehrheitsgesellschafter der Heimkreiter GmbH beim Verkauf an PreZero

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) hat den Mehrheitsgesellschafter der Heimkreiter GmbH bei der Veräußerung seiner Gesellschaftsbeteiligung an die PreZero Dritte Verwaltungs GmbH rechtlich…

02.06.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law und KPMG beraten Diehl Defence bei der Übernahme von e.sigma

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) und die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) haben die Diehl Defence GmbH & Co. KG (Diehl Defence) bei dem…

27.05.2025 | KPMG Law Insights

Handy-Kontrollen bei der Einreise in die USA: So verhalten Sie sich richtig

Keyfacts: US-Einwanderungsbeamte überwachen öffentliche Social-Media-Daten und Reisende sollten bereit sein, Details zu ihren persönlichen Social-Media-Konten zu teilen. Alle Reisenden in die USA können an der…

Kontakt

Dr. Matthias Aldejohann

Partner
Standortleiter Dresden
Leiter Litigation & ADR

Galeriestraße 2
01067 Dresden

Tel.: +49 351 21294411
maldejohann@kpmg-law.com

Miriam Golla

Senior Manager

Galeriestraße 2
01067 Dresden

Tel.: +49 351 21294412
miriamgolla@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll