Suche
Contact
29.06.2021 | KPMG Law Insights

Die Lehrfreiheit eines Professors ist nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Hochschule Online-Ersatzleistungskontrollen anstelle von Präsenzklausuren einführt.

Die Lehrfreiheit eines Professors ist nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Hochschule Online-Ersatzleistungskontrollen anstelle von Präsenzklausuren einführt.

In Kürze

Das OVG Bautzen entschied mit Beschluss vom 4.2.2021 (OVG Bautzen, Beschl. v. 4. 2. 2021 – 2 B 27/21), dass ein Professor nicht in seiner Lehrfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG, Art. 21 S. 1 SächsVerf, § 4 SächsHSFG) betroffen ist, wenn die Hochschule im Rahmen ihrer Satzungsautonomie eine Regelung erlässt, die Präsenzprüfungen ausschließt. Dabei handele es sich um eine Frage der Organisation der Prüfungen, die nicht in die von der Lehrfreiheit geschützte inhaltliche oder methodische Ausgestaltung der Prüfung eingreife. Das zuvor mit dem Fall befasste VG hatte dies noch anders gesehen.

Hintergrund

Im Gegensatz zu den meisten bisherigen Entscheidungen, in denen Studierende gegen die Durchführung von Online Klausuren vorgingen (so z.B.: OVG NRW, Beschl. v. 04.03.2021 – 14 B 278/21.NE; zum rechtmäßigen Einsatz von sog. „Proctoring-Software“ hier), wandte sich in der vorliegenden Entscheidung ein Professor gegen einen Beschluss des Fakultätsrates, welcher die Prüfungsordnung dahingehend änderte, dass im Wintersemester 2020/21 Prüfungen nur als Online-Prüfungen („Ersatzleistungskontrollen“) durchgeführt werden konnten.

Entscheidend kam es darauf an, ob die Lehrfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG, Art. 21 S. 1 SächsVerf, § 4 SächsHSFG) auch die (organisatorischen) Rahmenbedingungen der Prüfungen mitumfasst. Unstreitig schützt die Lehrfreiheit die methodische und inhaltliche Ausgestaltung der Lehrveranstaltung insoweit, als es um die Auswahl der wissenschaftlich behandelten Fragen, der vertretenen Auffassungen und den Weg der Erkenntnisvermittlung geht. Dies umfasst auch die inhaltliche und methodische Gestaltung der Prüfung. Das Lehrpersonal ist hier frei und auch durch die Lehrfreiheit vor einem Eingriff durch die Hochschule geschützt.

Zugleich ist auch die Hochschule Träger des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 3 GG (und den inhaltlich identischen Garantien aus Art. 21 S. 1 SächsVerf, § 4 SächsHSFG). Die Lehrfreiheit der Universität umfasst die akademische Selbstverwaltung und Satzungsautonomie, welche insbesondere auch die Befugnis enthält, Prüfungsordnungen zu erlassen. Der Universität steht also die Befugnis zu, die Festlegung der organisatorischen und prozeduralen Modalitäten der Durchführung von Prüfungen, zu regeln.

Das in der Vorinstanz entscheidende VG Leipzig (Beschl. v. 02.02.2021 – 7 L 41/21) hatte darauf abgestellt, dass die Durchführung von Online-Prüfungen die Lehrenden in der Auswahl der Prüfungsform einschränke und darin einen Eingriff in die Lehrfreiheit gesehen, der nicht ausreichend zwingend gerechtfertigt sei, weil die Durchführung von Präsenzprüfungen von der Corona-VO des Landes ausdrücklich ausgenommen war und organisatorisch, bei Prüfungen mit einer geringen Anzahl an Teilnehmer:innen, auch dem Infektionsschutz Rechnung getragen werden könne.

Entscheidung

Während das VG noch der Argumentation des Professors folgte, entschied das OVG zu Gunsten der beklagten Universität. Ausgangspunkt der Argumentation des OVG war, dass man zwischen dem Bereich Lehrfreiheit der Universität und der Lehrfreiheit der Lehrenden (jeweils Art. 5 Abs. 3 GG) abgrenzen könne: Da die Universität (hier organschaftlich in Form des Fakultätsrat zuständig und tätig) für den Erlass der Prüfungsordnungen zuständig sei, könne der von der Lehrfreiheit geschützte Bereich der Lehrenden erst dort beginnen, wo die rein inhaltlich methodische Ausgestaltung beginne.

