Das EU-Parlament hat am 12. März 2024 der Novelle der EU-Gebäuderichtlinie zugestimmt. Die Richtlinie verpflichtet Mitgliedstaaten und mittelbar auch Bauherren und Bauunternehmen, bei neuen Gebäuden ab 2028 bzw. 2030 das Lebenszyklus-Treibhauspotenzial von Gebäuden zu ermitteln.
Mit der Zustimmung des EU-Parlaments hat die Reform der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (COM (2021) – CP-0469/2021 – 2021/0426 (COD), engl. Energy Performance of Buildings Directive – EPBD) die vorletzte Hürde genommen.
Auf Gebäude entfallen 40 Prozent des Endenergieverbrauchs der Union und 36 Prozent ihrer energiebedingten Treibhausgasemissionen (vgl. Erwägungsgrund 3 der EPBD). Die Vision der Europäischen Union für einen bis 2050 dekarbonisierten Gebäudebestand ist Teil des EU-Klimaschutzpaketes „Fit for 55“ und geht über die derzeit im Mittelpunkt stehenden betriebsbedingten Treibhausgasemissionen hinaus (vgl. Erwägungsgrund 7 der EPBD). Neben den Emissionen im Betrieb, zum Beispiel durch Heizung und Klimatisierung von Gebäuden, sollen künftig auch die durch die Errichtung von Gebäuden verursachten Treibhausgasemissionen Berücksichtigung finden. So verursacht die Herstellung von Baustoffen wie zum Beispiel Beton und Stahl, erhebliche Treibhausgasemissionen, während im Baustoff Holz sogar jahrzehntelang CO2 gebunden wird. Materialien, Planung und Ausführungsarten haben somit starken Einfluss auf die Lebenszyklusemissionen des Gebäudes und damit auf sein Lebenszyklus-Treibhauspotenzial (GWP).
Art. 7 Abs. 2 EPBD verpflichtet die Mitgliedstaaten, dass ab den folgenden Zeitpunkten das Lebenszyklus-Treibhauspotenzial gemäß Anhang III berechnet und im Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes offengelegt wird:
Für die Berechnung des Lebenszyklus-Treibhauspotenzials neuer Gebäude gemäß Artikel 7 Abs. 2 EPBD wird gemäß Anhang III EPBP das Gesamt-Lebenszyklus-Treibhausgaspotenzial als numerischer Indikator angegeben, ausgedrückt in kg CO2eq/(m²) (Nutzfläche) für jede Lebenszyklusphase, berechnet über einen Bezugszeitraum von 50 Jahren. Die Datenauswahl, die Festlegung des Szenarios und die Berechnungen erfolgen gemäß EN 15978. Das schließt die Ermittlung der Treibhausgaspotenziale der Herstellungsphase (A1-3) und der Errichtungsphase (A4-5) sowie die Entsorgungsphase (C1-4) eines Gebäudes mit ein.
Sämtliche Daten werden in nationalen Datenbanken für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden gesammelt. Die aggregierten und anonymisierten Daten zum Gebäudebestand werden gemäß Art. 22 Abs. 2 EPBD unter Einhaltung der Datenschutzvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten öffentlich zugänglich gemacht.
Der Entwurf ist noch vom Rat der Europäischen Union zu billigen. Der Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie, dem die Angelegenheit zugewiesen ist, wird sich frühstens am 30. Mai 2024 förmlich mit dem Entwurf befassen. Danach ist noch die nationale Umsetzung der Richtlinie erforderlich.
Ab dem 1. Januar 2028 – bzw. für Gebäude kleiner 1.000 m² ab 2030 – sind die Lebenszyklus-Treibhauspotenziale gemäß Art. 7 Abs. 2 EPBD verpflichtend zu ermitteln. Für Neubauten sollten sich alle Baubeteiligten bereits jetzt darauf einstellen, das Lebenszyklus-Treibhauspotenzial bei der Planung zu berücksichtigen. Die Mitgliedstaaten veröffentlichen nach Art. 7 Abs. 5 EPBD bis zum 1. Januar 2027 einen Fahrplan, in dem die Einführung von Grenzwerten für das gesamte kumulative Lebenszyklus-Treibhausgaspotenzial aller neuen Gebäude im Einzelnen dargelegt wird und Zielvorgaben für neue Gebäude ab 2030 festgelegt werden.
Der Bundesrechnungshof hat in seinem Bericht vom 19. Januar 2022 ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsaspekte eine Handlungsalternative wirtschaftlich sein kann, die ohne Berücksichtigung dieser Aspekte ansonsten unwirtschaftlich gewesen wäre.
Die Ermittlung des Lebenszyklus-Treibhauspotenzials schafft Informationsgrundlagen und Steuerungsmöglichkeiten für Bauherren und Bauunternehmen. Bauherren können in ihrer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach § 7 BHO Klimakosten anhand des Lebenszyklus-Treibhauspotenzials und eines Schattenpreises auf CO2-Emissionen ausweisen und im Rahmen ihrer Beschaffung bewerten. Wie im Einzelnen CO2-Emmissionen über einen Schattenpreis haushaltsrechtlich, vergaberechtlich und vertragsrechtlich Berücksichtigung finden können, haben wir in einem Impulspapier im Auftrag des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie beschrieben und Muster für die Praxis aufgezeigt.
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