Suche
Contact
29.04.2021 | KPMG Law Insights

Die IVV 3.0 ist da – die Reise der Vergütungssysteme geht weiter?!

Die IVV 3.0 ist da – die Reise der Vergütungssysteme geht weiter?!

Das mehr als einjährige Warten hat ein Ende – der Gesetzgeber hat am 3. August 2017 die Insti-tutsvergütungsverordnung (IVV 3.0) im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2017 I, S. 3042ff.) verkündet. Das Warten hat sich vor allem für die nicht bedeutenden Institute überwiegend gelohnt.

Einleitung

Der Gesetzgeber hat sich mit drei Anläufen an das finale Zielbild der IVV 3.0 herangetastet. Während die erste Entwurfsfassung – unter anderem mit der Verpflichtung für alle Institute zur Identifizierung von Risk Takern – eine umfassende(re) Modifizierung der regulatorischen Vorgaben erwarten ließ, hat der Gesetzgeber in der finalen Fassung der IVV 3.0 die regulatorischen Vorgaben überwiegend nur behutsam fortentwickelt. Bei der Anwendung der IVV 3.0 sind die Leitlinien der EBA für eine solide Vergütungspolitik vom 21. Dezember 2015 zu beachten, die seit dem 1. Januar 2017 auf die Vergütungssysteme anwendbar sind.

Zurück auf los: Risk Taker (nur) in bedeutenden Instituten

Weiterhin haben nur bedeutende Institute Risk Taker zu identifizieren. Die Bilanzsumme von 15 Mrd. EUR und die Parameter für die qualitative Identifizierung (§ 17 Abs. 2 IVV) gelten unverändert fort. Die Risk Taker-Analyse ist nach den Kriterien der VO 604/2014 vorzunehmen. Die Praxis hat eine umfassende Dokumentation und Nachvollziehbarkeit der Analyse sicherzustellen, vor allem bei der De-Identifizierung von Mitarbeitern, die angesichts ihrer Vergütung als Risk Taker in Betracht kommen (Art. 4 Abs. 2 VO 604/2014).

Welche Anforderungen enthalten die Clawback-Regelungen für Risk Taker?

Mit dem Clawback sollen Institute von Risk Takern bei negativen Erfolgsbeiträgen auch bereits ausgezahlte variable Vergütungen, auf Basis periodengerechter Zuordnung, zurückfordern. In zwei in der IVV 3.0 (§ 18 Abs. 5 S. 3) bestimmten Fallgruppen soll der Clawback die gesamte variable Vergütung der relevanten Periode umfassen – wobei die gesetzliche Regelung mit unbestimmten Rechtsbegriffen aufwartet (Verhalten des Risk Takers führt zu „erheblichen“ Verlusten bzw. „wesentlichen“ regulatorischen Sanktionen, Verletzung von Regelungen in „schwerwiegendem Maß“). Institute haben diese Unbestimmtheit in ihrer Malussystematik zu konkretisieren. Die Implementierung des Clawbacks ist auch im Übrigen aus arbeitsrechtlicher Sicht herausfordernd – individuelle Vereinbarungen mit einzelnen Risk Takern unterliegen der gesetzlichen AGB-Kontrolle und hier vor allem dem Transparenzgebot, das das Bundesarbeitsgericht in seiner Rechtsprechung zur Reduzierung von Bonuszahlungen restriktiv anwendet. Wird der Clawback in einer Kollektivvereinbarung umgesetzt, sind die gesetzlichen Billigkeitsanforderungen zu beachten. In welchem Umfang die Praxis vom alternativ zum Clawback möglichen Cliff-Vesting Gebrauch machen wird, ist abzuwarten.

Fixe oder variable Vergütung? – Der Perspektivwechsel und seine Folgen u.a. für Abfindungszahlungen

Ab sofort gilt: „Alles was nicht fix ist, ist variabel“. Institute haben nachzuweisen und – anhand der Kriterien des § 2 Abs. 6 IVV – zu dokumentieren, warum der einzelne Vergütungsbestandteil Fixvergütung ist. Gelingt der Nachweis nicht, ist der Vergütungsbestandteil variable Vergütung und unterliegt ihren strengeren Vorgaben, etwa für ihre Obergrenze, die unverändert maximal 200% der Fixvergütung beträgt.