Was können die Leser:innen mitnehmen?

Aus einer Prüfungsordnung, die ausschließlich online Prüfungen vorsieht, ergibt sich (nach Ansicht des OVG) noch nicht mal ein Eingriff in die Lehrfreiheit der Lehrenden. Die organisatorische Zuständigkeit – auch für die organisatorischen Rahmenbedingungen der Prüfungen – obliegt ausschließlich dem Regelungsbereich der Universität. Solange die Prüfungsordnung nicht die methodisch inhaltliche Ausgestaltung betrifft, liegt kein Eingriff in die Lehrfreiheit vor.

Explore #more

20.09.2023 | KPMG Law Insights

Beitragsserie zum Modell „Employer of Record“: Fragen im Arbeitnehmerüberlassungsrecht in der EFAR

Das Modell des „Employer of Record“ rückt immer mehr in den Fokus der Unternehmen. In einer Beitragsserie in der Zeitschrift „Expertenforum Arbeitsrecht“ beleuchten…

20.09.2023 | KPMG Law Insights

BGH erweitert Aufklärungspflicht von Immobilienverkäufern

Mit einem für die Transaktionspraxis höchst relevanten Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 15. September 2023 (Az. V ZR 77/22) die Rechte von…

19.09.2023 |

Gastbeitrag von Isabelle Knoché und Jasmin Runge zum Thema Greenwashing in W&V

Greenwashing wird zunehmend zum Image- und Rechts-Problem. Wo sind die Grenzen und wie sollten Marken ihre Kommunikation zu Nachhaltigkeit aufstellen? Isabelle Knoché und Jasmin Runge…

19.09.2023 | Dealmeldungen

KPMG Law und KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beraten EURO-Leasing GmbH bei Verkauf der Mehrheitsanteile an Euromobil GmbH

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) und die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) haben die EURO-Leasing GmbH bei der Ausgliederung des Pkw-Vermiet-Geschäfts auf die Euromobil…

18.09.2023 | Dealmeldungen

KPMG Law berät Klüh beim Verkauf des luftseitigen Airport-Service- Geschäfts am Flughafen Frankfurt am Main an WISAG

KPMG Law hat die Klüh Cleaning GmbH aus Düsseldorf beim Verkauf ihres luftseitigen Airport-Service-Geschäfts am Flughafen Frankfurt am Main an WISAG Ground Service Rhein-Main GmbH…

18.09.2023 |

Statement von Stefan Kimmel im Handelsblatt zur neuen Rechtsform Flexible Company

Mit einer neuen Rechtsform will der österreichische Gesetzgeber Start-ups den Einstieg erleichtern. Österreich bietet Gründern mit der „Flexible Company“ eine neue Option, die insbesondere Start-ups…

14.09.2023 | KPMG Law Insights

Podcast-Serie „KPMG Law on air“: Generative KI

Generative KI hat erst vor wenigen Monaten Einzug in die Arbeitswelt gehalten und schon steht fest: Sie wird viele Berufsbilder deutlich verändern. Der technische Fortschritt…

13.09.2023 | KPMG Law Insights

eForms: Neue Standardformulare für Vergabestellen

Ab dem 25. Oktober 2023 dürfen Vergabestellen öffentlicher Auftraggeber für Veröffentlichungen nur noch die neuen eForms verwenden. Das sieht die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 vor, die…

11.09.2023 | Pressemitteilungen

KPMG Law auf dem European General Counsel Forum

Die European Company Lawyers Association (ECLA) feiert ihr 40-jährigen Bestehen. Um das zu feiern, findet am 18. und 19. September in Frankfurt ein Event statt,…

08.09.2023 | Dealmeldungen

KPMG Law und KPMG beraten die Mainova AG beim Erwerb der Mehrheitsbeteiligung an der SOLEA AG

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) und die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) haben die Mainova AG beim Erwerb der Mehrheitsbeteiligung an der SOLEA AG…

Kontakt

Kristina Knauber

Senior Manager

Barbarossaplatz 1a
50674 Köln

tel: +49 221 271 689 1498
kknauber@kpmg-law.com

© 2023 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll