Die Energiewende stellt die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen. Durch eine Vielzahl von politischen Instrumenten werden sukzessive alle Unternehmen eingebunden. Das aktuellste Beispiel ist die Einführung von verpflichtenden Energieaudits für alle Nicht-KMU Unternehmen, d.h. alle Unternehmen, die mehr als 250 Mitarbeiter haben oder einen Jahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro und eine Bilanzsumme von mindestens 43 Millionen Euro aufweisen.
Am 22. April 2015 ist eine Novelle des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G) in Kraft getreten, die der Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Energieeffizienz in deutsches Recht dient.
Als Beitrag zum Ziel der Europäischen Union, die Energieeffizienz bis 2020 um 20 Prozent zu steigern, wer werden alle Unternehmen dazu verpflichtet, bis um 5. Dezember 2015 standortbezogene Energieaudits durchzuführen. Betroffen sind solche Unternehmen, die nach der Definition der EU-Kommission nicht unter die Bezeichnung der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) fallen sowie deren Partner und damit verbundene Unternehmen.
Weiterhin wird ihnen vorgeschrieben, diese Prüfung spätestens nach vier Jahren zu wiederholen. Diese Verpflichtung ist eine wesentliche Neuerung, die ähnliche Anreize für einen effizienten Umgang mit Energie ergänzt. Bei einem nicht fristgerechten oder nicht ordnungsgemäßen Nachweis über die Durchführung der vorgeschriebenen Energieaudits drohen Geldbußen bis 50.000 Euro.
In den Anwendungsbereich des EDL-G fallen alle Nicht-KMU. Darüber hinaus werden alle Unternehmen erfasst, die in der Kalkulation mit einem „Partner- oder Verbundunternehmen“ über den oben genannten Schwellenwerten liegen. Ebenso alle kommunalen Unternehmen, sofern die Kommune, die Eigentümer ist, mehr als 5.000 Einwohner hat. Ausgenommen von der Regelung sind neben den KMU nur Unternehmen, die bereits ein Energiemanagementsystem gemäß ISO 50001 oder ein Umweltmanagementsystem nach EMAS betreiben.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass etwa 50.000 Unternehmen von dem neuen Gesetz betroffen sein werden. Die Pflicht zur Durchführung von Energieaudits betrifft alle Branchen, jedoch vorrangig:
Durch die verpflichtende Wirkung ist der Einführungsaufwand erheblich. Der Gesetzgeber geht von einem durchschnittlichen Kostenaufwand für ein Energieaudit von ca. 4.000 EUR aus. Abhängig von der Größe und Komplexität des Unternehmens reicht dies von mindestens zwei Personentagen (bei kleinen Unternehmen) bis zu 50 Personentagen und mehr (bei komplexen und Großunternehmen).
Aufgrund der europarechtlichen Vorgaben wird sich an der Frist bis zum 5. Dezember 2015 nichts ändern. Für die Durchführung der erstmaligen Energieaudits bleibt damit nicht viel Zeit. Zur Milderung des Umsetzungsdrucks sieht das EDL-G eine ähnliche Regelung wie das Energie- und Stromsteuergesetz vor: Zwischen dem 5. Dezember 2015 und Ende 2016 reicht der Nachweis aus, mit der Einführung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems begonnen zu haben. In dieser Übergangsfrist können Unternehmen ein vollständiges Energie- oder Umweltmanagementsystem aufbauen.
Dennoch ist die Herausforderung für Unternehmen mit vielen Standorten – wie beispielsweise im Handel oder Bankenwesen – besonders groß. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle empfiehlt für diese Fälle daher in seinem „Merkblatt für Energieaudits“ (Stand: 13. Mai 2015) die Anwendung von sogenannten Stichproben (Multi-Site)-Verfahren. Dabei wird wie bei der Zertifizierung von Energiemanagementsystemen eine repräsentative Anzahl von Standorten geprüft.
Energieaudits dienen der systematischen Bewertung von Energieeinsatz und -verbrauch und sollen Maßnahmenempfehlungen für die Optimierung des Energieverbrauchs aussprechen. Die europäische Norm DIN EN 16247-1 bildet hierfür den methodischen Rahmen. Sie schreibt vor, zu überprüfen, welche Energien wie eingesetzt und verwendet werden.
Hierzu wird die aktuelle energetische Situation aufgenommen, die Energieflüsse werden erfasst und in einer Energiebilanz dargestellt. Zur Bewertung der energetischen Situation sind Energieleistungskennzahlen zu erstellen. Auf Grundlage dieser Ausgangsbewertung können dann Einsparpotenziale identifiziert und analysiert werden. Hierbei sind die möglichen Maßnahmen zur Verbesserung der energiebezogenen Leistung auch finanziell zu bewerten.
Die europäische Kommission geht davon aus, dass abhängig vom Implementierungsgrad bereits vorhandener Maßnahmen Energieeinsparungen von bis zu 20 Prozent über drei bis fünf Jahre hinweg erreicht werden können. Ein solches Energieaudit ist daher auch betriebswirtschaftlich sinnvoll. Der notwendige Aufwand muss den zu erwartenden Einsparungen gegenübergestellt werden. In einem letzten Schritt sind die Maßnahmen dann zu priorisieren.
Energieaudits helfen, Effizienzpotenziale in Unternehmen zu identifizieren und leisten so einen wichtigen Beitrag zu Energiewende. Sie bilden eine Grundlage zur Bewertung des Energieeinsatzes und ermöglichen den Vergleich mit ähnlichen Organisationen. Gleichzeitig dienen sie der Abschätzung von Veränderungen und der Identifizierung von Investitionsbedarf. Damit können konkrete Handlungsmöglichkeiten entwickelt und das Erreichen von Energiezielen effektiv gesteuert werden.
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