In diesem Zusammenhang sollen Abfindungsleistungen nunmehr generell variable Vergütung sein. Regulatorisch privilegiert werden bestimmte Abfindungsleistungen (u.a. aus einem gerichtlichen Vergleich sowie sonstige Abfindungen bis zu einer Höhe von 200.000,- EUR bzw. max. 200% der letzten Jahresfixvergütung). Unklar ist nach der gesetzlichen Regelung, ob für diese privilegierten Abfindungsleistungen gleichwohl eine Prüfung der Kürzung auf negative Erfolgsbeiträge vorzunehmen ist. Institute haben zukünftig generell ein Rahmenkonzept für Abfindungsleistungen zu dokumentieren.

Vergütungssysteme: Mehr Arbeit und Bedeutung für das Aufsichtsorgan und für die Kontrolleinheiten

Die jährliche Überprüfung der Vergütungssysteme nimmt eine gewichtigere Rolle ein: Bei Feststellungen haben Institute verpflichtend einen Maßnahmenplan zu erstellen und die Behebung der Feststellungen zu dokumentieren. In diesem Zusammenhang wird auch die Arbeit und Rolle des Aufsichtsorgans, sowie in bedeutenden Instituten des Vergütungsbeauftragten, weiter an Bedeutung zunehmen.

Welches finale Zielbild enthält die IVV 3.0 zur Offenlegung?

Die IVV 3.0 sieht eine vierteilige Regelung vor: (1) Bedeutende Institute haben die Anforderungen der Art. 450 VO 575/2013 und § 16 Abs. 1 IVV 3.0 zu beachten; (2) nicht bedeutende Institute mit einer Bilanzsumme von mehr als 3 Mrd. EUR haben eine Offenlegung nach Maßgabe des Art. 450 VO 575/2013 für die einzelnen Mitarbeitergruppen vorzunehmen, (3) nicht bedeutende Institute mit einer Bilanzsumme von maximal 3 Mrd. EUR haben allgemeine Angaben zum Verhältnis zwischen fixer Vergütung und variabler Vergütung sowie zu den einzelnen quantitativen Daten gem. Art. 450 Abs. 1 lit. h) VO 575/2013 zu veröffentlichen, und (4) nicht bedeutende Institute, die kein CRR-Institut sind, unterliegen keiner Offenlegungspflicht.

Welche Anforderungen bestehen für gruppenweite Vergütungssysteme?

Bedeutende Institute als übergeordnete Unternehmen haben die Anforderungen an die Vergütungssysteme von Risk Takern für alle Gruppen-Risk Taker anzuwenden; zugleich können sie die Funktion des Vergütungsbeauftragten gruppenweit zentralisieren. Unverändert ist eine gruppenweite Vergütungsstrategie zu implementieren, von der nachgeordnete Kapitalverwaltungsgesellschaften allerdings ausgenommen werden können. Übergeordneten Unternehmen haben im Übrigen, soweit geboten, auf die Einrichtung eines Vergütungskontrollausschusses in nachgeordneten Unternehmen hinzuwirken.

Welche sonstigen wesentlichen Änderungen enthält der überarbeitete Entwurf gegenüber dem Erstentwurf?

Erwähnenswert sind:

  • Geschäftsleiter gelten als Mitarbeiter.
  • Die IVV 3.0 enthält für die Einordnung von Zulagen als fixe Vergütung einen abschließenden Katalog.
  • Bei der Festsetzung des Gesamtbonuspools ist auch die Liquiditätslage der Gruppe zu berücksichtigen.
  • Die Zielvereinbarungssystematik für die Risk Taker in bedeutenden Instituten hat auf der Institutsebene einen Gruppen- bzw. Institutserfolgsparameter zu berücksichtigen.
  • Die Freigrenze für die variable Vergütung der Risk Taker ist rund: Sie beträgt nunmehr 50.000,- EUR.
  • Der Vergütungskontrollausschuss muss bei der Überwachung der externen Vergütungsberater § 5 Abs. 1 RDG beachten. Vergütungsbeauftragte und Vergütungsberater werden insoweit in den Vergütungsprojekten zur Umsetzung der IVV 3.0 darauf hinwirken, dass die rechtlichen Beratungsleistungen generell durch anwaltliche Berater erfolgen.

Ausblick:

Die IVV 3.0 ist am 4. August 2017 in Kraft getreten. Die Auslegungshilfe der BaFin soll noch im Jahr 2017 veröffentlicht werden. Wir werden die weiteren regulatorischen Entwicklungen umfassend begleiten und halten Sie über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden. Sprechen Sie uns hierzu gerne an!

Explore #more

08.10.2025 | Dealmeldungen

KPMG hat Adiuva Capital GmbH mit Fact Books beim Verkauf der KONZMANN Gruppe beraten

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) und die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) haben die Adiuva Capital GmbH, eine Hamburger Private-Equity-Gesellschaft („Adiuva“), im Rahmen des…

06.10.2025 | KPMG Law Insights

Was die Green Claims Directive für Unternehmen bedeutet – ein Überblick

Mit der Green Claims Directive wird die EU umfangreiche Regelungen zu den Voraussetzungen zulässiger Umweltaussagen einführen. Das Ziel ist, Greenwashing zu verhindern, damit Verbraucher:innen künftig…

03.10.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law und KPMG begleiten die Neustrukturierung der Groupe CAT in Deutschland

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft (KPMG Law) und KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) haben mit einem service-übergreifenden Team die Groupe CAT bei umfassenden Umstrukturierungsmaßnahmen beraten. Über einen…

02.10.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law berät die Epitype GmbH und die MDG Molecular Diagnostics Group GmbH beim Erwerb wesentlicher Vermögenswerte der oncgnostics GmbH

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) hat die Epitype GmbH, ein Unternehmen der in Dresden ansässigen MDG-Unternehmensgruppe, bei der Gründung und dem anschließenden Erwerb…

02.10.2025 | In den Medien

KPMG Law Statement in der ZEIT für Unternehmer: Wir nehmen die 500 Milliarden!

Deutsche Baufirmen fragen sich: Wie schnell kommt das Geld von der Regierung? Und sie sorgen sich, dass nur die Riesen profitieren. In Münster zeigt einer,…

01.10.2025 | KPMG Law Insights

Bundesnetzagentur reformiert Sondernetzentgelte für Industrie und Gewerbe

Die Bundesnetzagentur plant eine grundlegende Reform der Sondernetzentgelte für energieintensive Unternehmen. Jede Veränderung am aktuellen Privilegierungsregime birgt dabei für betroffene Unternehmen das Risiko einer (ggf.…

30.09.2025 | In den Medien

KPMG Law dominiert mit acht Anwälten die Top-100-Liste des neuen Kanzleimonitors

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) belegt einen hervorragenden sechsten Platz in der Gesamtauswertung der TOP-100-Kanzleien im aktuellen Kanzleimonitor des diruj. KPMG Law dominiert…

29.09.2025 | KPMG Law Insights

MiSpeL-Entwurf: Neue Förderung für Energiespeicher und Ladepunkte

Die Bundesnetzagentur hat am 18. September 2025 einen Entwurf für die Festlegung „Marktintegration von Speichern und Ladepunkten“ (kurz: MiSpeL) veröffentlicht. Erstmals können Energiespeicher (battery energy…

29.09.2025 | KPMG Law Insights

Transformation und Ausgliederung von Unternehmensimmobilien rechtssicher gestalten

Wenn Immobilienbestände transformiert oder ausgegliedert werden sollen, hängt der wirtschaftliche Erfolg stark von der rechtlichen Vorbereitung ab. Insbesondere wenn langjährig gewachsene Industrie- oder Gewerbestandorte mit…

25.09.2025 | KPMG Law Insights

MaGo-Update – Fahrplan für die Umsetzung der neuen Anforderungen

Die BaFin hat am 14. Juli 2025 das Rundschreiben „Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Versicherungsunternehmen unter Solvabilität II“ (MaGo für SII-VU) überarbeitet und als Rundschreiben

Kontakt

Christine Hansen

Senior Manager
Leiterin Betriebliche Altersversorgung

Heidestraße 58
10557 Berlin

Tel.: +49 30 530199150
christinehansen@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll